BVB - Ex-Talent Tobias Raschl von Greuther Fürth im Interview: "Der BVB wollte, dass ich ekliger werde"

Raschl wurde auch mit einem Wechsel zum FC Bayern in Verbindung gebracht.
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Nach sechseinhalb Jahren bei Borussia Dortmund wechselte Tobias Raschl im vergangenen Januar zu Greuther Fürth. Dort hat der 22-Jährige seine Spielminuten in der Bundesliga bislang versiebenfacht- bei den Profis des BVB hatte es für Raschl nur zu einem Kurzeinsatz gereicht.

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Im Interview mit SPOX und GOAL spricht Raschl über sein erstes Training bei den Dortmunder Profis, das angebliche Interesse von Bayern München und das schwierige Pendeln zwischen den Teams beim BVB.

Raschl erzählt zudem von seiner Beziehung zu Lucien Favre, dem Ärger über verpasste Einsätze und die Gründe für den Wechsel nach Fürth.

Herr Raschl, Sie sind im Januar am letzten Tag der Wintertransferperiode nach sechseinhalb Jahren bei Borussia Dortmund zu Greuther Fürth gewechselt. Als gebürtiger Düsseldorfer sind Sie nun erstmals in Ihrem Leben in einem anderen Bundesgebiet. Wie läuft's in Franken bislang?

Tobias Raschl: Dass ich jetzt relativ weit weg von meiner Familie bin, ist schon eine Umstellung. Ich stehe mit ihr aber in einem permanenten Austausch. Meine Mutter ruft täglich an und will wissen, was Sache ist. (lacht) Im ersten Monat war ich noch im Hotel, mittlerweile habe ich eine eigene Wohnung. Das hilft sehr bei der Eingewöhnung. Ansonsten wurde ich toll aufgenommen, alle waren total locker. Ich verstehe auch langsam den fränkischen Akzent und gewöhne mich an so Sachen wie das Servus zur Begrüßung.

Sie kommen aus einer Handwerker-Familie, die in Düsseldorf das älteste Rahmenrichtwerk Deutschlands betreibt. Dort werden Fahrgestelle spezieller Lkw gerichtet, auch Ihr älterer Bruder Henrik arbeitet mit. Wie viel Handwerker steckt denn in Ihnen?

Raschl: Etwas geradebiegen kann ich nicht, das überlasse ich lieber meinem Vater. Der hat uns auch früh einige Kniffe beigebracht. Ich habe daher keine zwei linken Hände. Das wäre auch verwunderlich, schließlich wohnen wir direkt neben der Firma. Dort bin ich aufgewachsen und war oft auf dem Hof. Ab morgens halb 8 war da Betrieb und viele laute Geräusche, man hat gefühlt jeden Hammerschlag mitbekommen.

"Um im Fußball Geld zu verdienen, steht die Chance bei eins zu einer Million", hatte Ihr Vater vor einigen Jahren beklagt. Als Sie nach der U13 bei Borussia Mönchengladbach aussortiert wurden und zu Fortuna Düsseldorf gingen, konnte man noch nicht absehen, dass Sie diese Chance eines Tages ergreifen würden. Wie sehr war das damals innerhalb Ihrer Familie ein Konfliktpunkt?

Raschl: Schon sehr. Meine Eltern haben früh auf mich eingeredet und wir hatten viele Diskussionen zum Thema Schule und später Abitur. Mich hat das beschäftigt, weil ich mich lieber voll auf den Fußball konzentrieren wollte. Doch selbst als ich schon in Dortmund war und mein erstes eigenes Geld verdient habe, war mein Vater noch nicht komplett überzeugt, dass ich diesen Sprung schaffen könnte. Er wollte, dass ich die bestmögliche schulische Ausbildung bekomme und idealerweise irgendwann in der Firma einsteige. Ich habe das Abitur dann vor allem meinen Eltern zu Liebe durchgezogen. Ich war wegen dem Fußball nicht regelmäßig in der Schule und kam daher mit dem Stoff nicht zu 100 Prozent hinterher. Mein Notendurchschnitt ist entsprechend nicht der allerbeste. Meine Eltern waren aber richtig froh und mein Vater sagte dann auch, dass ich nun alles auf die Karte Fußball setzen könne.

Nach zwei Spielzeiten bei der Fortuna bekundete der BVB Interesse und Sie gingen dort in die U16. In Dortmund wurden Sie direkt Kapitän, so wie später in der U17 und U19. "Der Fußball hat mir einen Rahmenbieger genommen", hat Ihr Vater dann gesagt. Ab wann war klar, dass es doch für mehr reichen würde?

