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NFL Third and Long Week 9: Die Saints sind der heißeste Super Bowl Tipp!

Die New Orleans Saints sind einer der absoluten Titel-Favoriten dieser Saison.
© getty

Die NFL ist endgültig in der zweiten Saisonhälfte angekommen - und welche Schlüsse lassen sich nunmehr ziehen? Die Oakland Raiders sind an einem Scheideweg und laufen Gefahr, die neuen Browns zu werden. Mehrere Head Coaches sitzen auf immer wackligeren Stühlen - und warum gibt es eigentlich keine dominanten Defenses mehr? Zunächst aber: Die New Orleans Saints sind nach Week 9 der heißeste Super-Bowl-Kandidat!

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Super Bowl? Die Saints sind das gefährlichste Team in der NFL

Alles war auf Brady gegen Rodgers gespannt; ein Spiel, in dem das Coaching der Patriots dem der Packers so meilenweit überlegen war, dass die individuellen Vorteile Green Bays auf dem Feld letztlich keine Rolle spielten.

Der wirkliche Schwergewichtskampf in Week 9 fand aber in Louisiana statt, zwischen den Saints und den Rams - ein Duell, das wir hoffentlich in den Playoffs nochmal sehen und das all das aufzeigte, wie moderner Football in der NFL aussehen muss.

Nachdem New Orleans letzte Woche gegen die Vikings einen komplett anderen Ansatz gewählt und Minnesota immer wieder mit Screens und Underneath-Pässen attackiert hatte, war der Plan gegen die Rams offensichtlich wesentlich aggressiver. Die Saints waren in diesem Spiel auf Angriffsmodus eingestellt, und das völlig zurecht.

New Orleans sammelte eine ganze Reihe an Big Plays, teilweise über das Run Game - der 17-Yard-Run von Alvin Kamara inklusive eines weiteren Sprungs über einen Gegenspieler etwa -, teilweise über einfache Go-Routes, wie beispielsweise der spektakuläre 32-Yard-Catch von Ben Watson.

Teilweise waren es aber auch Plays, bei denen New Orleans die Rams zerpflückte, wie etwa dieser Touchdown-Pass zu Kamara. Die Rams sind in Man Coverage mit freien Zone-Verteidigern in der Mitte des Feldes. Die vertikale Route des Tight Ends auf der rechten Seite der Offense beschäftigt einerseits die tiefe Coverage, vor allem aber sorgt sie für einen Rub-Effekt.

Kamara hat aus dem Backfield ohnehin einen freien Release, sein Gegenspieler Lamarcus Joyner muss erst um die Route des Tight Ends sowie dessen Gegenspieler herum navigieren, um zu Kamara zu kommen. Dabei hat der Running Back auch noch die Option, nach innen zu ziehen, während Joyner die zu weit entfernte Seitenauslinie nicht als Unterstützung nutzen kann. Diese Route aus dieser Situation gegen Kamara kann vermutlich kein Defensive Back in der NFL verteidigen.

Das schafft auch Joyner nicht, genau wie der freie Zone-Cover-Spieler, der aus dem Zentrum ebenfalls nicht rechtzeitig an die Seitenlinie kommt. Die Saints garnieren dieses Play mit allerhand Action auf der anderen Seite der Formation, wenngleich Kamara eindeutig Brees' primärer Read hier ist. Ein Switch-Release zweier Receiver ebenfalls mit vertikaler Route zieht die Verteidiger zusätzlich weg von Kamara - genau wie der angedeutete Screen-Pass durch den Outside-Receiver.

Ein wunderbares Beispiel für die Mischung aus richtigem Play-Call und Play Design ist der Touchdown-Pass kurz vor der Halbzeitpause. Die Saints haben noch drei Timeouts bei 1:17 Minuten auf der Uhr und stehen in der Red Zone - Zeit ist also kein Faktor. Bei 1st&10 kommen sie mit Heavy Personnel raus, in Form von einem Fullback zusätzlich zum Running Back sowie zwei Tight Ends, 22-Personnel also.

Ein Laufspielzug ist somit hier eine absolut realistische Option, und die Rams beißen auf den Fake voll an. Das erlaubt es Tight End Ben Watson, der als einziger Passfänger auf der rechten Seite der Offense-Formation postiert ist, nach einem angetäuschten Block gewissermaßen unentdeckt in die Secondary zu entwischen, wo er letztlich den Touchdown-Pass mit über einem Yard Abstand zum nächsten Gegenspieler fängt.

