Rückblick. 3. Runde der US Open 2018. Rafael Nadal muss sich während der Partie gegen Karen Khachanov am rechten Knie behandeln lassen. Der Spanier verliert den ersten Satz und liegt auch im zweiten Durchgang mit Break zurück. Der Russe wird bei 7:5 und 5:4 für die 2:0-Satzführung aufschlagen.
Zu diesem Zeitpunkt fragt sich die Tenniswelt, wie lange der 17-fache Grand-Slam-Sieger seinen Körper noch quälen will. Nadal hat alles erreicht, was man als Tennisprofi nur erreichen kann. Er hat alle vier Major-Turniere gewonnen, ist Rekordsieger bei den 1000er-Turnieren und mit 32 Jahren die Nummer eins der Tenniswelt. Er muss niemandem mehr etwas beweisen - außer sich selbst.
Nadal kämpft gegen sich selbst
Es ist dieser erbitterte Kampf mit und gegen sich selbst, der Nadal nach all den Jahren noch immer von ganz oben lächeln lässt. Längst hätte er sich in die Tennisrente verabschieden und daheim in Mallorca seinem großen Hobby - dem Fischen - nachgehen können. Doch Nadal ist anders. Noch ist er nicht bereit, kampflos zu gehen.
Das soll auch Karen Khachanov zu spüren bekommen. Nadal breakt zum 5:5, gewinnt auch die nächsten zwei Games und entscheidet das Match trotz anhaltender Knieprobleme in vier Sätzen für sich.
Diese Begegnung ist symptomatisch für die Karriere des Sandplatzkönigs. Immer wieder wird Nadal von Verletzungen heimgesucht. 2005 und 2012 stand seine Laufbahn aufgrund von Fuß- bzw. Knieproblemen sogar auf der Kippe, oft konnte er bei großen Turnieren gar nicht antreten.
Comeback um Comeback - auch dieses Mal?!
Doch "Rafa" lässt sich nicht unterkriegen, schlägt immer einmal mehr zurück und straft so seine Kritiker Lügen. Sein Spielstil sei zu kraftaufwendig, das könne der Körper auf Dauer nicht mitmachen - so lautete der allgemeine Tenor. Doch auch im Alter von 32 Jahren spielt der 11-fache French-Open-Champion weiterhin hervorragendes Tennis.
So auch bei den US Open. In einem epischen Spiel schlägt Nadal seinen um sieben Jahre jüngeren Kontrahenten Dominic Thiem im Tiebreak des fünften Satzes. Der Weltranglistenerste steht im Halbfinale gegen Juan Martin del Potro. Dort streikt das Knie bereits nach vier Games. Nadal will es nicht akzeptieren und spielt weiter. Er zwingt den Argentinier in einen Tiebreak, den der "Turm von Tandil" mit 7:3 gewinnt.
Der Spanier bewegt sich kaum noch, eine Aufgabe kommt für ihn aber nicht in Frage. Noch nicht. Er kämpft weiter, obwohl er zu diesem Zeitpunkt schon lange keine Chance mehr hat, das Spiel zu gewinnen. Irgendwann wird es selbst Nadal zu viel. Nach dem zweiten Durchgang muss er aufgeben.
"Der größte Kämpfer im Tennis"
Der Sieger lobt Nadal im anschließenden On-Court-Interview: "Er ist der größte Kämpfer in unserem Sport. Es tut mir leid für ihn." Es ist dies eine große Geste von del Potro, der selbst lange genug mit Verletzungsproblemen zu kämpfen hatte und dessen Karriere vor drei Jahren aufgrund von Handgelenksproblemen an einem seidenen Faden hing. Del Potro weiß also, wovon er spricht.
Nadal selbst gibt sich in seiner Pressekonferenz kämpferisch. "Ich kenne das Problem und kann damit umgehen. Ich weiß nur noch nicht, wie lange es dauern wird." Mit diesen Worten sendet er eine Botschaft aus: Egal, wie lange er ausfallen wird, er wird wieder zurückkommen.
Schließlich habe auch niemand gedacht, dass er mit 32 Jahren noch um große Titel mitspielen werde. "Nicht einmal ich selbst." Mittlerweile glaubt zumindest Nadal selbst wieder an sich. Und es wäre ein großer Fehler, es ihm nicht gleichzutun.