MVP-Rennen, Honorable Mentions
Bevor wir zu den vorderen Plätzen im aktuellen MVP-Rennen kommen, sollen noch ein paar "Honorable Mentions" gewürdigt werden. In dieser Kategorie landen Spieler, die eine starke Saison abliefern, aber realistisch betrachtet keine Chance auf die Auszeichnung haben.
T.J. Watt, Nick Bosa, Maxx Crosby: Wir packen ausnahmsweise direkt drei Spieler zusammen, denn diese Defensivakteure sollten ob ihrer Leistungen in dieser Spielzeit eigentlich gewürdigt werden, mit dem MVP Award werden sie allerdings nichts zu tun haben. Watt und Crosby sind gerade deshalb so herausragende Spieler momentan, weil sie in manchen Partien fast im Alleingang die gegnerische Offensive stören und punktuell komplett neutralisieren. Watt hat zumindest noch einen adäquaten Nebenmann in Person von Alex Highsmith, aber Crosby ist in Diensten der Raiders häufig ganz allein auf weiter Flur.
Raheem Mostert (Running Back, Miami Dolphins): Im ersten Ranking nach Woche 5 war noch De'Von Achane in den "Honorable Mentions" gelistet. Aufgrund seiner langwierigen Verletzung fällt er natürlich raus, ist jedoch ein Kandidat für die Zukunft, sollte er seinen Start in die NFL künftig reproduzieren können. Derweil blieb das Laufspiel von Miami produktiv, weil Mostert nicht nur das Zepter übernahm, sondern mehr denn je zur Scoring-Maschine mutierte. Mit 13 Rushing und 2 Receiving Touichdowns ist er hinter Christian McCaffrey der zweitbeste Punktesammler, abseits der Kicker natürlich. Damit hat er seine Gesamtanzahl an Touchdowns in seiner Karriere fast verdoppelt - und das mit 31 Jahren. Mostert profitiert natürlich von Scheme und der Gesamtstärke der Dolphins-Offensive, aber hat selbst auch eine Leistungsexplosion hingelegt.
MVP-Rennen: Mögliche Aufsteiger
Wer hat die Top 10 verpasst, könnte bei guten Leistungen in den kommenden Wochen aber noch auf den Zug aufspringen?
C.J. Stroud (Quarterback, Houston Texans): Realistisch betrachtet sollte der Rookie-QB nichts mit dem MVP-Titel zu tun haben, dafür sind seine Leistungen immer noch ein wenig zu inkonstant und man kann spüren, wie er noch einige Entwicklungsschritte vor sich hat. Trotzdem hat Stroud in so mancher Partie bereits eine derart gute Wahrnehmung in der Pocket gezeigt und die richtige Balance zwischen Checkdowns und aggressiven Pässen gefunden, dass sein Potenzial für die nahe Zukunft beängstigend groß scheint.
MVP-Rennen, Platz 10: Jared Goff (Quarterback, Detroit Lions)
Statistiken: 67,9 % Passquote, 20 Touchdowns, 8 Interceptions, 96,9 QB Rating
Zwischenzeitlich wirkte es so, als könnte Goff eventuell ernsthaft ins MVP-Rennen eingreifen, weil er sehr wenig Fehler beging und zugleich die produktive Offensive der Lions ankurbelte. Allerdings gab es ein paar Spiele, in denen er etwas zu anfällig schien, was ihn zumindest aus den Top 5 wirft. Gegen die Bears fabrizierte er drei Interceptions, gegen die Ravens wurde er fünfmal gesacked, gegen die Packers verursachte er drei Fumble. Was wiederum für Goff spricht, ist seine Fähigkeit, nach derartigen Leistungen eben jene Schwachstelle in der darauffolgenden Woche abzustellen.
MVP-Rennen, Platz 9: Tyreek Hill (Wide Receiver, Miami Dolphins)
Statistiken: 10 Touchdowns, 15 Yards pro gefangenem Pass, 73,3 % Fangquote
Der ultraschnelle Passempfänger ist gewissermaßen das Gesicht der Hochgeschwindigkeitsoffensive der Dolphins. Er begann die Saison mit teils unglaublichen Werten und verbuchte zuweilen mehr als 20 Yards pro Reception. Zuletzt wurde er von Tua Tagovailoa häufiger gesucht und konnte weiterhin die überwiegende Mehrheit der Bälle fangen. Hill ist nochmal wichtiger geworden, wenn es darum geht, in engen Situationen First Downs zu generieren oder das Team entscheidend in Richtung Goalline zu führen.
