NFL

"Das kann man sich in dieser Liga nicht erlauben": Panik-Index aller NFL-Teams mit 0-2-Bilanz - wo die Saison bereits verloren ist

Von Stefan Petri
NFL
© getty

Nach Week 2 der neuen NFL-Saison stehen insgesamt neun Teams noch ohne Sieg da. Darunter Kellerkinder wie die Carolina Panthers und New York Giants, aber auch vermeintliche Titelanwärter wie die Baltimore Ravens und Cincinnati Bengals. SPOX macht den Check: Wer darf noch berechtigte Hoffnungen auf die Playoffs hegen - und wo ist bereits Panik angebracht?

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Neuer Tiefpunkt für Bryce Young - gleich drei Star-Receiver verletzt

Playoff-Chancen in der NFL: Nach 0-2 besteht noch Hoffnung - nach 0-3 nicht mehr

Nach zwei von 17 gespielten Wochen stehen genau neun Teams mit einer perfekten Bilanz von 2-0 da, neun weitere Franchises warten noch auf ihren ersten Erfolg. Den Überfliegern widmen wir uns im Wochenverlauf, diesmal soll der Fokus auf den sieglosen Teams liegen. Und hier lautet die erste Frage zwangsläufig: Kann man die Playoffs nach zwei Pleiten zum Auftakt schon abschreiben?

Die Antwort: Nicht ganz. Seit 2021 gibt es 17 Saisonspiele, in diesen drei Jahren starteten insgesamt 21 Teams 0-2. Davon erreichten zwei die Playoffs, darunter die Houston Texans im vergangenen Jahr. Dehnt man die Sample Size weiter aus und schaut zurück bis 1990 - damals wurde das Playoff-Format mit zwölf Plätzen eingeführt - liegen die Chancen auf eine Postseason-Teilnahme nach 0-2-Start bei knapp über zehn Prozent. Rein statistisch gesehen dürfte es also gerade mal einer der neun Fehlstarter noch in die Playoffs schaffen.

Wer auch am kommenden Wochenende verliert, kann ohnehin schon für 2025 planen: Seit 2002 begannen 103 Teams ihre Saison mit drei Pleiten, nur ein einziges konnte das noch drehen (die Texans im Jahr 2018). Week 3 ist also das sprichwörtliche "Must-Win-Game".

Gleichzeitig gilt: 0-2 ist nicht gleich 0-2. Deshalb analysieren wir an dieser Stelle statt den üblichen Gewinnern und Verlieren vom Wochenende die Situationen der neun 0-2-Teams und vergeben auf dem "Panik-Index" einen (= "Es wird alles wieder gut.") bis zehn (= "Die Saison kann man abschreiben!") mögliche Punkte.

NFL
© getty

Baltimore Ravens

  • Ergebnisse: 20:27 vs. Chiefs (A), 23:26 vs. Raiders
  • Nächste Gegner: Cowboys (A), Bills, Bengals (A)

Nach der knappen Niederlage im Season Opener beim Titelverteidiger konnten sich die Ravens noch vergleichsweise gut fühlen, doch der Kollaps daheim gegen Las Vegas sorgt für Alarm. Zum ersten Mal seit 2020 hat Lamar Jackson zwei Spiele in Folge verloren - und beim letzten 0-2-Start von John Harbaugh (2015) verpasste das Team am Ende klar die Playoffs (5-11). "Wir müssen unser Mojo finden", beschwor Quarterback Jackson: "0-2, das bin ich nicht gewohnt." Zum vierten Mal seit 2022 haben die Ravens einen zweistelligen Vorsprung im Schlussviertel hergeschenkt, niemand war in dieser Hinsicht noch schlechter.

Die Probleme sind vielfältig: Lamar bringt die langen Pässe nicht an (1/9 bei Pässen über 20 Yards), die Passverteidigung lässt jede Menge Big Plays zu (schon zehn Completions über mindestens 20 Yards), sogar Kicker Justin Tucker trifft nicht mehr wie gewohnt aus der Distanz (1/7 aus mindestens 50 Yards seit 2023). Immerhin ist das Lazarett nicht prall gefüllt, so scheinen die meisten Probleme lösbar zu sein. Die nächsten drei Gegner haben es allerdings in sich - und zwei der drei Spiele müssen die Ravens eigentlich gewinnen ..

