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Analyse der ungeschlagenen NFL-Teams: Warum die Saints die größte Überraschung der Saison sind

Von Constantin Eckner
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Insgesamt neun Teams konnten sich zum Saisonbeginn der NFL schadlos halten und ihre beiden Auftaktspiele gewinnen. Neben Super-Bowl-Mitfavoriten wie den Kansas City Chiefs befinden sich aber auch Überraschungen in dieser Gruppe. Welche Franchise darf sich am meisten auf den perfekten Start einbilden - und welche muss dennoch um die Playoffs zittern?

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Playoff-Chancen in der NFL: 2-0 ist noch keine Garantie

Wie wir am Dienstag in der Betrachtung der neun Teams mit 0-2-Bilanz gelernt haben, ist ein Fehlstart in den ersten beiden Saisonwochen nur noch selten aufzuholen: Knapp über zehn Prozent aller Teams mit zwei Niederlagen zum Auftakt schafften seit 1990 noch den Sprung in die Playoffs. Wie aber sieht es im umgekehrten Fall aus?

Seit dem Zusammenschluss von NFC und AFC im Jahr 1970, dem sogenannten "Merger", sind insgesamt 411 Teams mit 2-0 in die Saison gestartet. Davon schafften am Ende 262 Teams den Einzug in die Postseason, das macht genau 63,7 Prozent. Heißt: Statistisch gesehen würden von den neun unbesiegten Teams drei am Ende leer ausgehen.

Zuletzt lief es allerdings etwas besser: 2022 schafften alle fünf 2-0-Teams den Einzug in die Playoffs, in der vergangenen Saison waren im Januar sechs von acht Teams noch dabei. Welchen Teams trauen wir in dieser Saison am meisten zu?

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Buffalo Bills

  • Ergebnisse: 34:28 vs. Cardinals, 31:10 vs. Dolphins (A)
  • Nächste Gegner: Jaguars, Ravens (A), Texans (A)

Vor der Saison wurde viel darüber spekuliert, inwieweit sich das Super-Bowl-Fenster der Bills so langsam schließen könnte. Head Coach Sean McDermott zog in der Vorsaison die Reißleine und tauschte seinen Offensive Coordinator. Es wirkte wie eine Verzweiflungstat, um seinen eigenen Job zu sichern. Doch McDermott hat besonders im Thursday Night Game gegen die Miami Dolphins gezeigt, dass er immer noch ein Defensivspezialist auf höchstem Niveau sein kann. Die Defensive rund um Gregory Rousseau wirkt erdrückend.

Auf der anderen Seite des Balles ist Quarterback Josh Allen weiterhin das Drehkreuz der Offensive. Aber: Gegen die Dolphins wurde Allen nicht als Läufer eingesetzt. Er verbuchte nur zwei Rushes für 2 Yards Raumgewinn. Den 28-Jährigen ein Stück weit zu entlasten und vor Verletzungen zu schützen, ist entscheidend für den nachhaltigen Erfolg der Bills.

Fazit: Die Bills spielen besser als weithin erwartet und sind wieder ein Contender.

Pittsburgh Steelers

  • Ergebnisse: 18:10 vs. Falcons (A), 13:6 vs. Broncos (A)
  • Nächste Gegner: Chargers, Colts (A), Cowboys

Mike Tomlin würde bekanntlich auch ein High-School-Team aus Montana zu ein paar Siegen in der NFL coachen. Die Steelers schienen nicht zuletzt aufgrund der problematischen Quarterback-Situation wie eine Franchise auf der Verliererstraße. Doch stattdessen finden sie unorthodoxe Wege, um ihre Partien für sich zu entscheiden. Zum Auftakt gegen die Falcons genügten sechs Field Goals, gegen schwache Broncos reichte eine mittelprächtige Leistung.

Die Steelers sind das Brot- und Butter-Team dieser Liga. Quarterback Justin Fields zeigt bislang solide Leistungen und bleibt erst einmal vor Russell Wilson gesetzt. Jedoch wird er etwas überraschend wenig als Läufer genutzt, obwohl genau darin seine größte Stärke liegt und Offensive Coordinator Arthur Smith auch für kreatives Playdesign steht.

Fazit: Die Steelers sind keineswegs ein Top-Team, aber haben genügend Mittel, um Spiele zu gewinnen.