Play Action in der Red Zone generell und in dieser Situation ganz besonders ist einfach ein cleverer Call, den zu viele Coaches immer noch erfolgreich ignorieren. Das ganze Play-Design gibt Brees einen klaren Read mit einem auf der Seite der Formation komplett isolierten Spieler - der durch den Play Action Fake trotz dieser Tatsache und trotz des durch die Endzone verkürzten Feldes einen so offenen Touchdown-Catch bekommt, wie man ihn sich in der NFL nur wünschen kann.

Auch in diesem Spiel wieder auffällig: Die Saints sind durch ihre Formationen wahnsinnig schwer zu lesen. Spread-Formations, enge Formationen, drei Spieler im Backfield, Shotgun, I-Formation, mehrere Tight Ends als Blocker im Backfield, Unbalanced Lines, Receiver isoliert, Receiver in Bunch-Formations - es ist der Traum eines Offense-Fans, kein Team präsentiert vor dem Snap derart viele verschiedene Looks.

Und da sprechen wir noch gar nicht von den verschiedenen Paketen mit Taysom Hill, die immer weiter gehen. Mit Hill haben die Saints die Möglichkeit, plötzlich eine Zone-Read-Offense zu spielen, er wird auch als Receiver ins Passspiel eingebunden und im Gegensatz zu den Ravens mit ihren Lamar-Jackson-Plays ist New Orleans hier deutlich gefährlicher aus diesen Sets.

Andere Teams wie etwa die Chiefs oder die Panthers arbeiten extrem viel mit Motion, Fakes und dergleichen, die Saints sind in ihren Formationen aber das vielseitigste Team, und das hat man gegen die Rams wieder ganz eindeutig gesehen. Und was hat man sonst so gesehen? Die Saints hatten einige klare Schwachstellen in dieser Rams-Defense ausgemacht.

Die Saints sind der heißeste Super Bowl Pick

Namentlich? Cornerback Marcus Peters. Kein Rams-Verteidiger wurde ansatzweise so häufig anvisiert, Troy Hill auf der anderen Seite sah ein ganzes Target (eine 4-Yard-Completion) und auch Nickell Robey-Coleman im Slot erhielt nur zwei.

New Orleans attackierte Peters immer wieder mit Thomas (alle neun Targets, die Peters sah, waren gegen Thomas) und der zerstörte Peters nach allen Regeln der Kunst: Thomas fing sieben dieser neun Targets für 146 Yards, sechs First Downs und einen Touchdown.

Das Highlight war dabei natürlich der hier abgebildete 72-Yard-Touchdown, der den Deckel auf diese Partie machte. Dabei bewegen die Saints Running Back Mark Ingram an den oberen Bildschirmrand, ein Linebacker folgt ihm - ein klarer Indikator für Man Coverage. Kamara steht im Slot und hat einen Defensive Back ihm gegenüber, ein zweiter kommt aus der Mitte nach dem Snap auf die linke Seite der Offense gezogen.

All das aber zeigt Brees vor allem, dass er Thomas im Eins-gegen-Eins-Matchup gegen Peters hat, ohne einen tiefen Safety zur Absicherung. Damit ist ihm klar, wo dieser Ball hingehen sollte.

Ansonsten gingen die Saints gezielt auf die Linebacker und Safetys los, und das überaus erfolgreich. Mark Barron, der Safety-Linebacker-Hybrid der Rams, wurde zwei Mal von Thomas erwischt und ließ ein Big Play durch Ben Watson zu, Cory Littleton wurde durch die Backs und Tight Ends immer wieder geschlagen. Eine Folge aus dieser Taktik: Brees war makellos in der Intermediate-Distanz (+10 bis +20 Yards - 7/7, 106 YDS, TD) und Underneath nahezu ebenfalls (14/18, 131 YDS, 2 TD).

Die Entwicklung der Saints über die vergangenen Wochen ist beeindruckend. Jeder, der diese Kolumne schon die ganze Saison über verfolgt, weiß, wie viel ich von der Rams- und der Chiefs-Offense halte und dass ich die Patriots seit Week 1 als Titelkandidaten auf dem Schirm hatte. Diese vier Teams bleiben auch meine Picks für die jeweiligen Championship Games in den beiden Conferences, sie scheinen die vier klar stärksten Teams der NFC beziehungsweise der AFC zu sein.

Aber ich bin so weit, dass ich die Saints als meinen aktuellen Super-Bowl-Favoriten sehe. Dieses Team ist einfach nur spektakulär und macht jede Woche einen unglaublichen Spaß; New Orleans hat das beste QB-RB-WR-Trio in der NFL, Brees ist der akkurateste Passer und Kamara der gefährlichste Running Back der Liga. Und Thomas? Thomas ist nach 9 Wochen der beste Wide Receiver der NFL in dieser Saison.

