Favoritensterben: Deshalb sind drei Mega-Stars gescheitert
Florian Regelmann: Wenn Italien noch im Halbfinale wäre, würde ich sagen, dass jetzt vier Mannschaften noch drin sind, die alle 100 Prozent Commitment vereint. Aber es sind ja noch die dusseligen Franzosen dabei. Ich finde, man kann die drei Situationen mit den drei Mega-Stars kaum vergleichen. Luka und die Slowenen sind ausgeschieden, weil sie ekelhaft arrogant waren, da ist die Erklärung ziemlich einfach. Bei Giannis und Jokic ist es vielleicht insofern ähnlich, weil sowohl die Griechen als auch mit Abstrichen die Serben von einer Mannschaft überrollt wurden, die wie in Trance war und komplett eskaliert ist. Das kann immer mal passieren in einem K.o.-Spiel, das ist ja auch das Schöne daran. Dennoch war ich auch etwas schockiert, wie sehr eigentlich alle Teams trotz ihrer Superstars in der Krise phasenweise komplett den Kopf verloren haben. Das hätte ich in der Form nicht erwartet, wenn ich sehe, was für Kaliber da auch außerhalb der Mega-Stars auf dem Feld standen.
Felix Götz: Grundsätzlich gilt: Es ist für eine Mannschaft Gift, wenn sich einfach alles auf einen Spieler fokussiert. Schlichtweg deshalb, weil es die Teamkollegen, die eigentlich auch das Potenzial zum Leistungsträger haben, hemmt. Das gilt wahrscheinlich für den europäischen Basketball noch viel mehr als für die NBA. Meiner Meinung nach spielte das beim Aus von Slowenien, Griechenland und Serbien eine Rolle. Nicht falsch verstehen: Natürlich sind Spieler wie Doncic, Antetokounmpo und Jokic für jedes Team erstmal Gold wert. Aber eben nur dann, wenn die Balance stimmt. Dann macht ein Superstar seine Mitspieler sogar besser. Dafür sind der Star an sich und natürlich der Coach verantwortlich. Doncic und die Slowenen sind letztlich an ihrer eigenen Arroganz zerschellt. Diese Überheblichkeit war in der Gruppenphase immer wieder zu beobachten und sie gipfelte in einer ersten Halbzeit gegen Polen, die nicht weniger als eine Frechheit war. Doncic hat es im letzten Viertel mit vogelwilden Aktionen - Verletzung hin oder her - schlichtweg verbockt. Stark fand ich, dass er das auch umgehend eingeräumt hat. Dass die griechische Maschine um Antetokounmpo nicht wirklich rund läuft, war bereits im wenig überzeugenden Achtelfinale gegen Tschechien erkennbar. Und Serbien ist nach dem Rauswurf von Italien-Coach Pozzecco regelrecht kollabiert. Wie das so einer Mannschaft passieren kann, ist mir noch immer schleierhaft.
Alex Vogel: Die Serben und Slowenen sind nicht mit der richtigen Dringlichkeit in ihre Spiele gegangen. Sie waren sich zu sicher und das hat die anderen Teams teilweise erst stark gemacht. Sie konnten deren Emotionalität nicht matchen. Hinzu kommt die Rollenverteilung: Bei den Serben war ich mir nicht sicher, ob das alles klar definiert war. Das war bei den drei Teams, die die Favoriten eliminiert haben, definitiv anders. Das waren Mannschaften, in denen jeder seine Rolle im Detail kennt und ausführt. Mannschaften ohne Arroganz - und davon war bei Serbien und Slowenien schon einiges zu sehen, über das gesamte Turnier. Die Griechen würde ich da etwas ausklammern. Wie Flo sagt, sie haben gegen ein Team verloren, das wie im Rausch gespielt hat. Ich würde tippen, dass dieses Duell in einer Serie vermutlich an Griechenland gegangen wäre. Aber das ist eben der K.o.-Modus, wo ein Spiel entscheidet.
Ole Frerks: Ich stimme allem zu und würde noch das Thema Schiedsrichter mit hineinwerfen. Dass die Calls nicht konstant auf einem hohen Niveau sind, wissen wir mittlerweile alle, und das gilt natürlich für alle Teams. Aber ich hatte das Gefühl, dass sich gerade Slowenien und Serbien mehr davon durcheinanderbringen ließen als andere Teams. Doncic und Dragic kamen aus dem Gemecker gar nicht mehr raus, in Richtung der Refs, in Richtung des eigenen Teams ... das kostet auch Energie und vor allem Fokus. Manche Teams nutzten ihre Emotionen positiv (Italien!), andere weniger. Und das hat im Single-Elimination-Modus einfach größere Auswirkungen, der Faktor Zufall ohnehin auch. Dass Deutschland acht Dreier im ersten Viertel trifft, ist so ja auch nicht jeden Tag replizierbar.