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Winston oder Fitzpatrick? Die QB-Frage in Tampa Bay
Die Tampa Bay Buccaneers sind in einer schwierigen Situation: Jameis Winston hatte gegen die Bengals ein absolutes Meltdown-Spiel mit vier Interceptions, darunter ein Pick Six, und abermals haarsträubenden Entscheidungen genau wie schlimmen Misreads. Winston hatte schon gegen Cleveland letzte Woche ein schlechtes Spiel, doch der Auftritt gegen Cincinnati war nochmal deutlich schlimmer.
Und das gilt natürlich umso mehr, wenn dann kurz vor Ende des dritten Viertels Ryan Fitzpatrick für ihn übernimmt und die Bucs prompt zurück ins Spiel und bis zum Ausgleich führt - möglicherweise auch mehr, wenn Tampas Defense nicht noch immer eine der ligaweit schlechtesten Units wäre.
Wenn man das zusammenfasst, kann man glaube ich tatsächlich nur zu einer Schlussfolgerung kommen; eine Schlussfolgerung, die ich selbst vor einigen Wochen noch mehr oder weniger kategorisch ausgeschlossen hätte: Dirk Koetter hat mit seiner bereits verkündeten Entscheidung für Ryan Fitzpatrick Recht. Zumindest kurzfristig gedacht, was für Koetter aktuell die einzige mögliche Perspektive ist.
Winston hatte bei jetzt dreieinhalb Einsätzen in dieser Saison ein gutes Spiel, und das war gegen die desolate Falcons-Pass-Defense. Fitzpatrick hat gezeigt, dass er mit dem Scheme aktuell besser zurecht kommt und dass seine Stärken im vertikalen Passspiel - eine von Winstons größten Schwächen - dem Spielermaterial in Tampa Bay sehr gut liegen, während Winston es einfach nicht schafft, die (haarsträubenden) Turnover abzustellen. Und die kosten Spiele, erst recht, wenn die Defense so löchrig ist.
Für die Franchise selbst ist und bleibt Winston die beste Option, weil man aus der Perspektive natürlich langfristiger denkt. Das macht die ganze Situation aus Bucs-Sicht zu einem potentiellen Debakel; für Koetter, der jetzt ganz akut um seinen Job coacht, geht es darum, in den kommenden Wochen möglichst viele Spiele zu gewinnen. Darauf gibt ihm Fitzpatrick aktuell die bessere Chance.
Und Winstons Zukunft? Mein logisches Szenario wäre das: Die Bucs gehen in die kommende Saison mit einem neuen Head Coach, der ein Jahr lang sein Glück mit Winston versuchen darf. Winston wird dann auf seiner 5th-Year-Option spielen und bekommt nochmal eine Chance zum Neuanfang, ehe er 2020 Free Agent wird; und falls sich die Bucs tatsächlich von ihm trennen wollen, wäre das mit Blick auf die verfügbaren Quarterback-Optionen gerade im Draft der deutlich sinnvollere Weg als nächstes Jahr, wo es schwer sein wird, eine bessere Option als Winston zu finden.
Wie Green Bay die Rams-Offense (beinahe) stoppte
Weit mehr als ein Mal war die Packers-Defense in den vergangenen Jahren eine Mischung aus einem leichten Opfer für Kritiker und wirklichem Problem für eine Franchise, die mit Aaron Rodgers jedes Jahr um den Titel mitspielen, oder es zumindest versuchen sollte. Man muss dafür nicht einmal in der Dom-Capers-Vergangenheit kramen, über die letzten vier Spiele kassierte Green Bay unter anderem 31 Punkte in Washington und 30 Punkte zuhause gegen C.J. Beathards 49ers.
Und dann jetzt dieser Auftritt gegen die Rams, eine herausragende Offense, neben den Chiefs und den Saints die ohne Frage beste Offense dieser Saison - und Green Bay erzwang fünf Punts in Folge zum Start der Partie, L.A. hatte dabei keinen Drive mit mehr als sechs Plays und es war ein ungewohnter Anblick, die Rams offensiv so wacklig zu sehen.
Was natürlich die Frage aufwirft: Wie haben die Packers das geschafft? Das Tape gibt einige klare Hinweise und das Verhalten bei diesen ersten Third Downs der Rams in Kombination mit dem Weg, der dahin führte, liefert einen guten Eindruck von dem Plan, den Green Bay defensiv verfolgte.
Die Packers-Defense: Überlegte Aggressivität
Der erste erzwungene Punt kam bei 3rd&4. Die Packers deuten einen 4-Men-Rush an, letztlich kommen aber nur drei Rusher. Stattdessen lassen sich acht Spieler in Coverage zurückfallen, spielen ein Netz aus Zone-Coverages um den First-Down-Marker und zwingen Goff so, den Ball so lange zu halten, bis der Pass-Rush schließlich durchkommt. Ein klassischer Coverage-Sack.