Kombiniert man das mit der aktuell vielleicht besten Offensive Line der NFL und den Verbesserungen in der Defense - die mit ihrer Aggressivität immer für ein Big Play gut ist, und mit dieser Offense auf der anderen Seite - dann komme ich an den Saints nicht mehr vorbei.

Im gleichen Atemzug sage ich aber auch: wenn es ein Rematch gegen die Rams in den Playoffs gibt, dann wird das eine Football-Party, die niemand verpassen sollte.

Die Rarität der Raiders: Tanking in der NFL

Wir sind endgültig in der zweiten Saisonhälfte angekommen, und das bedeutet auch: es ist Zeit für ein paar ehrliche Zwischenfazits. Für die Bills, die Raiders, die Browns, die Giants, die 49ers, die Bucs und die Cardinals wird es dieses Jahr kein Playoff-Football geben.

Was wir aber aktuell - und das ist ein schwieriges Thema, weil es keine klaren Parameter und keine rein sachliche Analyse geben kann - vor allem in Oakland sehen, ist eine andere Dimension. Seitdem ich mich mit der NFL befasse, bin ich der Meinung, dass es Tanking in der NFL nicht gibt. Spieler-Karrieren sind zu kurz, die Verträge zu einem viel zu kleinen Teil garantiert und Head-Coach-Gelegenheiten zu rar gesät, als dass ein Team eine Saison wegwerfen könnte.

Die Raiders sind in der Hinsicht eine absolute Anomalie: Sie haben einen Head Coach im ersten Jahr eines Zehnjahresvertrages, sehr junge und noch am Anfang ihrer Entwicklung stehende Spieler auf kritischen Positionen (beide Starting-Tackles, ein Starting-Cornerback und Teile der Starting-Defensive-Line) und haben davon abgesehen ihre besten ansonsten verbleibenden Spieler aus mehreren Positionsgruppen entweder weggetradet (Cooper, Mack) oder entlassen (Irvin). Und man erkennt auf dem Feld, wie Spieler den Glauben verlieren.

Mit anderen Worten: Jon Gruden hat keinerlei Druck, dieses oder selbst nächstes Jahr sonderlich viele Spiele gewinnen zu müssen - und genau so geht er mit dem Kader um. Das ist sein gutes Recht und eventuell blicken wir in fünf Jahren zurück und sind uns alle einig, dass der totale Rebuild bei den Raiders der bestmögliche Schritt für die Franchise war.

Allerdings ist der Weg dahin nicht einfach und äußerst riskant. Zunächst müssen in diesem Konstrukt erst einmal die Draft-Picks dann auch sitzen - und das ist auch mit mehreren Erstrunden-Picks über die nächsten beiden Jahre alles andere als ein Selbstläufer, wie insbesondere bei Gruden alteingesessene Buccaneers-Fans (oder Browns-Fans aus vergangenen Jahren) bestätigen können.

Außerdem ist die Franchise gerade dabei, sich höchst unschön aus Oakland zu verabschieden - auf eine sportliche Art und Weise, die vielleicht letztlich auch eine Rolle spielt, wenn es um die noch immer offene Frage geht, wo die Raiders eigentlich 2019 spielen werden. Und - womit wir endgültig beim eingangs schwer analysierbaren Part sind - darf man nicht außer Acht lassen, was so ein drastisches Vorgehen für Auswirkungen auf einen Coach und ein Team hat.

Daran musste ich denken, als Gruden rund um das desaströse Niners-Spiel betont hat, wie viele Spieler ihn anrufen und für die Raiders spielen wollen. Die Wahrheit ist aber auch: die Spieler in der NFL tauschen sich selbstverständlich untereinander aus, und wie viel Positives werden sie da über Gruden und dieses Raiders-Team hören? Wie viele Free Agents werden sich - wenn sie die Auswahl haben - dann für die Raiders entscheiden? Wir haben diese Fälle in Cleveland in den vergangenen Jahren immer und immer wieder gesehen.

Eine Saison, wie sie die Raiders aktuell - und möglicherweise auch noch über die nächsten ein, zwei Jahre - haben, ist Gift für den Marktwert von Spielern, und sportlicher Erfolg ist auch nicht direkt in Sicht. Diese Dinge können den Umbruch drastisch verzögern und einer Franchise lange wie ein unangenehmer Geruch anhängen.

Die Raiders sind hinsichtlich der Aggressivität, mit der sie ihren Umbruch vorantreiben, kombiniert mit den Rahmenbedingungen ein spannender Fall. Sie könnten damit aber auch komplett crashen.

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