MVP-Rennen, Platz 8: Myles Garrett (Defensive End, Cleveland Browns)
Statistiken: 13 Sacks, 23 QB Hits, 29 QB Pressures, 28 % Pass Rush Win Rate
Der Vorwurf, dass Garrett gerne mal seine Statistiken in Garbage Plays aufpumpt, ist mittlerweile haltlos geworden. Der 27-Jährige ist als Rusher effektiv gegen einen Solo-Blocker wie auch gegen Double Teams, auf die er natürlich häufig trifft. Seine Sack-Quoten allein geben noch keine Auskunft darüber, wie sehr Garrett ein Spiel zugunsten der Browns beeinflussen kann. Denn allein schon der hohe Pressure-Anteil beeinflusst, wie die gegnerische Offensive agiert und teilweise in Zeitnöte gerät. Garrett ist der Hauptgrund dafür, dass Cleveland weiter dick im Playoff-Rennen dabei ist.
MVP-Rennen, Platz 7: Micah Parsons (Linebacker, Dallas Cowboys)
Statistiken: 11,5 Sacks, 23 QB Hits, 30 QB Pressures, 36 % Pass Rush Win Rate
Selbstverständlich weiß jeder NFL-Fan, dass es für Defensivspieler nahezu unmöglich ist, den MVP-Titel einzufahren. Aber Parsons wie auch ein weiterer Verteidiger, der etwas weiter unten auftaucht, haben es sich verdient, in der Konversation um den wertvollsten Spieler der Saison genannt und diskutiert zu werden. Rein auf seine Edge-Rusher-Qualitäten bezogen gibt es momentan keinen besseren als Parsons in der NFL. Er ist in über einem Drittel seiner Plays erfolgreich, sprich er schlägt den Blocker innerhalb der ersten 2,5 Sekunden. Gegen Double Teams ist er ähnlich effektiv und selbst wenn er einmal nicht in die Nähe des Quarterbacks gelangt, so hat seine Präsenz allein schon Auswirkungen auf die O-Line und deren Vorgehensweise.
MVP-Rennen, Platz 6: Dak Prescott (Quarterback, Dallas Cowboys)
Statistiken: 70 % Passquote, 25 Touchdowns, 6 Interceptions, 107,4 QB Rating
Manch einer wird sicherlich behaupten, dass Prescott noch ein Stück weiter oben landen sollte, gerade aufgrund seiner herausragenden Leistungen in den vergangenen Wochen. Bereits bei der Niederlage gegen die Eagles zeigte sich Prescott von seiner besten Seite und wirkte wie einer, der es mit Hurts und Mahomes aufnehmen kann. Trotzdem bleiben auch schwächere Auftritte wie gegen die Niners Anfang Oktober oder ineffektive Leistungen wie gegen die Cardinals in Erinnerung. Die Frage, ob Prescott wirklich zur absoluten Elite gehört oder doch weiter zwischen den Welten mäandert, bleibt schlichtweg unbeantwortet.
MVP-Rennen, Platz 5: Christian McCaffrey (Running Back, San Francisco 49ers)
Statistiken: 16 Touchdowns, 4,9 Yards pro Lauf, 2 Yards nach erstem Kontakt
Der am höchsten gelistete Nicht-Quarterback ist der beste Punktesammler der NFL. Selbst während der kurzen Durststrecke der Niners war McCaffrey weiterhin produktiv und half der Offensive rund um den zwischenzeitlich strauchelnden Brock Purdy ungemein. Sein Fumble gegen die Vikings kurz vor der Endzone war wohl der letzte und eventuell einzige schwerwiegendere Fehler, den der 27-Jährige in dieser Saison begangen hat. Und dieser Fumble war vor allem ein Verdienst der Defensive, die McCaffrey fast wie ein Klappmesser zusammenfaltete, bevor der Ball aus den Händen des besten Running Backs der Liga flutschte. Bleibt er weitgehend frei von Verletzung, so wird McCaffrey einer der ganz wichtigen Faktoren auf dem Weg zu einer möglichen Super-Bowl-Teilnahme von San Francisco.
