Seitdem Trainer Niko Kovac die Rotation abgeschafft hat, lässt sich der Kader des FC Bayern ganz hervorragend in Gewinner und Verlierer unterteilen. Hier die, die spielen und meistens lachen (zum Beispiel Leon Goretzka). Dort die, die nicht spielen und meistens traurig schauen (zum Beispiel James). So einfach ist das manchmal. Aber dann gibt es auch noch Javi Martinez. Bei ihm kann man sich da irgendwie nicht so sicher sein - und das kam so:
Bei den ersten Spielen nach dem Rotationsstopp saß Martinez auf der Bank, weil Joshua Kimmich neben dem gesetzten Leon Goretzka im defensiven Mittelfeld auflief. Irgendwann aber wurde es Kovac mit Rafinha rechts hinten doch ein bisschen zu mulmig, also kehrte Kimmich zurück auf seine angestammte Position - und der pünktlich wiedergenesene Thiago rückte auf die Sechs.
Dann aber musste Goretzka beim Auswärtsspiel bei Eintracht Frankfurt, der letzten Partie vor der Winterpause, wegen Adduktorenproblemen passen. Auf einmal stand Martinez wieder in der Startelf, erstmals seit knapp einem Monat. Der FC Bayern gewann 3:0, Martinez machte es ganz gut und durfte auch beim Rückrundenstart bei der TSG Hoffenheim beginnen. Goretzka rückte stattdessen eine Reihe nach vorne auf die Zehn.
Javi Martinez: viele Zweikämpfe statt schöne Pässe
Dieses Spiel in Hoffenheim (3:1) war eines, das mal wieder schön zeigte, warum Martinez 2012 für die damalige Rekordsumme von 40 Millionen Euro zum FC Bayern gewechselt war und ein Jahr später als Triple-Garant tituliert wurde. Martinez gab dem Spiel Struktur, er räumte ab, aber hielt sich im Aufbauspiel eher zurück. Er spielte nicht die schönsten Pässe seiner Mannschaft, aber führte dafür die meisten Zweikämpfe und gewann den Großteil davon. Auf dem Boden und in der Luft.
Der 30-jährige Martinez von 2019 ist aber etwas langsamer als der 24-jährige Martinez von 2013. Und von einem defensiven Mittelfeldspieler wird 2019 außerdem mehr erwartet als noch 2013. Mehr offensive Impulse, mehr Ideen. Nicht nur Abwehr, auch mal Angriff. Martinez jedenfalls begann auch beim folgenden Heimspiel gegen den VfB Stuttgart - musste aber beim Stand von 1:1 und nach einer eher trägen Vorstellung der ganzen Mannschaft zur Halbzeit für den offensiveren Serge Gnabry weichen.
"Unsere beiden Sechser waren sehr tief, da waren wir fast mit sechs Mann hinten", sagte der zunächst erneut als Zehner aufgebotene Goretzka über die erste Halbzeit, "und die Jungs vorne waren ein bisschen auf sich alleine gestellt." Nach Martinez' Auswechslung rückte Goretzka von der Zehn auf die Sechs. "Da haben wir die Verbindung besser zwischen Abwehr und Sturm gefunden. Das hat dem Spiel in der zweiten Halbzeit gutgetan", erklärte er. Letztlich gewann der FC Bayern 4:1.
Die unklare Zukunft von Javi Martinez
Bleibt Kovac auch beim Auswärtsspiel gegen Bayer Leverkusen (Samstag, 15.30 Uhr im LIVETICKER) bei seiner rotationsbefreiten Stammelf, die sowohl in Hoffenheim, als auch gegen Stuttgart begann? Oder muss Martinez draußen bleiben, weil es in der zweiten Halbzeit gegen Stuttgart ohne ihn besser klappte? Darf Martinez lachen, oder muss er traurig schauen?
Für ihn geht es aktuell jedenfalls mehr denn je um seine Zukunft im Verein. Der jüngst nach seinem Kreuzbandriss ins Training zurückgekehrte Corentin Tolisso wird Ansprüche auf einen Startplatz stellen und ist eher ein Spielertyp wie Goretzka. Einer, den Kovac schätzt. Einer, der Abwehr und Angriff verbindet. Gleichzeitig drängt Kimmich weiterhin ins defensive Mittelfeld. Wenn ab Sommer mit dem bereits verpflichteten Benjamin Pavard und womöglich auch Lucas Hernandez weitere Alternativen für die Viererkette bereitstehen, wird dieses Drängen wohl noch intensiver.
Martinez' Vertrag läuft noch bis 2021. Sollte er beim FC Bayern nicht mehr gebraucht werden, würde er seine Karriere wohl in der Fußballprovinz ausklingen lassen. "Ich kann mir nicht vorstellen, zu einem anderen Verein in Europa zu wechseln", sagte er neulich gegenüber Socrates. "Bayern ist auf diesem Niveau meine letzte Station."