Me, myself and I. Darum geht es im Tenniszirkus, und vielleicht muss es auch so sein. Wer Rücksicht auf die Befindlichkeiten seiner GegnerInnen nimmt, hat schon verloren. Aber wer sich in einem Finale eines Grand-Slam-Finales so benimmt wie Serena Williams bei den US Open 2018, der kann dafür vielleicht Gründe anführen. Die allerdings wenig bis nichts entschuldigen.
Natürlich lässt sich trefflich darüber streiten, ob Carlos Ramos nach dem ersten Spiel des zweiten Satzes zwingend eine Verwarnung wegen Coachings gegen Williams hat aussprechen müssen.
Dass Mouratoglou nach dem Match zugegeben hat, Serena tatsächlich etwas zugerufen zu haben, nimmt den Umpire jedenfalls aus dem Schussfeld. Dass Serena davon bei der Pressekonferenz nichts wissen wollte, weist eher auf ein Kommunikationsproblem mit ihrem Trainer hin.
Ob die Coaching-Regel nun sinnvoll ist oder nicht, spielt keine Rolle. Ramos hat einen Verstoß gesehen und geahndet. Die von Serena geforderte Entschuldigung von Ramos müsste nun eigentlich von der Spielerin kommen.
Osaka konnte sich nicht freuen
Denn auch danach ist Carlos Ramos nach allen Regeln der Schiedsrichter-Kunst verfahren. Die zweite Verwarnung wegen des Zertrümmern des Schlägers war ein No-Brainer, das folgende Verbal-Gewitter in Richtung des Schiedsrichter-Stuhls so furios (mehrmals nannte Serena Ramos einen "Dieb"), dass dem Portugiesen gar keine andere Wahl blieb, als Serena zum dritten Mal zu verwarnen. Und das achte Spiel des zweiten Satzes Naomi Osaka zuzusprechen.
Diese Regel ist Serena bekannt, sie ist lange genug dabei. Eine weitere Verfehlung, und Williams wäre vom Platz geflogen. Am meisten gelitten darunter hat aber Osaka. Die konnte sich über den größten Erfolg ihrer Karriere nicht gebührend freuen, auch wenn Serena sie nach dem Matchball herzlich umarmt hat.
Serena holt dann doch das Publikum runter
Das ist nämlich die andere Seite der 36-jährigen US-Amerikanerin. Wenn sie bei sich ist, dann weiß Serena Williams auch anzuerkennen, wenn eine Gegnerin, so wie Osaka in New York, besser war als sie. Angelique Kerber hat dies gleich zweimal erlebt, in Australien 2016 und vor einigen Wochen in Wimbledon.
Sie sei in diesen Tagen emotional extrem bewegt gewesen, hatte Williams schon vor dem Finale gesagt. Dass sie es war, die das Publikum bei der Siegerehrung wieder einigermaßen in Spur gebracht hat, spricht für Serena. Und gegen Katrina Adams, die Präsidentin des US-amerikanischen Tennisverbandes, die diese Chance hat vorbeiziehen lassen.
Wenigstens fand Naomi Osaka nach ein paar Minuten, die für die Japanerin extrem unangenehm zu sein schienen, ihren Humor wieder. Und konnte sich dann doch noch ein Siegerlächeln abringen.
Carlos Ramos hatte das Arthur Ashe Stadium da schon verlassen. Und auf die übliche Ehrung nach einem Grand-Slam-Endspiel verzichtet. So wie Serena auf den höflichen Handschlag nach dem Match.