Von Florian Heer aus Marburg
Es war alles angerichtet für die Weiterführung des Triumphzugs des Julian Lenz bei seinem Heimturnier. Blauer Himmel, Sonnenschein und angenehme Temperaturen jenseits der 20 Grad boten perfekte Rahmenbedingungen für einen hervorragenden Halbfinaltag am Freitag bei der 9. Auflage der Marburg Open. Nur der anhaltende Wind stellte die Tenniscracks ein ums andere Mal vor Herausforderungen.
Für den 25-jährigen Lokalmatador, der im nur circa 20 Kilometer entfernten Gießen zur Welt kam, war letzterer aber ein wichtiger Faktor in seinem Match gegen Hugo Dellien, die Nummer 120 der Welt.
"Die Bedingungen haben mir nicht unbedingt in die Karten gespielt, da ich beim ersten Aufschlag sehr glatt serviere. Mit dem Wind lässt es sich nicht so gut koordinieren, wo der Ball dann genau platziert wird," erklärte Lenz nach seiner 3:6, 3:6-Niederlage gegen den an Nummer 3 gesetzten Bolivianer. "Ich musste vielfach über den zweiten Aufschlag gehen und konnte somit weniger freie Punkte generieren."
Trotz Aus in der Vorschlussrunde kann Lenz jedoch mit seiner Leistung in dieser Woche zufrieden sein. Der Wildcard-Spieler setzte sich gegen den Österreicher Sebastian Ofner, sowie die Teenager Rudolf Molleker und Elliiot Benchetrit durch, um sein erstes Halbfinale auf Challenger-Ebene zu erreichen. "Wenn man berücksichtigt, dass ich in den letzten Wochen wenig trainieren konnte und dies mein erstes Turnier seit Mai war, kann man mit dem Ergebnis schon zufrieden sein", resümierte der hochaufgeschossene Deutsche, der durch eine Sehnenentzündung im Fuß für zwei Monate vom Wettkampf ausgeschlossen war.
Zweitrunden-Erfolg über Molleker
Das Highlight der Woche war für ihn das Match gegen den Jungstar Molleker aus Oranienburg. "Rudolf ist ein absoluter Newcomer im deutschen Tennis, der gegen einen etablierten Davis-Cup-Spieler wie Jan-Lennard Struff in Halle gewonnen hat und bestimmt in einem Jahr unter den Top 100 stehen wird", lobte Lenz seinen Gegner in der zweiten Runde.
"Ich hatte mir aber viel vorgenommen und musste mein absolut bestes Tennis spielen, habe 19 Asse serviert, und trotzdem war es am Ende immer noch eng. Heute hat man auch gemerkt, dass mir zum Ende hin noch ein wenig die körperliche Fitness fehlt, aber ich werde in den nächsten Wochen viel Zeit haben da noch etwas drauf zu setzen."
Lenz wird nun wieder in der Regionalliga für den TC Bad Homburg ins Geschehen eingreifen bevor er dann bei den ITF-Futures in Kassel und Wetzlar an den Start gehen wird.
Erfahrungen in Übersee
Die Nummer 689 ist einer der jungen deutschen Spieler, die auch Erfahrungen im College-Tennis in den Vereinigten Staaten gesammelt haben. "Ich war für vier Jahre an der Baylor-University in Texas. Auch Benjamin Becker oder John Peers waren dort", so Lenz.
"Es war eine enorm schöne Zeit, nicht nur tennis-technisch, sondern man konnte sich auch als Person weiterentwickeln. Man kommt aus der heimischen Komfortzone heraus und ist komplett auf sich alleine gestellt. Die Trainingsmethoden sind teilweise auch etwas unorthodox. Da wird man schon ziemlich rangenommen. Das härtet ab für die Profi-Tour. Ich hatte auch ein gutes Resümee als die Nummer 1 meines Teams. Leider hatte ich zum Ende hin mit Verletzungen zu kämpfen, aber diese haben mir auch geholfen über meinen Körper mehr heraus zu finden." Einen Bachelor-Degree in Business Administration mit Schwerpunkt Finanzierung gab es noch obendrauf.
Südamerikanisches Finale
Den Titel in Marburg sicherte sich am Samstag dann Juan-Ignacio Londero. Der 24-Jährige gewann das rein südamerikanische Finale gegen den Bolivianer Hugo Dellien - für die Nummer 170 der Welt war es der zweite Titel auf der ATP-Challenger-Tour.
Mit Londero und Dellien standen sich zwei Spieler gegenüber, die auf einem ähnlichen guten Niveau agieren und sich gut kennen. 3:3 stand es vor dem Finale im direkten Vergleich der beiden Sandplatzwühler. Erwartungsgemäß ging es auch hin und her. Sechs Breaks standen am Ende für Londero zu buche, eines mehr als sein Gegenüber. Mit einem wunderschönen Longline-Passierball beendete der Mann aus Buenos Aires nach zwei Stunden und 12 Minuten den Kampf.
Wohl dem, der Spanisch spricht
Bei der anschließenden Siegerehrung stand Turnierdirektor Heiko Hampl dann noch vor einer besonderen Herausforderung. Keiner der Finalteilnehmer fühlte sich in der Lage, ein längeres Statement in Englisch abzugeben. So dankten beide artig in ihrer Heimatsprache den Turnierverantwortlichen, allen Helfern und Sponsoren.
Nach dem Challenger-Sieg in Mexiko-Stadt im April konnte Londero bereits das zweite Mal in dieser Saison triumphieren. 6.190 Euro Preisgeld und 80 ATP-Ranglistenpunkte sind die verdiente Beute aus dieser Woche. Letztere helfen ihm zu einer neuen Höchstplatzierung in der Weltrangliste.
"Ich bin sehr zufrieden mit dem Match heute", erzählte der glückliche Gewinner im Anschluss. "Es war sehr eng. Daher bin äußerst glücklich als Sieger hervorzugehen." Londero wird versuchen im schwedischen Bastad seinen Erfolgszug nächste Woche fortzusetzen.
Zweiter Doppeltitel für Neis/Vega Hernandez
Fabricio Neis aus Brasilien und David Vega Hernandez heißen die Sieger im Doppelwettbewerb. Das an Nummer eins gesetzte Team besiegte die Schweizer Kombination aus Luca Margaroli und Henri Laaksonen 4:6, 6:4, 10:8. Nach dem Triumph im französischen Blois vor zwei Wochen war es bereits der zweite Titel des Jahres für die beiden.
"Wir sind jetzt zweimal angetreten und haben jeweils das Turnier gewonnen", gab sich Neis mit der Woche zufrieden. Und wie geht es weiter für das Erfolgsteam? "Wir trennen uns", lachten die beiden. Neis wird in Deutschland bleiben und bei den Sparkassen Open in Braunschweig an den Start gehen. Vega Hernandez wird hingegen im italienischen Perugia aufschlagen.