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Houston Texans

  • Ergebnisse: 29:27 vs. Colts (A), 19:13 vs. Bears
  • Nächste Gegner: Vikings (A), Jaguars, Bills

C.J. Stroud traf in den ersten Wochen auf andere junge Quarterbacks und ging zweimal als Sieger vom Rasen. In Week 1 war seine Leistung entscheidend, in Week 2 war es vor allem die Defensive der Texans, die den Bears rund um Caleb Williams so richtig einheizte. Die Härte und sogar Brutalität, die Danielle Hunter und Co. ins Spiel bringen, erinnert an alte Zeiten in dieser Liga. Wenn die Texans spielen, knallt es gehörig, und zwar in jeder Spielphase. Ob die aktuelle Mischung ausreicht, um auch in der Postseason erfolgreich zu sein, bleibt abzuwarten. Echte Härtetests kommen nun mit den Minnesota Vikings und wenig später den Buffalo Bills.

Fazit: Ein Star-Quarterback gepaart mit einer aufgerüsteten Offensive und einer knallharten Defensive - was will man eigentlich mehr?

Los Angeles Chargers

  • Ergebnisse: 22:10 vs. Raiders, 26:3 vs. Panthers (A)
  • Nächste Gegner: Steelers (A), Chiefs, Broncos (A)

Jim Harbaugh sollte in die Politik gehen, denn er hält seine Versprechen und bleibt seiner Linie treu: Der 60-Jährige besitzt einen gewissen Old-School-Touch, ebenso wie nun die Chargers, die ein hartes und mit vielen Blockfacetten ausgestattetes Laufspiel zeigen. Running Back J.K. Dobbins kann nach unzähligen Verletzungen endlich wieder von sich reden machen. Und QB Justin Herbert muss diese Offensive nicht mehr allein auf seinem Rücken tragen.

Wer mit Scott Matlock einen 130-Kilogramm-D-Liner zum Fullback umfunktioniert, um für Dobbins den Weg freizuräumen, verdient ohnehin viel Applaus. Aber so old-schoolig ist das Ganze vielleicht ohnehin nicht, denn bis jetzt erleben wir eine sehr Laufspiel-lastige Saison, in der Quarterbacks vielfach unter 200 Passing Yards pro Spiel verzeichnen.

Fazit: Die Chargers laufen so lange mit dem Ball bis der Rasen kaputt ist oder Dobbins in der Endzone steht.

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Kansas City Chiefs

  • Ergebnisse: 27:20 vs. Ravens, 26:25 vs. Bengals
  • Nächste Gegner: Falcons (A), Chargers (A), Saints

Viel weniger überraschend als der 2-0-Start der Chargers, ist der perfekte Start des Divisionsrivalen aus Kansas City. Die Chiefs hatten das wohl härteste Auftaktprogramm aller Teams und kamen trotzdem unbeschadet davon - mehr oder weniger, wenn man den Wadenbeinbruch von Isiah Pacheco in Betracht zieht. In beiden Spielen wurde es in den Schlussminuten knapp. Am Sonntag war es einmal mehr Kicker Harrison Butker, der Clutch-Qualitäten zeigte. Aber die Chiefs verfügen - so wenig greifbar das auch sein mag - über ein Siegergen, das anderen abgeht.

Die Erfahrung dieses Teams, bereits so viele Spiele knapp für sich entschieden zu haben, ist nicht zu unterschätzen. Verletzungssorgen gibt es aufgrund des Ausfalls im Backfield trotzdem. Nun soll der frühere Running-Back-Star Kareem Hunt vom Sofa aus zu den Chiefs zurückkehren und an der Seite von Patrick Mahomes auftrumpfen.

Fazit: Es wäre wahrlich nicht verwunderlich, sollten die Chiefs wieder die AFC gewinnen und um den Championship Ring spielen.

Minnesota Vikings

  • Ergebnisse: 28:6 vs. Giants (A), 23:17 vs. 49ers
  • Nächste Gegner: Texans, Packers (A), Jets

Hand hoch: Wer hatte vor dieser Saison erwartet, dass QB Sam Darnold plötzlich wieder so richtig abliefern würde? Nach der Verletzung von J.J. McCarthy schien die Saison der Vikings, die sich ohnehin in einem soften Rebuild befinden, bereits gelaufen. Natürlich hat man mit Justin Jefferson weiterhin den wohl besten Passempfänger der gesamten Liga, aber der Kader aus Minneapolis wirkte auf den ersten Blick nicht wie jener eines Playoff-Anwärters.

