Von Klinsmann bis Weah
Die Spieler jeden Tag ein bisschen besser machen - es gelingt. "Manche Sachen nannten wir 'unsichtbares Training', vor allem die Umstellungen in Sachen Ernährung oder Erholung. Verbesserungen, die wir kaum bemerkten, die aber definitiv da waren", so Puel, der mittlerweile OGC Nizza betreut.
Keine Revolution, dafür eine ständige Evolution. Gut möglich, dass sich Jürgen Klinsmann dieses Mantra von Wenger abgeschaut hat, kam er doch 1992 aus Mailand an die Cote d'Azur. Und er ist nicht der einzige Star, der durch Wengers Hände geht.
George Weah im Porträt: Mehr als nur ein Fußballer
Denn der lockt in seinen sieben Jahren in Monaco eine ganze Reihe an Superstars nach Südfrankreich: Klinsmann, Hoddle, Youri Djorkaeff - zweifellos inspiriert von einem Trainer, der neue Wege geht. Daneben beweist Wenger das später bei Arsenal so omnipräsente Auge für Talente, aus Frankreich wie aus Afrika. Der spätere Weltfußballer George Weah geht durch die Wengersche Schule - und widmet seine Auszeichnung 1995 dem Trainer, der ihn groß machte.
"Natürliche Autorität"
Ebenfalls nicht auszudenken, wo die französische Nationalmannschaft in den späten 90ern ohne Wenger stehen würde: Er, der schon als Spieler immer ein Auge auf die Jugend hatte, entdeckt Größen wie Petit, Lilian Thuram (debütiert mit 18), oder später Thierry Henry, der ihm nach London folgt.
Ob etablierte Größen oder Teenager - Wenger kommt mit seinen Spielern gut aus. Dass die Coaches ihre Mahlzeiten getrennt vom Team einnehmen, schafft er ab, die Unterhaltungen drehen sich nicht nur um Fußball. "Er hatte immer diese natürlich Autorität", sagt Puel, der die kompletten sieben Jahre Wengers im Fürstentum miterlebt. "Er hatte einen Raum unter Kontrolle, ohne auch nur seine Stimme zu erheben."
Wer sonst hätte Gunners-Kante Tony Adams später davon überzeugen können, den geliebten Mars-Riegel vor dem Anpfiff durch rohe Karotten zu ersetzen?
Trotz allem nur ein Meistertitel
Mit elektrisierendem Fußball, wie ihn später auch die "Invincibles" im Highbury zeigen sollten, holt er gleich im ersten Jahr den Titel: Seine 4-4-2-Formation mit Raute und offensiven Außen, die sich bei Bedarf auch in ein 4-3-3 verwandeln konnte, bescherten dem Trainer des Jahres am Ende sechs Punkte Vorsprung auf Girondins Bordeaux.
1991 sollte der Coupe de France folgen, weitere Titel konnte der Elsässer mit Monaco jedoch nicht gewinnen: National scheiterte man mehrfach knapp in Liga und Pokal, international erreichte man das Endspiel im Pokal der Pokalsieger (0:2 gegen Werder Bremen). 1994 verlor man im Halbfinale der Champions League gegen den späteren Titelträger AC Milan.
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Diese vergebenen Titel wurmen den mittlerweile 65-Jährigen bis heute, zumal der große Konkurrent aus Marseille, der von 89 bis 92 viermal in Serie Meister wurde, später wegen Bestechung zwangsabsteigen musste. "Wenn man heute zurückschaut, kann man sich des Gedankens nicht erwehren, dass wir vielleicht noch mindestens zwei weitere Meistertitel hätten haben können", weiß Puel. "Es hat bei Arsene tiefe Narben hinterlassen - bei uns allen."
Wenger selbst meinte 2006 lediglich: "Zu dieser Zeit waren Korruption und Doping weit verbreitet. Nichts war schlimmer als die Ahnung, dass wir von Vornherein schlechte Karten hatten."
Als Bayern München 1994 anklopft, bittet Wenger, dessen Verhältnis mit dem Vorstand sich langsam abgenutzt hat, um seine Freigabe. Schon als Kind hat er die Bundesliga begeistert verfolgt, es ist seine Chance. Aber der Verein lässt ihn nicht gehen - nur um ihn nach schlechtem Ligastart bereits im September vor die Tür zu setzen.
Die Bayern haben derweil Trapattoni verpflichtet, die Tür ist zu. Also legt der Feingeist, für den Fußball nach eigener Aussage auch immer Kunst sein muss, einen 18 Monate langen Aufenthalt ein. Dann meldet sich David Dein - und der Rest ist Geschichte.
"Kleiner emotionaler Schock"
18 Jahre später sind die blonden Haare ergraut, das Temperament (Hoddle: "Er ist in der Umkleide förmlich explodiert, wenn wir nicht das taten, was er wollte") blitzt nur noch selten hervor. Die Parallelen von Wengers Erfolgsgeschichte in Monaco und London sind dennoch zahlreich.
"Das war schon ein kleiner emotionaler Schock", gestand Wenger der Website der UEFA nach der Auslosung. Zumal man wie üblich mit einem Top-Favoriten gerechnet habe. "Beide Vereine sind 25 Jahre meines Lebens."
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Das Achtelfinale im Überblick