Panik-Index: 4/10 (Harbaugh: "Wir wissen, dass wir ein gutes Football-Team sind. Wir werden uns weiter stetig verbessern.")

NFL
© getty

Carolina Panthers

  • Ergebnisse: 10:47 vs. Saints (A), 3:26 vs. Chargers
  • Nächste Gegner: Raiders (A), Bengals, Bears (A)

Ein Touchdown in zwei Spielen. 2/22 bei Third Down. Zwei erste Halbzeiten mit insgesamt sieben First Downs und einem Punkteverhältnis von 3:50 (insgesamt 13:73). Desaströse Werte in der Defensive, im Pass Blocking und Run Blocking. Seit 2019 ist kein Team mehr so schwach in eine Saison gestartet. Noch schlimmer: Eigentlich macht in Carolina überhaupt nichts Hoffnung. Es lag nicht alles an Quarterback Bryce Young, aber der brachte es gegen die Chargers mit 18 Completions auf gerade mal 84 Yards Raumgewinn - Negativrekord in der Geschichte der Liga.

Man kann Head Coach Dave Canales nicht vorwerfen, dass er es in Week 3 mit Youngs Ersatzmann Andy Dalton versuchen will. Der Rotschopf ist mit seinen 36 Jahren immer noch ein solider Backup, so kann man zumindest den Rest des Kaders auswerten und Young mit einer längeren Pause vielleicht noch retten. Vielleicht. Realistisch gesehen spricht alles dafür, dass die Panthers 2025 einen neuen QB draften werden. Mit dem ersten Pick. Denn: Einen QB als Top-Pick im Draft auf die Bank zu schicken, und zwar nicht verletzungsbedingt, das gab es laut ESPN in der Draft-Ära (seit 1967) noch nie.

Panik-Index: 10/10 (Nur noch 15 Spiele, dann ist es endlich vorbei)

NFL
© getty

Cincinnati Bengals

  • Ergebnisse: 10:16 vs. Patriots, 25:26 vs. Chiefs (A)
  • Nächste Gegner: Commanders, Panthers (A), Ravens

Die Auftaktpleite gegen die Patriots war ein herber Rückschlag, im Spiel gegen den Titelverteidiger kann man sich aus Sicht der Bengals wenig vorwerfen. Gegen Mahomes spielt man seit Jahren nur enge Spiele, diesmal machte eine Pass-Interference-Strafe bei 4th-and-16 den Unterschied. Positiv: Quarterback Joe Burrow sah im Passspiel so gut aus wie schon lange nicht mehr aus und wurde von seiner O-Line zudem sehr gut beschützt.

Was Sorgen macht: Star-Receiver Ja'Marr Chase hat immer noch keinen neuen Vertrag bekommen und ist dementsprechend angesäuert, Nebenmann Tee Higgins hat Oberschenkelprobleme. Auch in der Defensive Line häufen sich die Verletzungen. Und dann sind da schon sechs Fumbles nach zwei Spielen (letzte Saison nur 10 insgesamt). Aber das wird wohl kaum so weitergehen. Außerdem ist der Spielplan der nächsten Wochen erst einmal sehr freundlich.

Panik-Index: 3/10 (In zwei Wochen steht man bei 2-2 und alles ist wieder okay)

NFL
© getty

Denver Broncos

  • Ergebnisse: 20:26 vs. Seahawks (A), 6:13 vs. Steelers
  • Nächste Gegner: Buccaneers (A), Jets (A), Raiders

Die Broncos-Offense muss sich vor der aus Carolina nicht verstecken. Den Wildpferden gelang ebenfalls erst ein Touchdown in der Offensive (kurz vor Schluss gegen Seattle), Quarterback Bo Nix' gute Form aus der Preseason hat sich in Luft aufgelöst. Bei Pässen von fünf oder mehr Yards das Feld runter steht der Rookie bei 11/36 für 212 Yards und vier Interceptions - Hilfe! Das Running Game bringt ebenfalls nichts ein, und so stand man gegen Pittsburgh zur Pause bei drei First Downs und 62 Yards Raumgewinn. Zumindest beherrscht Nix das Spiel mit den Medien schon. Was bei seiner Interception passiert sei? "Oh ja. Ich bin zurückgelaufen und hab den Ball zum Gegner geworfen." Hätten wir das auch geklärt.