MVP-Rennen, Platz 4: Tua Tagovailoa (Quarterback, Miami Dolphins)
Statistiken: 69,8 % Passquote, 22 Touchdowns, 10 Interceptions, 103,7 QB Rating
Wer glaubt, dass Tua nur vom System profitieren würde, liegt zumindest aus meiner Sicht falsch. Mike McDaniel orientiert sich bei der Ausrichtung seiner Offensive an den Stärken von Tua, der einst im College schon ein derart schneller Quarterback war, der die Bälle wie der Dealer die Karten am Pokertisch in alle Richtungen in Windeseile verteilen kann. Dass der Dolphins-Quarterback nun von vielen sprintstarken Passempfängern umgeben ist, die sich Freiraum verschaffen können, führt zu einer nahezu perfekten Chemie innerhalb der Offensive. Was ein wenig gegen Tua spricht, ist die Tatsache, dass er gerade gegen die starken Defensiven der Eagles und Chiefs ein Quarterback Rating von unter 90 verbuchte. Ergeben sich die Plays nicht sofort vor seinen Augen, wird er fehleranfälliger.
MVP-Rennen, Platz 3: Lamar Jackson (Quarterback, Baltimore Ravens)
Statistiken: 68,3 % Passquote, 18 Touchdowns, 5 Interceptions, 98,4 QB Rating
Bis zum deutlichen Sieg gegen die Seahawks hätte es Jackson wohl verdient gehabt, für Platz eins in Betracht gezogen zu werden. Dann folgten die Niederlage gegen Cleveland und zwei weitere, wenngleich siegreiche, Auftritte, in denen der 26-Jährige wieder inkonstanter im Passspiel wirkte. Die Herangehensweise der Ravens, das Passspiel stärker in den Fokus zu nehmen, wurde zunächst kritisiert, könnte sich aber mit Blick auf die Post Season positiv ausgehen. Jackson hat auch einige Wochen lang gezeigt, dass er die Qualitäten dafür hat. Nun kommen wieder eigentlich zur Seite gelegte Restzweifel auf. Über seine läuferischen Qualitäten und seine Mobilität in der Pocket brauchen wir nicht zu sprechen. In dieser Hinsicht steht er den verbleibenden zwei MVP-Kandidaten in Nichts nach.
MVP-Rennen, Platz 2: Patrick Mahomes (Quarterback, Kansas City Chiefs)
Statistiken: 68,1 % Passquote, 21 Touchdowns, 9 Interceptions, 96,3 QB Rating
Erst kürzlich hatten wir die offensiven Schwachpunkte der Chiefs hier diskutiert. Und wenngleich Mahomes nicht im Zentrum der Kritik stand oder steht, so kann er sich natürlich nicht gänzlich von den teilweise durchwachsenen Auftritten lösen. Nun zum großen Aber: Die Art und Weise, wie er Plays am Leben erhält, wie er mit seinen Augen wirklich das komplette Feld lesen kann und noch gegen die eigene Bewegungsrichtung Bälle wirft, macht ihn weiterhin zu einem ernsthaften MVP-Kandidaten. Was zudem den Chiefs-Fans Hoffnung machen sollte: Wenn Mahomes in einem Spiel mal heiß läuft, dann kann er trotz eines mittelmäßigen Receiver Corps den Sieg für das eigene Team einfahren. Solche punktuellen Explosionen braucht es erst recht in den Playoffs, wo wieder die Stunde des 28-Jährigen schlagen könnte.
MVP-Rennen, Platz 1: Jalen Hurts (Quarterback, Philadelphia Eagles)
Statistiken: 67,6 % Passquote, 29 Touchdowns, 10 Interceptions, 94,9 QB Rating
In der Regular Season muss sich Mahomes jedoch einem Mann geschlagen geben, nämlich dem Gesicht von Philly. Hurts mag etwas langsam in die Saison gestartet sein, aber er kommt ähnlich wie weite Teile des Eagles-Teams immer besser in Form. Zudem ist Hurts aktuell Mister Clutch. Sein Passer Rating, wenn er mit den Eagles in der zweiten Halbzeit zurückliegt oder sich in Overtime befindet, kratzt an den 140. In solchen Spielphasen konnte er bislang zehn Touchdowns, davon drei per Laufspiel, produzieren und warf zudem keine Interception. Hurts ist stark, wenn die Eagles dominant sind. Aber wenn es mal eng wird, wächst er über sich hinaus und kann all seine Fähigkeiten mit Arm, Augen und Beinen zur Geltung bringen. Seine Saison würde bis jetzt den MVP-Titel rechtfertigen.