Das war in dieser Partie mehrfach auffällig: Es gelang den Packers immer wieder, Coverage-Sacks und Coverage-Pressure zu erzeugen. Goff hatte oft keinen klaren ersten Read und musste den Ball auch ohne Play-Action-Fake länger halten, auch nach mehreren Sekunden im Play war vor allem in der ersten Hälfte oftmals kein Receiver offen.
Green Bay stellte dafür viele Spieler in die Underneath-Zones ab, um auch die einfachen Play-Action-Completions zu verhindern und Goff zum zweiten und dritten Read zu zwingen. Dieses Muster zog sich durch das Spiel: Green Bay wollte Goff zu riskanten Pässen oder zu kurzen Pässen ohne Chance auf Yards nach dem Catch zwingen, um dann bei langen Third Downs - wenn die Play-Action-Bedrohung vergleichsweise geringer ist - den Pass-Rush zu entfesseln.
Insgesamt 17 Mal (bei 43 Dropbacks) blitzten die Packers Goff, dabei ließen sie nur sieben Completions zu (ein Touchdown, drei Sacks). Und bei diesen Blitzen hielt Defensive Coordinator Mike Pettine nichts zurück.
Ein Beispiel? Der zweite erzwungene Rams-Punt, dieses Mal bei 3rd&10. Die Packers stellen die Line mit acht Spielern zu und deuten dabei unter anderem auch einen Double-A-Gap-Blitz an. Nur einer der beiden vermeintlichen A-Gap-Blitzer kommt letztlich auch, Linebacker Blake Martinez - der aber kommt auch zum Sack.
Und das ist nicht alles: Die Rams kombinieren Man-Coverage (rot markiert) mit Zone-Coverage und während auf der linken Seite Coverage gespielt wird, kommt auf der rechten Seite noch ein Defensive Back als Edge-Blitzer dazu.
Um die Rams zum dritten Mal in Folge via Punt vom Feld zu schicken, ließ Pettine dann die Hölle los.
Bei einem 3rd&9 deuten die Packers wieder einen A-Gap-Blitz an, der Blitz kommt dann aber tatsächlich über die linke Seite der Defense mit zwei Defensive Backs, einem Defensive Lineman und Clay Matthews.
Dadurch wird die Seite komplett überladen, insgesamt ist es ein Blitz mit sechs Spielern. Überaus aggressiv, doch der Mut wird mit einem Sack belohnt.
Das letzte Beispiel der Packers-Defense zeigt eine weitere Situation, in der Green Bay letztlich - nachdem die Rams kurz davor noch mit einem Fake-Punt Erfolg hatten - den Punt erzwingen konnte. Und es zeigt, dass Green Bay keineswegs einfach blind blitzte.
Wieder ist es die dichte Zone Coverage am First Down Marker, um einen Pass gegebenenfalls verhindern oder aber einen potentiellen Receiver zumindest schnell tackeln zu können. Green Bay deutet fünf Pass-Rusher an, von denen aber nur drei die Line of Scrimmage tatsächlich attackieren. Goff findet nur Gurley Underneath, der den Pass fallen lässt - selbst im Falle eines Catches hätte er aber keine Chance auf das First Down gehabt.
Alle fünf Third Downs, bei denen die Packers die Rams in der ersten Hälfte stoppten, kamen bei mittlerer bis langer Distanz und brachten Jared Goff so in die Shotgun, Green Bay hatte keine Angst, in diesen Situationen dann aggressiv zu werden und wurde dafür auch belohnt - jedenfalls in der ersten Hälfte.
Was machten die Rams danach besser? Gurley hatte im Passspiel einige sehr gute Momente, weil es L.A. besser gelang, seinen Running Back ins offene Feld zu bringen. Bei dem Big Play kurz vor der Halbzeitpause, das letztlich den Weg zum Touchdown ebnete, war Gurley als Outside-Receiver aufgestellt, erhielt dann einen Rub-Effekt durch den Tight End neben ihm und legte einen spektakulären Catch hin.
Der lange Catch-and-Run zum Touchdown im dritten Viertel zeigte einen anderen Weg, wie McVay Gurley in Space bekommt: Wieder ist Gurley als Outside-Receiver aufgestellt, wieder ist es eine Stack-Formation mit einem anderen Receiver. Der Receiver drückt die Coverage mit einer anfangs vertikalen Route das Feld runter und ermöglicht Gurley so einen freien Release - sein Gegenspieler kommt nicht mehr hinterher, möglicherweise auch aufgrund eines Kommunikationsfehlers.
Das ist gewissermaßen der erste Teil des Konzepts, der zweite folgt dann anschließend: Zwei entgegengesetzte Crossing-Routes bilden unter anderem ein Mesh-Konzept über die Mitte, das es einem Verteidiger nochmal schwerer macht, Gurley über die Mitte zu verfolgen. Letztlich ist er komplett ungedeckt, der Ball landet genau in seinem Laufweg und es ist ein einfacher Touchdown-Run danach.