Immerhin haben die Broncos eine Top-10-Defense vorzuweisen. Vermeidet das Team von Sean Payton in Zukunft die Ballverluste, ist so noch der eine oder andere Sieg drin - am besten schon bei den Bucs. Insgesamt wird die Saison aber als Feuertaufe für Nix genutzt wurden. Bisher konnte der 24-Jährige noch nicht unter Beweis stellen, dass er der Mann der Zukunft ist.

Panik-Index: 8/10 (Head Coach und Defense sind besser als nichts - gell, Carolina?)

NFL
© getty

Indianapolis Colts

  • Ergebnisse: 27:29 vs. Texans, 10:16 vs. Packers (A)
  • Nächste Gegner: Bears, Steelers, Jaguars (A)

Aktuell legen die Quarterbacks der NFL insgesamt eher magere Statistiken auf, die Zahl der Passing Yards und Touchdowns geht schon seit zwei Jahren zurück. Umgekehrt wird es allerdings nicht weniger wichtig, das gegnerische Laufspiel zu stoppen - und da stinken die Colts bislang richtig ab, so drastisch muss man es formulieren. Erst legten die Texans 213 Rushing Yards auf, danach die ohne Jordan Love eindimensionalen Packers 237 Yards. In der ersten Hälfte! Mit Malik Willis als QB. Das ist blamabel.

Das eigene Laufspiel funktionierte gegen Green Bay gut (140 Yards, 7,8 Yards pro Carry), aber dafür schalteten die Packers den tiefen Ball von Quarterback Anthony Richardson aus (drei Interceptions). Der spielt in seinem zweiten Jahr so spektakulär wie inkonstant und braucht einfach noch jede Menge Reps. Insofern wäre auch ein Jahr ohne Postseason kein verlorenes Jahr in Indianapolis. Zwei Siege müssen in den nächsten drei Wochen her, sonst sind die Playoffs weg. Angesichts der kommenden Gegner darf man noch hoffen.

Panik-Index: 6/10 (Wenn man die Run Defense in den Griff bekommt ...?!)

NFL
© getty

Jacksonville Jaguars

  • Ergebnisse: 17:20 vs. Dolphins (A), 13:18 vs. Browns
  • Nächste Gegner: Bills (A), Texans (A), Colts

Die Dolphins hatte man fast schon geschlagen, bevor Running Back Travis Etienne den Ball kurz vor der gegnerischen Endzone fumbelte. Gegen die Browns schafften es Trevor Lawrence und Co. gleich viermal in die Redzone - und schrieben dabei nur einen einzigen Touchdown an. 5/19 bei Third Down, dazu werden Nr-1-Receiver Christian Kirk und Rookie Brian Thomas Jr. noch nicht genug ins Spiel eingebunden. Gefühlt schlugen sich die Jags bislang mit dummen Fehlern mehr oder weniger selbst. "Wir waren zweimal innerhalb der 5-Yard-Linie und punkten nicht. Das kann man sich in dieser Liga nicht erlauben", stöhnte Lawrence am Sonntag.

Das Problem: Gegen die bisherigen Gegner hätte man mindestens einen Sieg holen müssen. Nun stehen zwei harte Auswärtsspiele an, danach könnte die Saison bereits vorbei sein: Nach einem 0-4-Start schafften bisher nur die San Diego Chargers den Einzug in die Playoffs. Vor 32 Jahren.

Panik-Index 7/10 (3/14 - Lawrence ist bei Third Down noch schlechter als Bryce Young!)

NFL
© getty

Los Angeles Rams

  • Ergebnisse: 20:26 (OT) vs. Lions (A), 10:41 vs. Cardinals (A)
  • Nächste Gegner: 49ers, Bears (A), Packers

Der Auftritt bei den Lions machte Mut, gegen die Cards ließ man sich mehr oder minder abschlachten. Die Probleme im Laufspiel sind aus dem letzten Jahr bekannt, bislang aber nicht besser geworden: Die Gegner stehen bei fast 400 Yards Raumgewinn, L.A. selbst bei 136 (und einem schwachen Schnitt). Kann also Quarterback Matt Stafford die Kohlen aus dem Feuer holen? Nicht, wenn Coach Sean McVay in der O-Line und bei den Receivern die Spieler ausgehen.

