Zuerst jubelte Svetlana Kuznetsova noch eher verhalten. Nachdem Donna Vekic (KroatienI) nach knapp 2:32 Stunden Spielzeit eine letzte Vorhand ins Seitenaus geschlagen hatte, rief die Russin kurz ihre Freude heraus, streifte sich dann ihr Stirnband ab und trottete gedankenversunken zum Netz.
"...wenn du gewinnst, hebt dich jeder in den Himmel"
Ihr erster Titel nach rund 21 Monaten entfaltete erst wenig später so richtig seine Wirkung. Kuznetsova sprang mit einem Riesensatz noch einmal auf den Court zurück und ließ sich vom Publikum in der US-Metropole feiern. Es war eine Mischung aus großer Genugtuung und tiefster Zufriedenheit, die die 33-Jährige dabei empfand. Nach dem Motto: Ich kann es noch und habe es bewiesen - auch mir selbst.
p>"Ich hatte eine schwierige Zeit nach meiner Handgelenks-OP", erzählte sie und ließ tief blicken: "Es ist hart, weil dieser Sport ein bisschen anders ist, Psychologie spielt hier eine große Rolle. Wenn du verlierst, fühlst du dich schlecht. Und wenn du gewinnst, hebt dich jeder in den Himmel."
Kuznetsova hatte schon mit dem Karriereende geliebäugelt
Kuznetsova, aus einer äußerst erfolgreichen Radfahrer-Familie stammend und bereits seit 2002 als Profi auf der WTA-Tour unterwegs, hat sich von den Niederlagen nach ihrem Comeback im März (acht in elf Matches) nicht zermürben lassen.
Auch nicht vom zwischenzeitlichen Sturz auf Platz 128 des Rankings, der der US-Open-Siegerin von 2004 und French-Open-Königin von 2009 bei ihrer Rückkehr vieles erschwerte. "Das wichtigste ist, die Ruhe zu behalten", sagte "Sveta", die im Halbfinale von Washington Andrea Petkovic (Darmstadt) bezwungen hatte, über ihre Mental-Strategie.
Nach dem stotternden Comeback im Frühjahr hatte die Russin allerdings auch ein kurzfristiges Karriereende nicht ausgeschlossen. "Ich werde bis zum Moment des Rücktritts kämpfen, aber ich bin es leid, so zu spielen. Ich habe immer gesagt, dass ich noch ein paar Jahre dabeisein will. Aber nur, wenn ich gut spiele und zu den Besten gehöre. Sollte ich weiter verlieren, wird es nicht mehr lange dauern", hatte Kuznetsova damals gesagt.
Die Ballvirtuosin ist wieder zurück in den Top 100
Alles Schnee von gestern für die Kämpfernatur aus St. Petersburg, die immer ein wenig lethargisch über den Platz läuft, aber eine der wenigen noch verbliebenen Ball-Virtuosinnen ist. Durch ihren zweiten Washington-Triumph nach 2014 (ihr 18. WTA-Einzeltitel insgesamt) kletterte die ehemalige Weltranglistenzweite immerhin auf Platz 87 im WTA-Ranking.
Nächste Station ist Cincinnati (ab 13. August), danach warten die US Open (ab 27. August) auf Kuznetsova. Dort vor den Toren New Yorks, im Corona Park in Flushing Meadows, hatte sie vor 14 Jahren ihren ersten Grand-Slam-Titel gewonnen. Im Finale gegen ihre Landsfrau Elena Dementieva. Es erscheint wie aus einer anderen Zeit...!
In puncto Zukunft jedenfalls hat "K27" ihre ganz klaren Vorstellungen. "Wenn ich 35 bin, möchte ich nicht mehr Tennis spielen, das ist meine Grenze. Danach will ich mir selbst eine Chance geben und ein anderes Leben führen", betonte die Altmeisterin.