"Beckers Einfluss wird überschätzt"

Von red
Boris Becker, seit Sommer 2017 Head of Men´s Tennis im DTB
© Jürgen Hasenkopf
Cookie-Einstellungen

Mit Dominic Thiem und Marin Cilic sind nur zwei Top-Ten-Männer in dieser Woche im Einsatz. Ein Zeichen dafür, dass sich der Wettbewerb überlebt hat?

Alexander Antonitsch (Eurosport): Ja - und wenn die Spieler jetzt gemeinsam mit der ATP den World Team Cup Neu wirklich realisieren, dann muss sich die ITF mit ihrem Davis Cup warm anziehen. Für mich ist es einfach nur unverständlich, dass die Funktionäre bei der ITF nicht auf die Spieler (auch nicht auf die Topspieler) hören und die mehr als notwendigen Reformen angehen.

Jörg Allmeroth (tennisnet): Er hat sich eigentlich nicht überlebt. Aber der Davis Cup befindet sich im Würgegriff anderer kommerzieller Interessen, siehe Laver Cup. Zudem lasten die ewigen, ungelösten Probleme auf ihm, etwa der unstrukturierte Tenniskalender, die Terminnot. Schließlich sind die teils schrecklichen Reformpläne der ITF eine latente Gefahr, vor allem Finalrunden an einem neutralen Ort.

Uwe Semrau (DAZN): Seit langem ein Zeichen dafür, wie unglücklich die Terminplanung und die nötige Harmonisierung der ITF mit der ATP in den letzten Jahren gelaufen ist. Es gibt Wochen genug im Kalender, auch für die Wettbewerbe der Teams. Oder warum tauchen plötzlich kommerziell attraktive Events am Ende der Saison auf? Inklusive der Topstars.

Oliver Faßnacht (DAZN/Eurosport): Murray, Djokovic, Wawrinka: verletzt. Nadal, Carreno Busta, Dimitrov: Spanien und Bulgarien sind nicht im Einsatz. Federer: muss mehr, denn je, auf seinen Körper achten. Zverev: siehe oben. Bleiben als noch zwei aus den Top 10, die realistisch wären... und beide sind gemeldet: Cilic und Thiem. Die Wertigkeits-Beurteilung wird mir oft zu einseitig an Weltranglisten-Platzierungen der teilnehmenden Spieler ausgerichtet. Wie können wir auf der einen Seite immer an die großen Davis-Cup-Duelle der Vergangenheit erinnern, auf der anderen Seite aber denen, die sich auf diesen ganz besonderen Moment, für ihr Land zu spielen, freuen, den Spaß durch ständige Miesmacherei verderben? Das passt nicht! Mir wird viel zu laut über die Abwesenden gesprochen... das ist respektlos den Nominierten gegenüber. Mir ist schon klar, dass die Strahlkraft auch von Stars abhängig ist - die Wettkampf-Qualität, sowie die besondere Davis-Cup-Atmosphäre, allerdings nicht.

Marcel Meinert (SKY): Ich finde den Davis Cup von seinem Modus her eigentlich immer noch faszinierend, aber unter den derartigen Voraussetzungen und mit der aktuellen Terminierung scheint er nicht zukunftsfähig zu sein. Für eine sinnvolle Reformierung müssten aber ITF, Spieler & Verbände, womöglich auch die ATP und die Turnierveranstalter ihre Ideen an einem Tisch zusammenbringen und gemeinsam nach einer Lösung suchen. Davon scheint man aber ein gutes Stück entfernt. Anders sind Bemühungen in eine Wiederbelebung des World Team Cups sowie der Hype um den Laver Cup nicht erklärbar. Jeder kocht sein eigenes Süppchen.