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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 15 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 15 in der NFL.
© getty

Die NFL biegt auf die Zielgerade ein, dementsprechend spitzt sich auch das Playoff-Rennen zu. Welche Teams sind gerade am besten in Form? Wer schafft es in die Playoffs, wer muss zuschauen? Außerdem: Miamis neuer Ansatz, die Jaguars sind angekommen - und Zach Wilson gibt sein Comeback. Aber wie lange?

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Wenn ich nach MVP-Favoriten gefragt werde, ist meine Antwort immer häufiger in eine klare Richtung eingefärbt: Wer in Woche 8, 10 oder 12 MVP-Mitfavorit ist, interessiert mich nur bedingt - wichtig ist, wer sich im letzten Saisondrittel absetzen kann. Dann entsteht der stärkste bleibende Eindruck für die Stimmberechtigten, die nach der Regular Season ihren MVP küren.

Das ist irgendwo menschlich. Ein Beispiel: Tua Tagovailoa war nach Week 10 der Nummer-3-MVP-Kandidat bei den Buchmachern - nach mehreren enttäuschenden Auftritten, mehrfach in Primetime, ist er drastisch abgefallen. Wie wäre das Narrativ, wenn Tuas beste Phase jetzt angefangen hätte? Zumindest würden wir uns eher noch mit ihm beschäftigen, als es jetzt der Fall ist, und mit dem veränderten Abstimmungsverfahren wäre die Chance zumindest auf einen zweiten Platz real.

Ein Stück weit gilt das auch für Teams, denn wir sehen dieses Phänomen fast jedes Jahr: Teams, die in der ersten Saisonhälfte wie ein Titelkandidat oder mindestens ein brandgefährliches Playoff-Team aussehen - und dann in der zweiten Saisonhälfte auf den Boden der Tatsachen geholt werden.

Die Arizona Cardinals waren das Paradebeispiel dafür im Vorjahr, 2020 würde ich die Tennessee Titans anführen, die mit 5-0 starteten, ehe die Niederlagen kamen, der Division-Titel nur mit einem dramatischen Sieg gegen ein schwaches Texans-Team am letzten Spieltag gerettet wurde und in den Playoffs war dann gleich in der Wildcard-Runde Endstation.

Das hat häufig mehrere Gründe. Eine kritische Verletzung kann ein vielleicht fragiler als gedachtes Gebilde empfindlich stören, häufig aber lässt sich beobachten, dass insbesondere im Fall einer spektakulär aufspielenden Breakout-Offense - so wie Arizona über die ersten acht Wochen letztes Jahr, oder Miami in Ansätzen dieses Jahr - Antworten gefunden werden.

Mit jeder Woche gibt es mehr Tape, mehr Gelegenheiten für die besten Defensive Coordinators in der NFL, um Schwachstellen zu erkennen, Tendenzen zu identifizieren und Datenpunkt um Datenpunkt zu sammeln, um effektive Gegenmittel zu entwerfen.

Das rückt für mich in der zweiten Saisonhälfte mehr und mehr in den Fokus, weil es der beste Indikator dafür ist, welche Teams "for real" sind, und welche vielleicht mehr ein Hoch geritten sind, aber noch den Beweis schuldig sind, dass es einen ähnlich effizienten Plan B gibt. Hier trennt sich die sprichwörtliche Spreu vom Weizen im Rahmen einer NFL-Saison.

Das macht die Eagles so eindrucksvoll. Die Eagles haben gezeigt, dass sie Spiele mit ihrem Run Game, mit ihrer Big Play Passing Offense oder auch mit ihrer Defense gewinnen können. Das ist ein enormes Pfund, und Philadelphia ist so gut in diesen Bereichen, dass, obwohl die Eagles nicht sonderlich vielseitig oder komplex sind, sie eher besser geworden sind im Laufe der zweiten Saisonhälfte.

1. Tua und die Dolphins: Alte Diskussionen, neue Antworten

Ich hatte bei Tua Tagovailoa in der Analyse vor dieser Saison den Vergleich zu Jimmy Garoppolo gewählt, vor allem mit Blick auf die Rolle in der Offense, aber auch darüber hinaus, was sein Bild in der Öffentlichkeit angeht.

Tua, dann auch in einer Variante der Shanahan Offense, hatte bereits im Vorjahr seinen schnellen Release und seine Accuracy unter viel schlechteren Umständen unter Beweis gestellt, und ich konnte ihn mir gut in der Rolle des Managers dieser Offense vorstellen - inklusive der Diskussionen darüber, wie viel Teil des Credits dem Quarterback, wie viel den Waffen und wie viel dem Design der Offense zusteht.

Zugegeben, dass es diese Dimensionen annehmen würde, qualitativ, und damit dann auch in der Bandbreite der Argumentationen - das hatte ich sicher nicht erwartet, vor allem nicht im ersten Jahr.

Ich würde diesen Vergleich nach wie vor zumindest als übergreifende Kategorie anführen, aber je mehr wir in den vergangenen Wochen gesehen haben, wie die Offense erstmals an echte Probleme gerät, würde ich den Vergleich innerhalb des ähnlichen Coaching Trees, aber doch leicht verändern.

Ich denke, dass für diesen Moment - in aller Deutlichkeit: das muss keine Prognose für den weiteren Verlauf seiner Karriere sein! - der Vergleich zu Jared Goff früh in der McVay-Ära zutreffender ist. Denn was seit dem Spiel gegen San Francisco auffiel, ist, dass Tua dazu neigt, Bälle in die "gewohnten" Fenster zu werfen - auch wenn diese Fenster gar nicht da sind. Das sind dann vor allem Würfe über die Mitte, die als Wurf in Coverage und nicht selten auch als Risiko-Pass enden, wo man sich fragt: warum hat er diesen Ball geworfen?

