NFL, Week 9 - Gewinner: Josh Dobbs (QB, Vikings)
Er war die Story vom Sonntag: Weil der etatmäßige Vikings-Quarterback Kirk Cousins mit eingegipster Achillessehne auf der Couch liegt, wurde kurz vor der Trade Deadline Josh Dobbs von den Arizona Cardinals geholt. Der 28-Jährige hatte dort in der ersten Saisonhälfte die verletzte Nummer eins Kyler Murray vertreten und dadurch Schlagzeilen gemacht, dass es sein Jersey zunächst nicht im Fanshop des Teams zu kaufen gab. Murrays Rückkehr steht bevor, also war Dobbs entbehrlich und wurde für einen nicht besonders wertvollen Draft Pick zu den Vikings verschifft.
Zunächst einmal als Backup, wohlgemerkt: Rookie Jaren Hall sollte für die Vikes starten, deshalb bekam Dobbs nach seiner Ankunft unter der Woche keinen einzigen Snap im Training mit der Offense - er wusste teilweise nicht einmal die Namen seiner neuen Mitspieler! Doch als Hall im ersten Viertel bei den Atlanta Falcons mit einer Gehirnerschütterung rausmusste, wurde Dobbs ins kalte Wasser geworfen: Vor seinem ersten Play erklärten ihm die Linemen noch schnell ihre Snap-Kadenz, im Huddle klärte er mit den Receivern ihre Routen ab. NFL-Offenses sind so brutal komplex und von Kleinigkeiten abhängig - das kann eigentlich nicht gut gehen!
Ging es zunächst auch nicht: In seiner ersten Serie wurde Dobbs in der eigenen Endzone zur Safety gesackt, in der zweiten Serie fumbelte er. Aber kurz vor der Pause warf er dann seinen ersten Touchdown-Pass und hielt das Team anschließend in Schlagdistanz, durch das Headset gecoacht von Head Coach Kevin O'Connell. Dobbs erlief den Touchdown zum 21:21 selbst, im Two-Minute-Drill zum Ende des Spiels kam dann sein großer Moment: Bei Fourth Down scrambelte er erfolgreich, 22 Sekunden vor Ende warf er dann den entscheidenden Touchdown zum Sieg.
Ein wahrhaft unglaubliches Debüt. "Als hätte man das ganze Jahr Spanischunterricht gehabt und jetzt erfährt man, dass man einen Französischtest schreiben muss", sagte Dobbs selbst. In Week 10 soll es daheim gegen die New Orleans Saints ähnlich gut laufen: Eine Startgarantie bekam er bereits.
NFL, Week 9 - Verlierer: Backup-Quarterbacks
Die Dobbs-Story ist deshalb so außergewöhnlich, weil es eben eine absolute Ausnahme ist, dass Backup-Quarterbacks gut performen - selbst wenn man Ahnung von der zu spielenden Offense hat. Man schaue sich nur diese Backups an, die am Sonntag im Einsatz waren:
- Clayton Tune (Cardinals): 11/20 für 58 Passing Yards, zwei Interceptions und einen verlorenen Fumble beim 0:27 gegen die Browns
- Brett Rypien (Rams): 13/28 für 130 Passing Yards, eine Interception und zwei Fumbles (einen verloren) beim 3:20 gegen die Packers
- Tyson Bagent (Bears): 18/30 für 220 Passing Yards, zwei Touchdowns, drei Interceptions und einen Fumble beim 17:24 gegen die Saints
- Tommy DeVito (Giants): 15/20 für 175 Yards, einen Touchdown, zwei Interceptions und sechs Sacks beim 6:30 gegen die Raiders
Hilfe! Und da ist Zach Wilson von den Jets im Monday Night Game gegen die Chargers (33/49 für 263 Yards, acht Sacks und drei Fumbles) noch ausgenommen, weil der praktisch die ganze Saison schon Starter ist. Fazit: Zu viele gute Quarterbacks gibt es in der NFL ganz sicher nicht ...
NFL, Week 9 - Pechvögel der Woche: Cam Akers (RB, Vikings) und Daniel Jones (QB, Giants)
Schwere Verletzungen sind in der NFL leider fast schon an der Tagesordnung. Für Running Back Cam Akers von den Minnesota Vikings kam es aber knüppeldick: Wie sich am Montag bestätigte, hat sich der 24-Jährige die linke Achillessehne gerissen. Es ist nicht das erste Mal für Akers - im Herbst 2021 war die rechte Achillessehne dran. Ganz bitter für den Super-Bowl-Champion mit den Rams, der erst im September aus Los Angeles nach Minnesota getradet worden war (138 Yards und ein Touchdown in sechs Spielen).
