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Brady, Brees, Winston, Rivers - das verrückteste Quarterback-Karussell aller Zeiten?

Die NFL erwartet ein potenziell historisches Quarterback-Karussell.
© getty

Die Free Agency wirft ihre Schatten voraus - und es könnte eine historische Free Agency auf der wichtigsten Position werden: Zahlreiche potenzielle Starting-Quarterbacks werden Free Agents, weitere könnten via Trade eine Rolle spielen. SPOX-Redakteur Adrian Franke bringt das Quarterback-Karussell in Bewegung und bereitet euch vor auf die möglichen Wechselspiele.

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NFL Free Agent Quarterbacks: Was machen Brady, Brees und Co.?

Tom Brady - New England Patriots

Die Situation: Trotz eines weiteren Division-Titels fühlt sich die vergangene Patriots-Saison wie eine Enttäuschung an. Das liegt teilweise an dem Standard, den die Patriots über die letzten Jahre für sich selbst gesetzt haben; teilweise aber auch an der Tatsache, dass New England eine extrem gute Defense hatte.

Eine funktionale Offense hätte ohne Frage zu einem tiefen Playoff-Run geführt. Doch das war nicht möglich, und zweifellos hatte auch Brady daran eine Mitschuld. Der bald 43-Jährige bewegte sich in der Pocket nicht mehr so gut wie in den Jahren davor, hatte ungewohnte Accuracy-Wackler in seinem Spiel und hatte merklich größere Probleme mit Pressure.

Die Brady-Situation im Detail: 5 Fragen zu Bradys Zukunft

Doch genauso ist richtig: Brady war vermutlich der kleinste Teil des Patriots-Offense-Problems. Da wären die verletzungsbedingten Schwachstellen in der Offensive Line sowie allen voran die enormen Defizite im Waffenarsenal. N'Keal Harrys Rookie-Saison war von Verletzungen und verpasster Zeit geprägt, Mo Sanu war nicht die erhoffte Verstärkung und einen gefährlichen Tight End hatten die Pats schlicht nicht. Running Back James White wurde so etwas wie die gefährlichste Waffe im Passspiel, eine schlechte Nachricht für jede Offense.

Die Pats hatten schlicht keine Waffen, die Separation kreieren und Eins-gegen-Eins gewinnen konnten. In der Folge musste Brady den Ball länger halten, musste engere Fenster treffen, musste aus unsauberer Plattform werfen und musste mehr Zeit in der Pocket kreieren. Seine individuellen Probleme wurden so durch die Probleme der Offense zusätzlich noch stärker in den Mittelpunkt gerückt.

Was spricht für einen Verbleib? Bei aller Kritik an New Englands offensivem Kader: Es fällt schwer, sich ein Szenario auszumalen, in dem Brady in der geringen noch verbleibenden Zeit seiner Karriere größere Chancen auf Erfolg hätte. Die Chargers haben bessere Waffen, aber riesige Line-Probleme. Die Raiders müssen ihre Defense weiter generalüberholen und suchen weiter einen Nummer-1-Receiver. Und in puncto Coaching kommt ohnehin niemand Bill Belichick ran. Die attraktivste Option für Brady könnte, sofern Interesse besteht, Indianapolis sein - sofern er alle alten Rivalitäten mit den Colts beiseite schieben kann.

Wenn es Brady darum geht, noch einen letzten Titel zu gewinnen - und eine andere Hauptmotivation ist schwer vorstellbar - dann bietet New England ihm darauf die besten Chancen. Vorausgesetzt - und man kann davon ausgehen -, dass Brady einen möglichen Verbleib an entsprechende Bedingungen knüpfen würde: Die Pats müssen ihr Waffenarsenal aufbessern. Es braucht einen Outside-Receiver sowie einen verlässlichen Tight End, das sind die Mindestvoraussetzungen für die Offense.

Was spricht für einen Wechsel? Sollten die Patriots nicht gewillt sein, Brady entsprechende Zusagen zu machen oder sollte sich New Englands Angebot so deutlich unter den Offerten der Konkurrenz bewegen, dass Brady sich nicht wertgeschätzt fühlt, könnte das Gefühl, dass sich das Kapitel schließt, in dem 42-Jährigen reifen.

Auch denkbar ist, dass Brady in seinem niemals endenden Antrieb, beweisen will, dass er auch ohne Belichick gewinnen kann. Das sind allesamt sehr softe Faktoren, doch werden die in den Gesprächen über die nächsten Wochen die zentrale Rolle einnehmen.