Tua vertraut McDaniel - manchmal fast "blind"

Das legt nahe, dass Tua der Offense und den Play-Calls von McDaniel so sehr vertraut, dass er sie in erster Linie umsetzt.

Tagovailoas Stats in unter 2,5 Sekunden im Liga-Vergleich

Saisonabschnitt

aDOT

Yards/Pass

Completions

TD

Week 1-12

7,7 YDS (1)

8,8 (1)

73% (17)

11 (6)

Week 13-15

7,9 YDS

7,9

58,9%

3

Berücksichtigt sind alle Quarterbacks mit je mindestens 20 Prozent der Dropbacks. In Klammern das Ranking im Liga-Vergleich

Hier werden unweigerlich Erinnerungen an McVay und Goff wach. An die Zeit, als McVay Fragen dahingehend beantworten musste, inwieweit er selbst Quarterback "spielt", weil er Goff bis zum letzten möglichen Moment Input gibt, sodass Goff mehr "umsetzen", als tatsächlich Quarterback spielen musste.

Das klingt jetzt sehr ernüchternd und negativ, aber ein Stück weit geht es hier schlicht darum, was der Quarterback nach dem Snap lesen und verarbeiten muss. Denn hier würde ich eine klare Abgrenzung setzen: Miamis Offense wurde nicht strukturell entschlüsselt, auch wenn es ein klarer Ansatz ist, die Dolphins in der tieferen Mitte des Feldes zu limitieren.

Offene Receiver gab es in diesen Spielen trotzdem, Tua aber brachte den Ball nicht dorthin. Und manche Würfe wird Tua immer eher seltener nehmen als manche andere Quarterbacks, schlicht aufgrund des Armtalents. Aber häufiger sind es Pässe, bei denen ein Checkdown oder eine offene Option beim zweiten oder dritten Read da gewesen wäre.

Das heißt nicht, dass Tagovailoa dazu nicht in der Lage ist und dass er dahingehend immer limitiert sein wird. Aber für den Moment fällt es auf, insbesondere, weil Miamis Offense schon letztes Jahr stark von RPOs und simplen Reads gelebt hat, und man dementsprechend auch da von Tua nur selten gesehen hat, dass er nach dem Snap eine Defense seziert.

McDaniels Antworten gegen Buffalo

Umso spannender war für mich die Frage, welche Antworten die Dolphins finden würden - schematisch, aber eben auch, ob Tua diese Antworten umsetzen kann. Und bei Betrachtung der Dolphins-Offense am Samstag fiel mir etwas auf, das ich dann genauer charten wollte, mit einem eindeutigen Ergebnis:

Miami hatte gegen die Bills zwölf Runs, bei denen Tagovailoa Under Center stand und eine Jet Motion mit dem Run kombiniert wurde. Darunter war:

  • Der 13-Yard-Run von Raheem Mostert gleich zu Beginn (14:52, erstes Viertel)
  • Der 3-Yard-Run von Mostert bei Vierter-und-Eins (5:53, erstes Viertel)
  • Der 67-Yard-Run von Mostert Ende des ersten Viertels (1:05, erstes Viertel)
  • Der 10-Yard-Touchdown-Run von Salvon Ahmed (2:59, zweites Viertel)

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass rund vier Jahre, nachdem McVay mit Goff Wege finden musste, wie er seinen Under-Center-Plays und Play-Action-Shots bei Early Down ein Update verpassen konnte, Mike McDaniels Antwort auf die strukturellen Probleme der vergangenen Wochen unter anderem darin zu liegen scheint, dass er Tua häufiger Under Center stellt und daraus ins Run Game kommt.

Aber: Es ergibt Sinn! Miamis Offense lebt sehr davon, dass die tiefen Räume über die Mitte attackiert werden können. Mehr in Under-Center-Runs zu gehen, und dann das auch mit dem Play-Action-Passspiel zu kombinieren - am Samstag hatte zumindest ich nur einen Play-Action-Pass aus diesem Setup (Quarterback Under Center, Jet Motion) notiert, bei 5:29 auf der Uhr im dritten Viertel -, könnte es Defenses schwer machen, sich so aggressiv in diese Räume zurückfallen zu lassen, wie es San Francisco teilweise gemacht hat.

Dolphins: Mehr Zuversicht Richtung Playoffs?

Diese Herangehensweise bringt wieder andere potenzielle Probleme mit sich. Kann die Offensive Line etwa diese Herangehensweise aufrechterhalten? Die Vorstellung gegen Buffalo jedenfalls war in dieser Hinsicht überaus ermutigend.

Miamis Defense ist und bleibt ein Problem, welches in den Playoffs vermutlich eher eine Schwäche als eine Stärke sein wird. Das wiederum erhöht den Druck auf die eigene Offense, das Team zu tragen.

Obwohl Tua auch gegen die Bills kein gutes Spiel abgeliefert hat, gibt mir das, was ich in diesem Spiel gesehen habe, mehr Optimismus für die weiteren Aussichten dieser Saison. Weil dieses Spiel den Eindruck erweckte, dass die Dolphins auch mit weniger Produktivität in der Mid Range im Passspiel mithalten können.

Ob Tua und McDaniel dann auch den gleichen Karriere-Bogen haben werden wie einst Goff und McVay? Das steht natürlich noch in den Sternen. Was wir bisher gesehen haben, legt zumindest nahe, dass es an der Qualität des Head Coaches nicht scheitern soll.

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