Baltimore Ravens: Gelingt Lamar Jackson der erste Sieg?
Die Ravens stehen nun zum dritten Mal in Serie mit Lamar Jackson als Starting Quarterback in den Playoffs. Im ersten Jahr scheiterten sie an der erdrückenden Coverage der Chargers, im Vorjahr - als Top-Seed der AFC - wurden sie von überraschend effizienten Titans ausgeschaltet. Hinzu kommt, dass noch nie ein Quarterback den Super Bowl gewann, dessen Playoff-Karriere 0-2 begann.
Doch um überhaupt über einen Super-Bowl-Erfolg nachzudenken, muss Jackson zunächst mal seinen ersten Sieg in den Playoffs einfahren. Nun geht es schon wieder gegen die Titans, die im Vergleich zum Vorjahr nicht unbedingt schlechter geworden sind. Speziell ihre Offense ist ähnlich explosiv wie damals.
Welche Erkenntnisse zogen die Ravens aus dem letzten Jahr und haben sie dieses Mal bessere Antworten auf ein Team, das ihnen vor Jahresfrist klar die Grenzen aufgezeigt hat?
Die Ravens gewannen ihre finalen 5 Spiele der Saison und spielten dabei wieder groß auf, erinnerten teilweise an das übermächtige Run Game der Vorsaison. Die Frage nun lautet: War das nur ein Sturm im Wasserglas gegen überschaubare Konkurrenz - oder laufen sie dieses Jahr zur rechten Zeit heiß für einen tiefen Playoff-Run?
NFL Playoffs: Welche Teams haben das größte Überraschungspotenzial?
In der NFC sind wohl die Rams das interessanteste Team dieser Playoffs, wenn es darum geht, eine Prognose zu wagen. Durch ihre Schemes offensiv wie defensiv sind sie per se sehr gut aufgestellt. Sie sind gut gecoacht und haben ein paar herausragende Spieler wie Aaron Donald und Jalen Ramsey in der Defense und sicherlich Cooper Kupp und Robert Woods offensiv.
Doch gehen sie eben auch mit Fragezeichen ins Duell mit den Seahawks, denen sie erst vor zwei Wochen unterlagen. Wie gut kann QB Jared Goff nach seiner Daumenverletzung sein, was ist von Left Tackle Andrew Whitworth zu erwarten, der lange verletzt ausgefallen war? Und gelingt es dieses Mal, offensiv gegen die breite Front der Seahawks anzukommen, die ihnen zuletzt das Leben - und ihre Outside-Zone-Runs - erschwerte?
Als Favoriten gehen die Rams nicht in dieses Duell oder in jede mögliche weitere Begegnung. Aber ein klarer Außenseiter sind sie eben auch nicht.
Was die AFC betrifft, sind die Indianapolis Colts im Blickpunkt. Sie treten zum Start gegen die Bills an und könnten theoretisch unangenehm für diesen Gegner werden. Ihre defensive Front um Defensive Tackle DeForest Buckner und Linebacker Darius Leonard dahinter sind prädestiniert, wenigstens den Lauf zu stoppen. Offensiv wiederum zeigten sich Philip Rivers und Co. derweil verbessert, zudem dominierte die Offensive Line und ließ Rookie-Running-Back Jonathan Taylor groß aufspielen. All das sind Faktoren, die den Bills - und anderen Top-Teams - durchaus Probleme bereiten könnten. Mit dem siebten Seed einer Conference ist nur selten wirklich zu rechnen, doch die Colts sind eigentlich besser als das.
Pittsburgh Steelers: Die größten Pretender?
Die Steelers gehen ein wenig als Darkhorse in diese Playoffs. Sie marschierten zu Saisonbeginn durch die Liga und standen plötzlich und etwas unter dem Radar bei 11-0. Doch so richtig überzeugt hatten sie damit kaum jemanden. Entsprechend war es danach wenig überraschend, dass sie die Saison nicht ungeschlagen beendeten.
Dass sie jedoch vier ihrer finalen fünf Partien verloren und damit unter anderem den Bengals und Washington unterlagen, war dann doch so nicht unbedingt zu erwarten.
Was ist nun also von diesem Team zu erwarten? Ihre Defense ist gerade an der Front stark und kann es vielen Teams schwer machen. Und die Offense hat Big-Play-Potenzial. Jedoch hat sie auch das Potenzial, zu viel klein-klein zu spielen und sich mit kleineren Fehlern hier und da selbst aus der Bahn zu werfen. Die Steelers könnten weit kommen, sie könnten aber auch direkt gegen die Browns ausscheiden, die gerade erst gegen die Steelers - ohne einige Leistungsträger allerdings - gewonnen hatten.
