Die McLaren-Garage war schon vor dem letzten Rennen des Jahres in Feierlaune. Freudig sprang CEO Zak Brown durch die Box und klatschte lachend die jubelnde Crew ab - der erste Konstrukteurstitel seit 26 Jahren war schon in diesen Momenten greifbar. Denn nur Sekunden zuvor hatten die McLaren-Stars Lando Norris und Oscar Piastri das Qualifying beim Saisonfinale in Abu Dhabi dominiert.
Norris brannte am Samstag in 1:22,595 Minuten die schnellste Runde in den Asphalt, Teamkollege Piastri landete knapp zwei Zehntel dahinter. "Die erste Reihe ist für das Team traumhaft. Hoffentlich geht es morgen so weiter", jubelte der Australier. Auch Brown lobte seine Schützlinge. "Lando und Oscar haben gute Runden hingelegt, der perfekte Start. Jetzt fokussieren wir uns auf morgen", sagte der US-Amerikaner bei Sky.
McLarens Konkurrent Ferrari schaut hingegen in die Röhre. Carlos Sainz wurde zwar Dritter, weil Charles Leclerc in Q2 auf seiner schnellen Runde in Kurve eins Zentimeter abseits der Strecke unterwegs war, wurde dessen Zeit aber gestrichen. Nico Hülkenberg überraschte in seinem Haas mit einem herausragenden vierten Platz - musste diesen später aber wieder abgeben.
Letztes Rennen der Saison: "Wir haben nichts zu verlieren"
Der Monegasse Leclerc fiel im Klassement auf Rang 14 zurück, kassierte für das Rennen am Sonntag (14.00 Uhr) wegen einer neuen Batterie allerdings obendrein eine Zehn-Plätze-Strafe - startet also aus der letzten Startreihe. Ganz abschreiben will Leclerc die WM aber noch nicht. McLaren habe "die ganze Saison" zwar "einen super Job gemacht, wieso sollten sie das morgen nicht machen - vielleicht können wir es aber noch schaffen", sagte er.
Von dem Handicap will sich auch McLaren-Teamchef Andrea Stella aber "überhaupt nicht" blenden lassen. "Wir sprechen immer noch über Charles und Ferrari - eine tolle Kombination", sagte der Italiener. Es würde ihn nicht überraschen, "wenn sie trotzdem vorne mitkämpfen".
Die Team-WM zum ersten Mal seit 26 Jahren nach Woking zu holen, wäre für ihn etwas ganz Besonderes. "McLaren ist ikonisch, prestigeträchtig und eins der wichtigsten Teams der Formel 1. Es wäre ein Stück Geschichte und wir wären sehr stolz darauf, dieses Vermächtnis weiterzuführen", schwärmte Stella.
Sainz, der nach dem Rennen die Scuderia in Richtung Williams verlässt, konnte immerhin den Anschluss halten. "Es wird meine letzte Chance auf einen Sieg für einige Zeit sein. Wir haben morgen nichts zu verlieren", sagte er. Es wäre ein rotes Wunder. 21 Punkte muss Ferrari am Sonntag aufholen.
Desaster bei Mercedes und Hamilton: "Unentschuldbar"
Auch Rekord-Champion Lewis Hamilton braucht ein magisches Rennen. Ausgerechnet an seinem letzten Rennwochenende für Mercedes - 2025 fährt er für Ferrari - schied er schon im Q1 aus. Weil er spät rausgeschickt wurde und sich in den entscheidenden Minuten ein loser Poller im Frontflügel des Briten verfing, landete er nur auf Platz 18.
Teamchef Toto Wolff sah den Fehler eindeutig beim Team: "Es ist unentschuldbar. Lewis' letztes Rennen bei uns, und wir machen einen auf schlau." Auch Hamilton selbst konnte sein Unglück kaum fassen. "Ich bin so weit hinten. Ich dachte, ich würde ums Podium kämpfen und muss jetzt hoffen, überhaupt in die Punkte zu fahren", sagte er.
Der Emmericher Hülkenberg brillierte in seinem letzten Qualifying zunächst für sein Team. Ab 2025 geht er für Sauber bzw. Audi an den Start. Seinen vierten Platz durfte er aber nicht behalten. Weil er aber in Q2 in der Boxengasse zwei Autos überholt hatte, erhielt er eine Strafversetzung um drei Plätze. Diese kommt zur Unzeit: Gemeinsam mit Teamkollege Kevin Magnussen, der ebenfalls den US-Rennstall verlassen wird, kämpft er noch gegen Alpine um Platz sechs in der Team-WM. Der Däne fiel gegen Hülkenberg auf Platz 15 deutlich ab. Geschätzte zehn Millionen Euro liegen zwischen den einzelnen Rängen im WM-Klassement - für das Budget eines kleinen Teams wie Haas eine enorme Summe. Nun startet Hülkenberg direkt hinter Alpines Pierre Gasly auf Platz sieben.