Bleiben wir doch bei Ihrer Entwicklung. In Ihrem zweiten Jahr haben Sie auch sportlich einen großen Sprung gemacht. Wie sehr hat es dabei geholfen, dass Sie den Sommer komplett mit Ihrem Bruder Moritz verbracht haben?
Wagner: Wir waren den ganzen Sommer in Washington D.C. Er hat ein richtig schönes Appartment, das deutlich größer ist als bei mir. Es war zunächst mal schön, da zu chillen. Wir haben viel Zeit aufgeholt, weil wir uns während der Saison kaum gesehen haben. Die ersten zwei Wochen haben wir nur rumgegammelt, aber das wurde mit der Zeit dann auch langweilig. Wir haben dann Workouts gemacht, uns Gewichte gekauft. Das hat mir sehr geholfen, physisch habe ich einiges draufgepackt, bin stärker geworden. Darauf konnte ich definitv aufbauen, als ich dann auf den Campus zurückgekehrt bin.
Lange war ja gar nicht klar, ob und wann die College-Saison starten würde. Wie sind Sie mit dieser Ungewissheit umgegangen? Zugang zu einem Court gab es vermutlich auch nicht.
Wagner: Nach einer Weile ging das schon, wir haben dann eine Halle gefunden und einfach an unserem Spiel gearbeitet. Wir haben die Zeit gut genutzt, weil man immer etwas verbessern kann. Da ist es egal, wann denn nun wieder gespielt wird. Ich kenne ja meine Schwächen und woran ich arbeiten kann.
Was waren denn die Dinge, die Sie in der Offseason verbessern wollten, und wie zufrieden sind Sie mit den Ergebnissen?
Wagner: Neben dem physischen Aspekt standen bei mir Ballhandling und der Wurf im Fokus. Da ging es gar nicht mal um reines Catch-and-Shoot, sondern vor allem um den Wurf aus der Bewegung, aus dem Dribbling. Ich wollte mit dem Ball mehr machen, damit ich mehr kreieren kann - für mich und auch die anderen auf dem Feld. Ich denke, dass man das auch sehen kann, nicht nur an den Stats. Ich fühle mich viel besser mit dem Ball, meine Dreierquote ist ein bisschen nach oben gegangen. Das hat dann natürlich auch etwas mit Selbstvertrauen zu tun, aber es ist schon ersichtlich, dass ich im Sommer nicht nur gechillt habe.
Franz Wagner über Wolverines-Coach Juwan Howard
Inwieweit spielt Coach Juwan Howard eine Rolle? Er war schließlich über Jahre ein gestandener NBA-Spieler und auch im Staff der Miami Heat. Was zeichnet ihn aus, wie ist er im Umgang mit der Mannschaft?
Wagner: Coach Howard ist ein richtig geiler Typ. Es ist sehr einfach, mit ihm zu reden. Er weiß immer, wie wir uns fühlen, weil er eben auch selbst für Michigan gespielt hat. Das hilft und erleichtert die Arbeit mit ihm. Er hat enorme Erfahrung aus seinen Jahren in der NBA als Spieler und Coach und weiß deswegen, was es braucht, um auf das nächste Level zu kommen, und wie es ist, ein Profi zu sein. Ich habe mir einiges abgeschaut und gelernt.
Erläutern Sie doch kurz seine Philosophie!
Wagner: Er will sehr schnell spielen und wir praktizieren eher eine NBA-Offense im Gegensatz zu den meisten anderen Teams in der NCAA. Das kommt bei der Mannschaft an, weil schließlich jeder von uns mal Profi werden will. Das ist ein guter Vorgeschmack auf das, was vielleicht mal kommen wird. Und dann ist da noch seine Einstellung. Er hat diesen Killer-Instinkt, der in den USA vielleicht ein wenig gängiger ist als in Europa, wo es mehr um Team-Basketball, Passen und Fundamentals geht. Für Coach Howard geht es dagegen vor allem darum, in jedem Spiel ein Killer zu sein und dieses Gefühl versucht er uns zu vermitteln.
Vor ein paar Tagen wurde Coach Howard des Feldes verwiesen, als er dem Maryland-Coach scheinbar an die Wäsche wollte. Wie erlebt man so etwas als Spieler? Reißt einen das mit oder ist das nur ein Nebenkriegsschauplatz?
Wagner: So ist er eben und es zeigt ganz gut, wie Coach Howard so drauf ist. In der Szene hat er etwas überreagiert, aber das weiß er auch selber. Er denkt nicht zweimal darüber nach, ob er seine Spieler verteidigen will, sondern er macht es einfach. Wir haben nach diesem Vorfall auch gut reagiert und das Spiel souverän gewonnen. Bei ihm weiß man immer, wo man steht. Er ist einfach real. Er sagt, was er machen wird und das sieht man als Spieler gerne.
Hilft er Ihnen auch dabei, wie Sie vielleicht mal später Erfolg in der NBA haben können?
Wagner: Zunächst einmal geht es darum, für das Team im Hier und Jetzt so gut es geht zu spielen. Ich habe ja schon gesagt, dass wir eher wie ein NBA-Team auftreten und da macht man fast schon automatisch Fortschritte, die wichtig sind für das nächste Level. Für mich funktioniert das gut, aber wir sind nie zufrieden und wollen immer besser werden. Wir schauen jede Menge Film, um auch Nuancen herauszufiltern, da macht der Coaching Staff schon einen richtig guten Job.
Franz Wagner: Sprung in die NBA? "Das kommt von ganz allein"
Ihr Bruder sprach häufig davon, dass er seine Nische in der NBA finden wolle. Wo sehen Sie ihre Nische?
Wagner: Ich probiere einfach, mein Spiel durchzuziehen. Ich glaube, dass ich viele Sachen mache, die auf dem Court wichtig sind. Dazu macht es mir Spaß, an Sachen zu arbeiten, die ich noch nicht so gut kann und dann merke, wie ich Stück für Stück besser werde. Darauf liegt mein Fokus, aber natürlich ist es auch wichtig zu wissen, dass man ein guter Spieler ist und in viele verschiedene Situationen hereinpasst. Ich finde, dass dies auf mich zutrifft und dann kann ich nur hoffen, dass alles so eintritt, wie ich mir das wünsche.
Impliziert dieser Wunsch auch eine mögliche Anmeldung für den NBA-Draft in diesem Jahr? In einigen Mock Drafts werden Sie sogar als möglicher Lottery Pick gesehen.
Wagner: Dazu kann ich zu diesem Zeitpunkt nichts sagen. Mein kompletter Fokus liegt auf Samstag und unserem Erstrundenspiel. Alles andere kommt von ganz alleine, das habe ich über die Jahre so gelernt. Ich will die Zeit jetzt mit dem Team genießen, weil ich nie weiß, wann es vorbei ist.
Aber es ist sicher Ihr Ziel, zumindest einen Pick höher gezogen zu werden als Ihr Bruder, oder nicht?
Wagner: Das auf jeden Fall und natürlich ein Sieg mehr bei March Madness.
Die College-Statistiken von Franz Wagner für die Michigan Wolverines
Saison | Spiele / Minuten | Punkte | Rebounds | Assists | FG% | 3FG% |
2019/20 | 27 / 30,8 | 11,6 | 5,6 | 1,0 | 45,2 | 31,1 |
2020/21 | 24 / 31,3 | 12,8 | 6,2 | 2,9 | 49,3 | 38,4 |