Welche Steelers sehen wir also? Die vom Saisonbeginn oder die vom Saisonende? Das Problem bei der Beurteilung von Mike Tomlins Truppe ist, dass die Form vom Saisonbeginn schon nicht überragend war, das Gesamtniveau jedoch immer noch sehr hoch sein kann. Die Steelers werden somit zur Wundertüte.
Cleveland Browns: Mehr als nur Playoff-Touristen?
Erstmals seit 2002 steht Cleveland wieder in den Playoffs. Der Weg dorthin war nach insgesamt sehr solider Saison allerdings doch steiniger als gedacht. Die Browns verloren einen sehenswerten Shootout mit den Ravens und blamierten sich schließlich in Woche 16 bei den Jets, wo sie bereits vorzeitig das Playoff-Ticket hätten lösen können - etatmäßige Receiver hin oder her. Gegen die Backups der Steelers gelang dann aber immerhin doch der nötige Knappe Sieg.
Doch wie sieht es nun gegen die Starter Pittsburghs und darüber hinaus aus? Was ist diesem Team, das über kaum nennenswerte Playoff-Erfahrung verfügt, nun noch zuzutrauen? Und wie schwer wiegen die Ausfälle im Trainerstab - allen voran Head Coach und Play-Caller Kevin Stefanski - infolge der erneuten Corona-Fälle bei den Browns?
Die Saison bis hierhin war solide und zweifelsohne die beste seit mindestens 2007 (10-6), doch fehlte dieser Spielzeit auch die klare Linie. Gegen die Topteams der AFC etwa setzte es drei Niederlagen in vier Spielen, wobei die Pleiten in Baltimore (6:38) und Pittsburgh (7:38) jeweils deutlich ausfielen. Dagegen stehen aber auch Siege gegen die Playoff-Teilnehmer Colts und Titans. Damit bewiesen die Browns immerhin, dass sie in der Lage sind, gute Teams zu bezwingen. Jedoch verloren sie eben auch gegen Las Vegas und die zuweilen katastrophalen Cowboys.
Das führt in erster Linie dazu, dass die Browns wohl vor allem vom Matchup und der Tagesform abhängig sein werden. In das erste Duell gegen Pittsburgh gehen sie direkt mit einem enormen Handicap an den Start.
NFL Playoffs: Covid-19 als Damoklesschwert
Die NFL wird selbst für die Playoffs auf vorgeschriebene Bubbles nach Vorbild der drei anderen großen US-Sportligen verzichten. Das geht zwar mit der bisherigen Herangehensweise der NFL einher, birgt jedoch große Risiken.
Wir sahen in diesem Jahr bereits abstruse Dinge wegen des Coronavirus: Die Ravens hatten teilweise rund 20 Spieler auf der Covid-Liste, die Broncos traten ohne Quarterback an, die Browns ohne etatmäßige Wide Receiver und die Saints in Woche 17 ohne ihre Running Backs.
Die Ansage der Liga war klar: Spielabsagen oder -Verlegungen waren nur aus gesundheitlichen Erwägungen möglich, nicht jedoch aus Wettbewerbsgründen. Und nun, da sich die Corona-Lage in den USA - und auch anderswo - teils dramatisch verschlechtert hat, wird das Risiko von Infektionen immer größer.
Was also, wenn sich nun ein Star-Spieler eines Titelanwärters ansteckt und damit ausfällt? Gespielt würde trotzdem, doch würde jetzt etwa der Ausfall eines Quarterbacks zu erheblichen Wettbewerbsbeinflussungen führen. Nicht auszudenken, wenn dies vor dem Championship Game oder gar Super Bowl passierte. Würde die Liga dann, Wettbewerb hin oder her, vielleicht doch eine Verlegung in Erwähnung ziehen? Täte sie dies, würde sie sich wenigstens unglaubwürdig machen.
Tut sie dies aber nicht, schwächt sie ihr Produkt in so schwierigen Zeiten.
Die NFL wird all diese Szenarien durchgespielt haben, am Ende des Tages aber sicherlich vor allem aufs Beste hoffen.
Ein Corona-Ausbruch während der Playoffs käme eine Super-GAU gleich.