Ihr habt Fragen, die ihr in der Kolumne beantwortet sehen wollt? Dann stellt sie bei Twitter!
@zahlenjongleur: Wieso sollte ich nächste Saison die NBA überhaupt schauen, wenn ohnehin heute schon klar ist, wer Champ wird?
Ich verstehe die Frage zwar, aber wenn wir mal ehrlich sind: Mir geht das ständige Gerede darüber, dass die NBA aufgrund der Warriors langweilig und ruiniert ist, mittlerweile viel zu weit, auch wenn ich selbst die Dubs aktuell für zu gut und damit etwas uninteressant halte. Aber was ist denn dann im Vergleich die deutsche Bundesliga?
Golden State hat jetzt drei Titel in vier Jahren gewonnen, extrem dominant, keine Frage. In dieser Saison mussten sie dafür ein siebtes Spiel auswärts gewinnen, im Jahr davor half die Kawhi-Verletzung. Bayern München könnte viermal pro Saison den Trainer wechseln und würde vermutlich trotzdem mit 15 Punkten Abstand Meister werden, sogar ein knappes Titelrennen wäre mittlerweile eine Sensation. Mir ist klar, dass man die Ligen vom System her nicht zu 100 Prozent vergleichen kann, aber wenn wir nur von der Einseitigkeit an der Spitze sprechen: Von solchen Verhältnissen ist die NBA immer noch weit entfernt.
Und: Sie wird diesen Punkt auch nie erreichen, weil es im US-Sport eben nicht möglich ist, sich finanziell einen so großen Vorteil zu erarbeiten, dass man nie wieder eingeholt werden kann. Natürlich haben gewisse Märkte strukturelle und monetäre Begünstigungen, aber das CBA sorgt zumindest für wesentlich mehr Chancengleichheit, als es im europäischen System möglich wäre, wenn Teams kompetent arbeiten. Auch wenn das leider längst nicht alle Teams tun.
Die Warriors sind für die kommende Saison sicherlich der haushohe Favorit, ich bezweifle aber, dass sie in der Form noch lange darüber hinaus zusammenbleiben werden. Niemand in der Bay Area geht davon aus, dass Kevin Durant seine Karriere als Warrior beenden wird, um nur mal ein Beispiel zu nennen. Dass er erneut einen 1+1-Vertrag unterschrieben hat, ist kein Zufall. KD hält sich seine Optionen offen.
Garantierte Meisterschaften gibt es überdies in der NBA ohnehin nicht, sei es durch Verletzungen, mentale Müdigkeit, Hybris oder schlichtweg klug arbeitende Gegner - die Rockets haben in den Playoffs gezeigt, dass Golden State eben nicht unschlagbar ist. Ich glaube auch nicht, dass die Verpflichtung von Boogie Cousins sich so dramatisch auswirken wird, wie das viele Leute zu befürchten scheinen - niemand weiß, wann und wie fit er für Golden State spielen wird oder wie gut er hineinpasst.
Cousins hat einen Achillessehnenriss hinter sich, zur Erinnerung. Davon hat sich noch nie ein NBA-Spieler komplett erholt, schon gar kein Brecher wie Boogie, also tappt man hier schlichtweg im Dunkeln. Man weiß lediglich, dass er nicht länger als eine Saison dort bleiben wird, weil die Dubs ihn nächsten Sommer sowieso nicht bezahlen können, wenn es auch nur ansatzweise ordentlich für ihn läuft.
Abgesehen davon: Ich glaube Stand jetzt selbstverständlich auch, dass die Dubs nächste Saison den Threepeat perfekt machen, weil ihr Talentlevel, völlig unabhängig von Boogie, nach wie vor deutlich höher ist als bei allen anderen Teams. Trotzdem interessiert mich der Weg dorthin und alles, was drumherum passiert.
Meine Teams to Watch kommen in der nächsten Frage, dazu wird es die gesamte Saison Trade-Szenarien geben, eine unheimlich talentierte, junge Spielergeneration, LeBron bei einem neuen Team, mehr deutsche Spieler in der NBA als jemals zuvor, eine auf einmal offene Eastern Conference, bis zu 11 Teams im Westen, die 45+ Siege holen können, und so weiter.