Von Arizona wurde Stafford fünfmal gesackt, nach Puka Nacua hat sich nun auch der zweite Top-Receiver Cooper Kupp verletzt. In den letzten Jahren waren die Rams nie sonderlich tief, das sind sie in diesem Jahr auch nicht. "Uns gehen die Plätze auf der Injured-Reserve-Liste aus, und es ist nicht einmal Week 3", stöhnte McVay, nachdem sich Guard Jonah Jackson und Safety John Johnson III auch noch verletzten. Irgendwie müssten die Rams die nächsten drei Wochen überstehen, danach könnte es beim Personal etwas besser aussehen. Wie man in der aktuellen Form die Niners und Packers schlagen will, ist aber ein Rätsel.

Panik-Index: 9/10 (Es droht das Jahr aus der Hölle)

NFL
© getty

New York Giants

  • Ergebnisse: 6:28 vs. Vikings, 18:21 vs. Commanders (A)
  • Nächste Gegner: Browns (A), Cowboys, Seahawks (A)

Der Auftakt gegen die Vikings war fatal, dann sah Quarterback Daniel Jones gegen Washington tatsächlich etwas besser aus. Weil der angeschlagene Kicker Graham Gano aber direkt nach dem Opening Kickoff nicht mehr konnte - und das Team nicht vorgesorgt hatte! - konnte gegen die Commanders nicht mehr gekickt werden. So erzielten die Giants am Sonntag drei Touchdowns, der Gegner keinen. Und man verlor dennoch. Der einzige Lichtblick bisher: Rookie-Receiver Malik Nabers (25 Targets), der einen sehr guten Eindruck macht.

Das wird aber nicht reichen, um auch nur ansatzweise um die Playoffs mitzuspielen. Mehr noch: Gewinnen die Giants nicht am kommenden Sonntag in Cleveland, ist ein 0-8 angesichts des Spielplans nicht unrealistisch. Ein paar Wochen könnte Jones so noch bekommen, aber wenn man ohnehin nicht langfristig auf ihn setzt, droht früher oder später die Bank. Sollte er sich verletzen, garantieren sich von seinem Gehalt für 2025 nämlich 23 Millionen Dollar ...

Panik-Index: 9,5/10 (Die Ära Daniel Jones neigt sich dem Ende zu)

NFL
© getty

Tennessee Titans

  • Ergebnisse: 17:24 vs. Bears (A), 17:24 vs. Jets
  • Nächste Gegner: Packers, Dolphins (A), Bye Week, Colts

Die Titans sind nur ein paar Plays von einem 2-0-Start entfernt, nicht umsonst hat die Defense insgesamt erst drei Touchdowns zugelassen. Wo die vielen gegnerischen Punkte herkommen? Schuld sind zwei geblockte Punts - und unerklärliche Aussetzer von Quarterback Will Levis. Seine Pose nach dem Pick-Six gegen die Bears ist bereits Kult, den Fumble gegen die Jets kommentierte sein eigener Coach Brian Callahan mit den Worten: "What the f*ck are you doing?" Derart brutale Fehler saugen einem Team förmlich den Siegeswillen aus den Knochen. "Er ist erwachsen und weiß es eigentlich besser", erklärte Callahan seinen Ausraster. "Ich war richtig sauer, dass er uns in dieser Szene drei Punkte gekostet hat."

Was sagte der Schuldige? "Ich werde alles dafür tun, um mein Hirn neu zu verkabeln, damit ich in solchen Situationen bessere Entscheidungen treffe", erklärte Levis. Ob das erfolgreich klappt, wird sich zeigen. Andererseits: Wenn sich die Titans nicht in jedem Spiel einen Blocked Punt, eine Interception UND einen Fumble leisten, sollten sie in den kommenden Wochen konkurrenzfähig sein.

Panik-Index: 6/10 (Levis' Leine wird immer kürzer)

Artikel und Videos zum Thema