Reise in die Vergangenheit

Von 1987 bis 1994 betreute Arsene Wenger den AS Monaco
© getty

Nach wiederholten Pleiten im Achtelfinale hat der FC Arsenal in dieser Champions-League-Saison endlich gute Chancen auf ein Weiterkommen. Das Duell mit dem AS Monaco ist für Trainer Arsene Wenger auch ein Wiedersehen mit einem früheren Arbeitgeber: Von 1987 bis 1994 betreute er die Monegassen - und die Parallelen zu seiner Zeit bei den Gunners sind verblüffend.

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Natürlich könne er sich noch an seinen ersten Besuch im altehrwürdigen Highbury erinnern. "Ich war allein unterwegs, am 2. Januar 1989." 2:0 gewannen die Gunners gegen Tottenham. "Ich fand den englischen Fußball sofort großartig. Die Atmosphäre im Highbury war fantastisch, so dass ich mich fragte: Ist das überall so? Schon damals dachte ich darüber nach, wie schön es wäre, ein Teil davon zu sein."

Es sollte noch eine Zeit dauern, bis die Hochzeit zwischen Wenger und dem FC Arsenal vollzogen wurde, doch die Kontakte, die der 39-jährige Elsässer an diesem Tag zu Vizepräsident David Dein knüpfte, waren der Ausgangspunkt für die siebeneinhalb Jahre später beginnende Ära.

Die bis zum heutigen Tag andauert: Mit seiner mittlerweile 19. Spielzeit als Trainer und über 1000 absolvierten Partien ist Wenger Rekordhalter des Londoner Klubs - mit weitem Abstand.

Da erinnert sich kaum jemand mehr daran, dass er bei jenem Klub, in dessen Farben er an diesem 2. Januar unterwegs war, die gleiche Bestmarke hält. Und ihn in seinen sieben Jahren dort wohl ebenso sehr prägte wie später die Gunners.

Aus dem Elsass ins Fürstentum

So spektakulär Wengers Trainerlaufbahn verläuft, so ereignislos präsentiert sich seine Karriere als Profi: Der hochaufgeschossene Mittelfeldspieler legt Stationen in Mutzig, Mulhouse und Strasbourg ein, für ein Engagement außerhalb des Elsass reicht es nicht.

Doch statt sich im elterlichen Laden für Kfz-Ersatzteile niederzulassen, bildet sich der schon in jungen Jahren fußballverrückte Wenger weiter, studiert das Spiel und übernimmt die Ideen seines Mentors Paul Frantz, der im Training auf neue Methoden setzt. In seinen späten 20ern ist er bereits mehr Trainer als Spieler.

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Diesem Pfad bleibt er auch nach seiner aktiven Karriere treu. Mit 34 wird er Co-Trainer beim Zweitligisten AS Cannes, ein Jahr später heuert er in Nancy erstmals als Cheftrainer an. Der finanzschwache Erstligist bewegt sich eigentlich außerhalb seiner Gewichtsklasse, dennoch wird Wenger im ersten Jahr mit dem Klub Zwölfter. Auch in der zweiten Saison hält er die Klasse, wenn auch nur knapp.

Ins Visier des AS Monaco ist der Blondschopf, der sich auf der Bank auch gerne mal eine Zigarette gönnt, damit jedoch noch lange nicht geraten. Vielmehr verdankt Wenger seinen Werdegang Trainer Gilbert Gress aus Neuchatel. Als der Fürstenklub 1986 bei Gress anklopft, empfiehlt dieser seinen Protegé, der unter ihm bei RC Strasbourg bereits die Jugend betreut hatte. Um seine Freigabe in Nancy bittet Wenger jedoch vergebens - die erhält er erst, als AS ein Jahr später den Gang in die zweite Liga antreten muss.

"Er verstand etwas vom Fußball"

Ein Abstiegstrainer soll die Monegassen, zuletzt 1982 Meister der Ligue 1, also wieder an die Spitze führen. "Von uns wurde erwartet, dass wir in der Liga und in Europa um Titel mitspielen, dabei war er gerade mit Nancy abgestiegen", erinnert sich Klublegende Claude Puel im "Guardian". "Aber [Präsident] Campora hat etwas in ihm gesehen, und bei uns Spielern dauerte es ebenfalls nicht lange."

Nach und nach krempelt Wenger den Klub von Grund auf um - und installiert Abläufe und Methoden, die heute als selbstverständlich gelten. "Er war mein erster Trainer, der spezifisches Taktiktraining einführte, oder in der Vorbereitung penibel Videomaterial studierte", so Puel. "Er verstand etwas vom Fußball", erklärte Jean Petit, damals Co-Trainer von Wenger, in der "Daily Mail". "Er brachte neue Methoden, machte aus Monaco einen professionelleren Klub."

Vor den Partien gibt es plötzlich "Unterrichtsstunden", in denen die Stärken und Schwächen der Gegner unter die Lupe genommen werden. Zudem setzt der neue Coach auf "Analytics": Mit modernsten Daten werden die Entscheidungen der Spieler auf dem Feld statistisch katalogisiert und analysiert. "Er hat einfach alles auf ein neues Level gebracht", so Weltmeister Emmanuel Petit, der unter Wenger mit 17 Jahren debütiert.

Modernste Methoden

Nicht nur auf dem Platz setzt Wenger auf neue Methoden: Bei den Mahlzeiten gibt es Hähnchen statt Rind, dazu Wasser ohne Kohlensäure mit Zimmertemperatur statt eisgekühlt. Ein Feierabendbierchen nach dem Spiel für Neuzugang Glenn Hoddle? Fehlanzeige. Stattdessen gibt es drei Trainingseinheiten pro Tag. Dafür geht endlich mit dem eigenen Flieger zu Auswärtsspielen.

Der englische Nationalspieler lernt im Fürstentum Konzepte kennen, die auf der Insel noch ein Buch mit sieben Siegeln sind. "Was wir in Monaco 1987 gemacht haben, war im Vergleich zu Tottenham so viel weiter fortgeschritten", betonte er zuletzt gegenüber "Sky Sports". "Am ersten Tag wollten Mark Hateley und ich nach einer zweistündigen Einheit Schluss machen, da sagte Arsene, dass wir zum Fitness Coach gehen sollen - 45 Minuten auslaufen. Mark und ich schauten uns an und sagten: 'Was bedeutet auslaufen?''

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