Zuvor hatte sich Akers gegen die Falcons noch bei einem Lauf von Dobbs mit einem wahren "Monsterblock" beliebt gemacht (Video hier!). "Gott hat mich noch nie im Stich gelassen, das wird er auch jetzt nicht", schrieb er auf Twitter: "Ich komme wieder." Leider erst 2024.
Ähnlich sieht es bei Daniel Jones aus. Die Giants erleben ohnehin eine absolute Seuchensaison - und die ist für Jones jetzt vorbei. Nachdem er schon mehrere Wochen mit einer Nackenverletzung ausfiel, kam gegen die Raiders nun ein Kreuzbandriss dazu. Immerhin: Seinen Vierjahresvertrag aus der Offseason über bis zu 160 Millionen Dollar kann ihm niemand mehr nehmen. Dass er auch 2024 noch der Starting QB in New York sein wird, scheint dagegen alles andere als sicher.
NFL, Week 9 - Gewinner: C.J. Stroud (QB, Texans)
Die Texans haben nicht nur einen extrem fähigen Rookie-Quarterback. Sie haben schon jetzt einen waschechten Star in ihren Reihen. 470 Passing Yards sammelte Stroud beim 39:37 über die Buccaneers, so gut war noch nie ein Rookie in der NFL-Historie. Dazu kamen dann noch fünf Passing Touchdowns, keine Interception - und ein Game Winning Drive, in dem Stroud erst sechs Sekunden vor dem Ende den entscheidenden Touchdown-Pass zum Sieg warf. Wahnsinn.
"Wenn ihr mir ein bisschen Zeit gebt, lasse ich sie büßen", sagte Stroud vor dem letzten Drive über 75 Yards zu seiner Offensive Line. Wenn das mal kein echter Leader ist. Überhaupt: 450 Yards, fünf TDs und keinen Pick gab es in der NFL zuvor erst fünfmal, ob Rookie oder nicht. "Der Junge hat es echt drauf", lobte Running Back Devin Singletary bei ESPN: "Er ist ein Kämpfer mit Killerinstinkt, er hat uns zum Sieg geführt." Für die Saison steht Stroud bei 14 Touchdown-Pässen und erst einer Interception. Heißt: Er schraubt an der vielleicht besten Rookie-QB-Saison der Geschichte!
Safety Jalen Pitre drückte es wie folgt aus: "Es hieß, sie wollten messen, wie viel Gemüse er in seinem Blutkreislauf hat - und sie haben nur Eis in seinen Venen gefunden. Er ist wirklich so: kein Gemüse, dafür aber eiskalt." Aha. Naja, Pitre ist eben NFL-Star und kein Poet.
NFL, Week 9 - Verlierer: Tyreek Hill (WR, Dolphins)
Hey, wer zum ersten NFL-Gastspiel überhaupt nach Frankfurt reisen darf, der gehört automatisch zu den Gewinnern (einen Erfahrungsbericht vom Sonntag findet Ihr hier)! Trotzdem: Die Dolphins kassierten beim 14:21 gegen die Chiefs ihre dritte Niederlage der Saison - und Hill war nicht ganz unbeteiligt.
Der frühere Chiefs-Superstar hatte vor dem Duell gegen sein Ex-Team noch große Taten angekündigt und von zwölf Catches für 250 Yards gesprochen. Am Ende wurden es sechs für ganze 62 Yards - und ein böser Fumble beim Play des Spiels, der prompt in einen Touchdown der Chiefs-Defense umgewandelt wurde.
Hill ist noch immer der produktivste Wide Receiver der Saison (1.076 Yards, 8 TDs), aber in diesem Spitzenspiel blieb er für seine Verhältnisse arg blass. Noch ist er der Favorit auf den Offensive Player of the Year - aber A.J. Brown von den Eagles (1.005 Yards) holt weiter auf.
NFL, Week 9 - Kicker der Woche: Dare Ogunbowale (Texans)
Als Running Back blieb Ogunbowale im bisherigen Saisonverlauf weitgehend blass: Zwei Läufe für vier Yards weist das Game Log des Backups auf, der 29-Jährige schaut also fast immer nur zu. Gegen Tampa Bay musste er allerdings ran - nur nicht als Running Back, sondern als Kicker. Ka'imi Fairbairn hatte sich verletzt, im Schlussviertel mussten von der 11-Yard-Linie Punkte her. Also setzte Head Coach DeMeco Ryans auf seine Geheimwaffe, schließlich hatte Ogunbowale früher auch Fußball gespielt. 29-Yard-Field-Goal zum 33:30 ... it's good!