Wie lange das Ganze anhält, bleibt abzuwarten. Darnold hat in der Vergangenheit schon phasenweise brilliert, nur um kurz darauf wieder eine Interception nach der anderen zu fabrizieren. Was Vikings-Fans positiv stimmen sollte, ist der Fakt, dass das eigene Team gegen die 49ers erst einen Fumble an der Goallinie und wenig später eine Interception (beide Male verursacht von Linebacker-Monster Fred Warner) her- und das Spiel dennoch nicht aus der Hand gab.

Fazit: Dieser Start kam unerwartet, aber bislang passt alles beim Team von Kevin O'Connell.

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New Orleans Saints

  • Ergebnisse: 47:10 vs. Panthers, 44:19 vs. Cowboys (A)
  • Nächste Gegner: Eagles, Falcons (A), Chiefs (A)

Head Coach Dennis Allen schien sich schon vor dem Start der Saison auf einem heißen Stuhl zu befinden. Auch wenn der 51-Jährige versprach, dass sich Offensive Coordinator Klint Kubiak und der restlichen Staff einige spezielle Dinge fürs Angriffsspiel der Saints überlegt hatten, wollte ihm wohl keiner so wirklich glauben. Aber in den ersten Wochen lief alles hervorragend zusammen: Derek Carr spielt zur Abwechslung überdurchschnittlich gut - und die Verteilung auf die diversen Receiver sowie Running Back Alvin Kamara funktioniert. Der Defensive der Cowboys eine 44-19-Abreibung zu verpassen, war ein Statement. Genau wie Scores bei den ersten 15 Drives in dieser Saison (11 Touchdowns, 4 Field Goals), das gab es nämlich noch nie.

Fazit: Eigentlich als gesichtsloses Team verschrien, sind die Saints die wohl größte Überraschung dieser ersten Wochen.

Seattle Seahawks

  • Ergebnisse: 26:20 vs. Broncos, 23:20 vs. Patriots (A)
  • Nächste Gegner: Dolphins, Lions (A), Giants

Machen wir uns nichts vor: Wenn die Seahawks spielen, wird es immer ein bisschen verrückt. Zum Auftakt gab es die zwei Safetys und insgesamt ein Schneckenrennen gegen die Broncos. In Week 2 folgte eine echte Schlacht gegen überraschend stabil wirkende Patriots, die wieder auf Rhamondre Stevenson zählen durften. Die Seahawks beeindrucken vor allem an den Seitenlinien, wo sie offensiv wie auch defensiv über mehrere Spielentscheider verfügen. Der saubere Auftakt war jedoch Pflicht in einer kompetitiven NFC West, wo mit den 49ers weiterhin zu rechnen ist und wo die Arizona Cardinals so langsam Fahrt aufnehmen.

Fazit: Auch nach dem Ende der Amtszeit von Pete Carroll bleiben die Seahawks ein Team, das chaotische Spiele mehrheitlich als Sieger verlässt.

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Tampa Bay Buccaneers

  • Ergebnisse: 37:20 vs. Commanders, 20:16 vs. Lions (A)
  • Nächste Gegner: Broncos, Eagles, Falcons (A)

Die Bucs darf generell niemand unterschätzen. Die Offensive ist auf Baker Mayfield zugeschnitten - anders als bei so manchem Team, bei dem der einstige Nummer-eins-Pick bereits als Quarterback tätig war. Zugleich liefern die offensiven wie auch defensiven Veteranen ab. In der NFC South könnte - erst recht nach dem Sieg der Falcons gegen Philadelphia - ein netter Dreikampf entfachen, während die Carolina Panthers die rote Laterne fest in beiden Händen halten. Die Bucs sind für den Dreikampf mit den Saints und den von Kirk Cousins und Bijan Robinson angeführten Falcons gewappnet.

Fazit: Ein rundum solides Team, dem lediglich der Ausfall von Safety Antoine Winfield Jr. ein wenig Kopfzerbrechen bereiten könnte.

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