Auch haben die Rams die Tight Ends in der zweiten Hälfte im Passspiel besser involviert und so Green Bays Linebacker, die in der ersten Hälfte noch so aktive Blitzer waren, einige Male erwischt. Auch war die Protection auf die Blitze besser eingestellt, sodass Goff etwas mehr Zeit hatte. Und wenn die Packers Goff nicht unter Druck setzen konnten, war er tödlich (14/19, 244 YDS, 2 TD).
Für Green Bays Defense war es dennoch ein sehr ermutigendes Spiel; jetzt müssen die Packers allerdings auch so langsam mal ein paar Spiele in Folge gewinnen.
Jackson entlassen: Was sollten die Browns jetzt machen?
Es konnte in Cleveland nicht so weiter gehen. Hue Jackson hat dieses Team seit zweieinhalb Jahren nicht weiter gebracht, er konnte aus dem fraglos vorhandenen Talent kein erfolgreiches Team formen, er war nicht in der Lage, die Franchise auch intern zu führen und er hat bisher in keiner Weise gezeigt, dass er junge Spieler entwickeln kann.
Kombiniert man das mit der Tatsache, dass die Browns in Baker Mayfield berechtigte Hoffnung haben, ihren Franchise-Quarterback gefunden zu haben und packt dann noch die offenbaren internen Dysfunktionen drauf - dann bekommt man ein Bild, in dem Jackson schnellstmöglich weg musste. Genau diese Reißleine haben die Browns am Montagabend schließlich gezogen.
Natürlich wäre es viel sinnvoller gewesen, die NFL-Karriere von Baker Mayfield mit einem neuen Regime zu starten, statt inmitten seiner ersten und dann mutmaßlich nochmal nach Mayfields erster Profi-Saison den Head Coach auszutauschen. Doch es gibt sehr hartnäckige Berichte aus Cleveland, wonach die Dynamik zwischen Jackson und Todd Haley kurz vor dem Explodieren stand.
Team-Besitzer Jimmy Haslam wollte nicht, dass Mayfield weiter in diese Situation und zwischen die Fronten gerät - daher jetzt die Entscheidung und daher jetzt auch der Kahlschlag mit der Entlassung von Haley gleich hinterher. So suboptimal die Situation für Mayfield jetzt ist, könnte es hier ein Fall von "besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende" sein.
Und damit steht natürlich die spannende Frage im Raum, die sich auch schon die Fans anderer Teams stellen dürften: Was jetzt? Welche Kandidaten sind ernsthafte Optionen für das Head-Coaching-Karussell im kommenden Januar?
Für die Browns springt einen ein Kandidat geradezu an: Lincoln Riley, Head Coach im College bei Oklahoma, und das gleich aus mehreren Gründen. Die offensichtlichen Aspekte? Riley war Baker Mayfields Coach im College, er ist einer der kreativsten und modernsten Offensiv-Coaches im College-Football und hat Erfahrung damit, ein Programm zu leiten. Es gibt viele Stimmen in der NFL, die Riley als die bestmögliche NFL-Coach-Option aus dem College aktuell sehen und viele NFL-Coaches haben im vergangenen Sommer bereits seine Offense studiert.
Der weniger offensichtliche Aspekt: Die Head-Coaching-Optionen für das kommende Jahr gelten in NFL-Kreisen als nicht allzu verlockend. Minnesotas Offensive Coordinator John DeFilippo wird immer wieder genannt, bei DeFilippo halten sich allerdings auch Gerüchte, wonach er in einigen Head-Coach-Interviews letztes Jahr einen schlechten Eindruck hinterlassen haben soll.
Patriots-LB-Coach Brian Flores war letztes Jahr schon in Arizona in der engsten Auswahl und dürfte wieder Interesse wecken, auch aus dem Team von Sean McVay wird früher oder später ein Head Coach hervorgehen. Möglicherweise QB-Coach Zac Taylor, oder Matt LaFleur, der in diesem Jahr als Offensive Coordinator der Titans übernommen hat. All diese Kandidaten sind aber tendenziell eher Optionen für 2020 oder 2021.
Und wenn man außerdem sieht, wie sich das Spiel verändert, dann sollte es zunehmend eine veritable Option sein, sich im College umzuschauen und dort zusätzlich davon zu profitieren, dass ein Head Coach bereits mit den generellen Aufgaben eines Head Coachs vertraut ist. Iowa-State-Coach Matt Campbell wird nach Riley als ein weiterer Kandidat gehandelt, klar ist: Die Browns haben jetzt das längste Fenster aller Teams, um den eigenen Wunschkandidaten zu finden und sich dann voll auf ihn zu fokussieren.