"Ich hatte gar keine Zeit, um nervös zu werden", sagte er anschließend. "Damit hatte ich nie gerechnet, aber die Jungs haben mich unterstützt." Es blieb sein einziger Versuch, die Texans spielten nach Touchdowns lieber Two-Point-Conversions aus. Aber bei einem Sieg mit zwei Punkten Unterschied (39:37) gehörte Ogunbowale zu den Matchwinnern. Und er wurde zum ersten "Nicht-Kicker" mit einem Field Goal in der Regular Season seit Wes Welker 2004. Chapeau!
NFL, Week 9 - Gewinner: Kenny Moore (Cornerback, Colts)
Seit 2017 spielt der mittlerweile 28 Jahre alte Defensive Back Moore für die Colts. Recht erfolgreich: Bis zum Sonntag waren ihm in 95 Einsätzen immerhin 16 Interceptions gelungen. Aber nur einmal gelang ihm das, wovon jeder Cornerback träumt: den Pick direkt zum "Pick-Six" in die gegnerische Endzone zurückzutragen.
Zum Glück gibt es da aber noch Panthers-Rookie Bryce Young: Der servierte Moore beim 27:13 der Colts nicht nur dessen zweiten Pick-Six, sondern den dritten prompt hinterher. Zwei zum Touchdown zurückgetragene Interceptions in einem Spiel hatte es in der Geschichte der Colts-Franchise noch nie gegeben. "Phänomenal", lobte Head Coach Shane Steichen. "Wenn man wie er trainiert und das Tape studiert, sind solche Aktionen drin. Und heute hat er abgeliefert!"
NFL, Week 9 - Verlierer: Stefon Diggs (WR, Bills)
Ums Sportliche soll es hier nur am Rande gehen, auch wenn die Bills (5-4) nach dem 18:24 bei den Cincinnati Bengals so langsam sogar um ihren Playoff-Platz fürchten müssen. An Wide Receiver Diggs lag es nicht, der lieferte mit sechs Catches für 86 Yards und einen Touchdown ab, zudem fing er auch eine Two-Point-Conversion. Im Anschluss an eben diese räumte er im Fallen aber einen Wachmann hinter der Endzone ganz schön böse ab.
So weit, so unglücklich: Diggs hatte keine Kontrolle über seinen Sturz, der Wachmann hatte die Augen auf die Zuschauer gerichtet und sah ihn nicht kommen. So landete der Unglücksrabe halb auf Diggs und musste sich erst einmal zurechtfinden. Warum der Bills-Superstar ihm einen "Beweg deinen Arsch von mir runter!"-Spruch reindrücken musste, bleibt sein Geheimnis. Von der feinen englischen Art kann man hier sicher nicht sprechen ...
NFL, Week 9 - Sack der Woche: Matt Ryan
38 Jahre ist Matt Ryan mittlerweile alt, der langjährige Quarterback der Atlanta Falcons hat sich seinen Platz als TV-Experte redlich verdient: 234 Spiele über 15 Jahre, mit 381 Touchdown-Pässen und einer Super-Bowl-Teilnahme. Aber auch stolzen 488 Sacks, die er sicherlich nicht vermisst. Gleich 23-mal wurde er von Cameron Jordan von den Saints zu Boden gebracht - häufiger hat kein anderer Pass Rusher einen Quarterback erwischt.
Kein Wunder also, dass Ryan den einen oder anderen Albtraum von Jordan davongetragen hat. So sah es zumindest am Sonntag aus, als sich der Defensive End vor dem Spiel hinterrücks an den ahnungslosen Ex-Quarterback heranschlich und ihn plötzlich ihn seinen Pranken hatte. Wie Ryan der Schreck in die Glieder fuhr, das muss man einfach gesehen haben! "Ich dachte, das wäre vorbei", erklärte Ryan später den Schockmoment. "Diesen Teil meines Lebens hatte ich eigentlich hinter mir." Man kann eben nie vorsichtig genug sein.
NFL: Die letzten fünf Super-Bowl-Sieger
Saison | Sieger | Verlierer | Ergebnis |
2022 | Kansas City Chiefs | Philadelphia Eagles | 38:35 |
2021 | Los Angeles Rams | Cincinnati Bengals | 23:20 |
2020 | Tampa Bay Buccaneers | Kansas City Chiefs | 31:9 |
2019 | Kansas City Chiefs | San Francisco 49ers | 31:20 |
2018 | New England Patriots | Los Angeles Rams | 13:3 |