Vielleicht wissen wir (oder haben eine starke Ahnung), wie das Ende aussieht, der Weg dorthin kann trotzdem interessant sein. Die Entscheidung, was man sich anschaut, bleibt am Ende natürlich jedem selbst überlassen, und ich will hier niemanden bekehren. Ich persönlich verfolge Sport nicht ausschließlich durch das Prisma "Wer wird Meister", weil es eben auch noch alle möglichen anderen Facetten gibt, die das Ganze interessant machen. Sonst würde ich mir vermutlich auch nicht jedes Spiel von Werder Bremen ansehen ...
@schwadrian87: Für alle die, die an der NBA interessiert sind, aber eher wenig Zeit haben: Welche zwei, drei Franchises versprechen das größte Unterhaltungspotenzial?
Die offensichtliche Antwort lautet hier "die Lakers" - dieses Team wird nicht nur abseits des Courts hochinteressant sein, einfach weil die Zusammensetzung des Kaders so faszinierend ist und weil LeBron, zumindest aktuell noch, für sich genommen schon immer das Zuschauen wert ist. Da wir jetzt aber ohnehin einige Lakers-Fragen haben, hier noch andere Kandidaten:
- Die Celtics: Letzte Saison wurden am Ende ohne zwei der drei besten Spieler beinahe die Finals erreicht, jetzt kehren Kyrie Irving und Gordon Hayward zurück - wie gut sich die beiden mit den Breakout-Stars Jaylen Brown und Jayson Tatum ergänzen, könnte entscheiden, wer dieses Jahr im Osten die Finals erreicht. Dazu: Brad Stevens' Kreativität bei ATOs (Plays nach Auszeiten) ist nicht nur für Nerds sehenswert.
- Die Sixers: Simmons und Embiid sind den Eintritt so oder so schon wert, das größte Fragezeichen bei Philly ist Markelle Fultz. Sein Wurfdoktor Drew Hanlan hat vor kurzem angekündigt, dass Sixers-Fans sich freuen können - das will ich sehen. Wenn Fultz mit einem Jahr Verspätung doch "einschlägt", sind die Sixers DAS junge Team der Liga.
- Die Bucks: Waren es wirklich nur die Coaches, die Milwaukee so eindimensional gemacht haben? Dann dürfte Mike Budenholzer eine Änderung bringen, und dann hat dieses Team richtig Potenzial. Und Giannis ist dann neben Anthony Davis mein MVP-Kandidat Nummer eins.
- Die Wizards: Unterhaltungspotenzial im Sinne von "vielleicht gehen sich während einer Partie Mitspieler an die Gurgel."
- Die Mavericks: Allein schon wegen Doncic haben die Mavs kommende Saison mehr League-Pass-Reiz als in allen Saisons seit 2011, wie ich finde. Die Kombination aus ihm, Dennis Smith und DeAndre Jordan sollte für jede Menge Lobs sorgen, Rick Carlisle gehört zu den kreativsten Coaches der Liga und hatte seit Jahren nicht mehr so viel "Spielzeug" zum Experimentieren. Außerdem sehen wir womöglich die letzte Saison überhaupt von Dirk, so schwer man sich das vorstellen kann - oder will ...
- Die Suns: Der Nr.1-Pick Ayton, dazu Booker mit seinem neuen Maximalvertrag, Mikal Bridges, Josh Jackson, Trevor Ariza - ich bin noch nicht zu 100 Prozent davon überzeugt, dass die Teile alle gut zusammenpassen, aber es wird in jedem Fall interessant zu beobachten sein, was bei den Suns entsteht. Zumal Igor Kokoskov der erste Euro-Head Coach überhaupt in der NBA ist.
- Die Warriors: Unterhaltungspotenzial im Sinne von "Seht mal, was der Abramowitsch für eine schöne neue Yacht gekauft hat!"