Raschl: Ab der U17 und vor allem bei der U19 hatte ich immer stärker die Vision und den unbedingten Willen, so hoch wie möglich zu spielen. Der Profibereich war damals aber trotzdem noch sehr weit weg. Heute weiß ich auch, dass es nichts heißt, wenn du in der Jugend bei den besten Mannschaften spielst und dich mit den Besten misst. Der Übergang nach oben ist dazu ein riesiger Unterschied.

Ein halbes Jahr bevor Sie 2019 mit der Dortmunder U19 Deutscher Meister geworden sind, durften Sie mit den Profis ins Wintertrainingslager nach Marbella. Erinnern Sie sich noch, wie Ihnen das mitgeteilt wurde?

Raschl: Ganz genau nicht mehr. Es gab einen Austausch mit Talente-Trainer Otto Addo, meinem U19-Coach Benjamin Hoffmann und Lucien Favre. Ich hatte zwar sechs Wochen zuvor in Lotte erstmals bei den Profis in einem Freundschaftsspiel mitgekickt und mich dabei leider direkt verletzt, dass ich aber mit ins Trainingslager darf, kam für mich durchaus überraschend.

Wie war es vor dem ersten Training um Ihre Nervosität bestellt?

Raschl: Die Anspannung war riesig und so groß wie noch nie. Es war eine extreme Vorfreude in mir, aber auch ein ordentliches Kribbeln. Ich habe mir sehr viele Gedanken gemacht, wie das alles ablaufen wird. Das war mir ja überhaupt nicht richtig bewusst. Ich kam vom Jugendtraining mit meinen üblichen Jungs und stand auf einmal zusammen mit erfahrenen Profis und echten Stars auf dem Platz.

Wie haben Sie sich dann angestellt?

Raschl: Vom Spielerischen her konnte ich gut mithalten, aber ich habe danach gut gepumpt. Es herrschte ein ganz anderes Tempo, als ich es kannte. Der Körperlichkeit eines 30-Jährigen etwas entgegenzusetzen, war schon eine Hausnummer. Lukasz Piszczek war wirklich eine Maschine. Wie der mit dir in den Zweikampf gegangen ist, so etwas hatte ich noch nie erlebt.

Wer war bei den Profis Ihre erste Bezugsperson?

Raschl: Marcel Schmelzer. Das blieb er auch über meine gesamte Zeit beim BVB. Er hat mir neben dem Platz viel geholfen und erklärt, wie der Hase läuft. Je länger ich dabei war, desto mehr hat sich auch Marco Reus um mich gekümmert, gerade was Taktik angeht. Zudem noch Emre Can und Mo Dahoud, weil die wie ich im Zentrum spielten und mir positionsspezifisch helfen konnten.

Tobias Raschl bei den BVB-Profis im Trainingslager in Marbella 2019.
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Tobias Raschl bei den BVB-Profis im Trainingslager in Marbella 2019.

Im März 2019 unterschrieben Sie schließlich Ihren ersten Profivertrag über drei Jahre. Welche Perspektive hat man Ihnen damals aufgezeigt?

Raschl: Ich wurde kompletter Teil des Profikaders. Dazu bestand die Option, dass ich Spielpraxis in der U23 sammle, wenn ich es bei den Profis nicht in den Spieltagskader schaffe. Es hieß, man gebe mir Zeit. Nach einer Saison zum Eingewöhnen sollte aber der nächste Schritt erfolgen, damit ich nach den drei Jahren bereit für mehr bin.

Es gab vor Ihrer Unterschrift auch Gerüchte über ein Interesse von Bayern München. War da etwas dran?

Raschl: Nein. Ich bekam das mit, weil mir meine Kumpels die Berichte zugeschickt haben. Das war wohl aber mehr so ein Internet-Ding als eine echte Tatsache. Ich war jedenfalls nie in München und habe mir den Campus angeschaut. Mein Berater hatte damals mit Dortmund und auch anderen Vereinen gesprochen, aber es war mein Wille, beim BVB zu bleiben.

Tobias Raschl: Die Leistungsdaten beim BVB und in Fürth

MannschaftPflichtspieleToreVorlagenSpielminuten
Borussia Dortmund U1723881845
Borussia Dortmund U1953954142
Borussia Dortmund U236614155101
Borussia Dortmund1--25
Greuther Fürth4--173