BVB - Ex-Talent Tobias Raschl von Greuther Fürth im Interview: "Der BVB wollte, dass ich ekliger werde"

Raschl wurde auch mit einem Wechsel zum FC Bayern in Verbindung gebracht.
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Zur Saison 2019/20 waren Sie der U19 schließlich entwachsen und haben die gesamte Sommervorbereitung inklusive USA-Reise bei den Profis mitgemacht. In einem Testspiel gegen den 1. FC Schweinberg schossen Sie auch das erste BVB-Tor der Saison. Wie lange hat es gedauert, bis Sie das alles realisiert haben?

Raschl: Das brauchte seine Zeit. Ich würde sagen, nach zwei Monaten war ich auch vom Kopf angekommen. Es war ja schon ein Einschnitt, da damals viele aus der Jugend unterschiedliche Wege gingen und ich nicht mehr ständig mit ihnen zusammen war. Mir blieb vor allem Luca Unbehaun, mit dem ich auch zusammen den Profivertrag unterschrieben hatte.

Sie sind in der Folge zwischen erster und zweiter Mannschaft gependelt, für die Sie 15 Mal in der Regionalliga West aufliefen. Trotz mehrerer Kadernominierungen dauerte es bis zum 34. Spieltag, ehe Sie im Juni 2020 bei einer 0:4-Heimniederlage gegen Hoffenheim für 25 Minuten Ihr Bundesligadebüt gaben. Wie kompliziert war diese Pendelei zwischen den Teams?

Raschl: Das war schwer, zumal ich bei der U19 auch noch in der Youth League zum Einsatz kam. Ich bin quasi zwischen drei Trainern gependelt. Es war gut, dass ich Otto Addo hatte. Mit ihm habe ich mich super verstanden und er half mir in allen drei Bereichen, mit den unterschiedlichen Abläufen klarzukommen. Denn ich habe ja komplett bei den Profis trainiert und kam nur zu den Spielen zur U23. Dort spricht dann der Trainer kurz mit dir und das alles musst du gefühlte 20 Minuten vor dem Anstoß aufschnappen und versuchen umzusetzen. Oft war es daher ein Auf und Ab. Ich habe mich der U23 auch nicht wirklich zugehörig gefühlt, weil ich anfangs viele Jungs nicht kannte und sie nur einmal am Wochenende gesehen habe.

Tobias Raschl im Gespräch mit dem ehemaligen BVB-Trainer Lucien Favre.
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Tobias Raschl im Gespräch mit dem ehemaligen BVB-Trainer Lucien Favre.

Wie sah in dieser Zeit Ihre Beziehung mit Trainer Lucien Favre aus, welche Rückmeldung haben Sie von ihm bekommen?

Raschl: Es war witzig, dass er uns immer gesiezt hat. Das war irgendwie sein Tick. Er meinte dann: Tobi, Sie müssen weitermachen, Sie müssen Gas geben, Sie sind auf einem guten Weg, ich mag, wie Sie spielen. Er hat nie so richtig konkret den Nagel in die Wand gehauen und gesagt, ich brauche dies und jenes von dir. Es war eher dieses Ruhige: Alles ist gut, Sie brauchen noch Ihre Zeit. Wenn er mich in den Kader berief, sagte er, ich hätte es verdient. Daher habe ich auch oft gehofft und darauf gewartet, dass ich zum Einsatz komme, zumal ich auch von den Spielern gutes Feedback zu meinen Trainingsleistungen bekam.

Waren Sie sauer, dass Sie so häufig nicht eingewechselt wurden und es sich mit Ihrem Debüt so lange hinzog?

Raschl: Als ich die ersten beiden Male im Kader stand nicht, da war ich einfach nur glücklich. In allen Spielen danach habe ich mich schon geärgert, dass ich nicht reinkam. Natürlich habe ich mich mit der Mannschaft über die Siege gefreut, aber man muss auch an sich selbst denken. Es brachte mir nichts, in jedem Spiel auf der Bank zu sitzen und nichts beitragen zu können. Da habe ich mich abends oft sehr geärgert und mich mit meinem Bruder über WhatsApp ausgetauscht.

Wie hat Favre als Mensch auf Sie gewirkt?

Raschl: Er war ein sehr spezieller Typ, aber im positiven Sinne. Er ist ein super Mensch. Bei ihm lief nichts hintenrum, weil er eine ehrliche Haut ist. Er ist auch keiner, der auf den Tisch haut und irgendjemanden zur Sau macht. Ich fand sein Training klasse, denn er hat viel Wert auf den technischen Bereich gelegt und bei den Übungen auch selbst mitgemacht. Ich habe nicht viel bei ihm gespielt, aber wir hatten ein gutes Verhältnis. Was ich schön fand: Als er gehen musste, rief er mich an, verabschiedete sich und wünschte mir alles Gute.

Was hat Ihnen denn gefehlt, um häufiger zum Einsatz zu kommen?

Raschl: Man wollte von mir, dass ich ekliger und härter werde, gerade im Zweikampfverhalten. Das war das große Thema. Ich sei ein sehr lieber Spieler, der keinen einfach mal so weggrätscht und solle mehr Mentalität und Ego einbringen. Das hat sich später, als ich überwiegend in der Zweiten gespielt habe, auch verbessert. Auch das Feedback von oben wurde dann besser.

Am 27. Juni 2020 kam Tobias Raschl beim BVB zu seinem Bundesligadebüt.
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Am 27. Juni 2020 kam Tobias Raschl beim BVB zu seinem Bundesligadebüt.

In Ihren letzten Jugendjahren standen Sie in jedem Spiel auf dem Feld und es ging meist nur nach oben. Wie schwer war es, sich daran zu gewöhnen, dass es nicht mehr so ist?

Raschl: Ich hatte Probleme, das zu verstehen und damit klarzukommen. Ein Bankplatz war mir ja völlig fremd. Das war daher eine große Umstellung für meinen Kopf. Allerdings habe ich auch nie vergessen, bei welchem Klub ich diese Situation durchlebe. Dort tummelten sich die Stars und Nationalspieler. Dennoch wollte ich trotzdem einen Weg finden, um an ihnen vorbeizukommen und zu spielen.

Mit welchem Fazit sind Sie dann aus dieser ersten in die nächste Saison gegangen?

Raschl: Der Einsatz am letzten Spieltag machte mir Hoffnung, dass ich bald viele weitere Bundesligaminuten sammeln kann. Ich habe das erste Jahr als eine Art Aus- und Weiterbildung gesehen. Ich muss auch sagen, dass ich damals körperlich einfach noch nicht so weit und eher noch ein Jugendspieler war. Das konnte man mir schon ankreiden. Ich habe dann mit einem Personal Trainer in Düsseldorf zwei-, dreimal die Woche nebenbei an meiner Athletik und Spritzigkeit gearbeitet, um auf dem Platz standhafter zu werden.