Die Glaskugel: Die Scouting Combine Ende Februar, wenn sich die NFL-Welt in Indianapolis trifft, sollte die Gerüchteküche so richtig ins Rollen bringen. Anschließend sollte Bradys Berater Don Yee - inoffiziell natürlich - einen ersten Eindruck über Bradys Markt haben, und dann dürften die Gespräche konkret werden. Letztlich sehe ich für beide Seiten kurzfristig keine bessere Alternative, deshalb die Prognose: In der zweiten März-Woche einigen sich Brady und die Patriots auf einen neuen Zweijahresvertrag.

Drew Brees - New Orleans Saints

Die Situation: Das dritte bittere Playoff-Aus in Serie - nach dem Minnesota Miracle und dem No-Call gegen die Rams enttäuschte New Orleans dieses Jahr einfach gegen ein glänzend eingestelltes Vikings-Team. Brees selbst blickte nach der Niederlage gegen Minnesota bereits nach vorne, die Saints zeigten defensiv positive Entwicklungen und sind, was den Kader und vor allem was das Cap-Management angeht, komplett im Win-Now-Modus.

Im Gegensatz zur 2018er Saison hatte Brees dieses Mal auch nicht diesen Durchhänger - womöglich hat ihm die verletzungsbedingte Zwangspause früh in der Saison dabei geholfen, dass der Arm bis zu den Playoffs funktioniert hat. Basierend auf seiner vergangenen Saison, auf der Art und Weise, wie Brees mit Coach Sean Payton, dessen Offense und dessen Play-Calling harmoniert sowie auf den Umständen im Kader, scheint alles auf einen weiteren Super-Bowl-Anlauf mit Brees hinzudeuten.

Was spricht für einen Verbleib? Die Saints haben eine exzellente Offensive Line mit dem vermutlich besten Tackle-Duo der Liga, einen der besten Wide Receiver der NFL in Michael Thomas, mit Jared Cook einen guten Pass-Catching-Tight-End und auch Alvin Kamara ist eine gute Waffe im Underneath-Passing-Game.

Die ganze Saints-Offense ist auf Brees' Stärken ausgerichtet, und falls es New Orleans gelingt, in der Offseason einen veritablen Nummer-2-Receiver zu finden - via Draft oder Free Agency - könnte diese sehr gute Offense noch einen Schritt nach vorne machen. Es ist kaum vorstellbar, dass es eine bessere Situation für Brees gibt. Und wenn die Saints 2020 auf den Titel gehen wollen, gibt es kurzfristig auch keine bessere Option.

Was spricht für einen Wechsel? Primär die langfristige Planung. Die Saints haben nicht viel Cap Space, und wenn sie mit Brees verlängern, muss man davon ausgehen, dass Teddy Bridgewater nicht gehalten werden kann. Brees nochmals einen neuen Vertrag zu geben, würde den All-In-Ansatz ein weiteres Mal unterstreichen, und den unweigerlich anstehenden Umbruch aus Cap-Sicht noch etwas schwieriger machen.

Für Brees selbst fällt es tatsächlich schwer, hier Argumente zu finden. Er ist eine Institution in New Orleans, hat die Stadt zu seiner zweiten Heimat gemacht, hat einen starken Kader und einen Coach, mit dem er bestens eingespielt ist. Seit Dienstag wissen wir, dass Brees weiterspielt - und das sollte höchstwahrscheinlich nur in New Orleans stattfinden.

Die Glaskugel: Brees genau wie die Saints haben die Saison mit dem unangenehmen Geschmack offener Ziele beendet - mal wieder. Beide Seiten scheinen fest entschlossen, 2020 noch einmal anzugreifen. Zwar kann Brees, genau wie Brady, nicht per Franchise Tag gehalten werden; eine Einigung zwischen Brees und den Saints scheint aber noch eher absehbar als die zwischen Brady und den Pats.

Philip Rivers - Los Angeles Chargers

Die Situation: In dem Fall ist die Situation völlig klar: Zunächst hatte Rivers seine Zelte in San Diego abgebrochen und seine Familie nach Florida umgesiedelt, wenig später kam dann die offizielle Team-Bestätigung: Es sei im beiderseitigen Interesse, neue Wege zu erkunden.

Somit richtet sich der Fokus für dieses Segment eher auf Rivers selbst. Der litt im vergangenen Jahr unter einer desolaten Offensive Line, die über längere Phasen noch ohne Pouncey und Okung, ihre beiden besten Spieler, auskommen musste. Doch selbst unabhängig davon hatte Rivers zu viele individuelle, gravierende Fehler in seinem Spiel. Er kann noch immer ein guter Quarterback sein, ähnlich wie Brady werden die Umstände um ihn herum aber merklich wichtiger.

Anders formuliert: Er kann die Offense zu einem zunehmend geringeren Teil tragen und ist abhängiger von der Situation, in die er kommt. Die Armstärke ist bei Rivers nicht so sehr das Thema, eher war es der Anstieg an Risiko-Pässen bis hin zu Würfen schlicht in Coverage, sowie das bestenfalls inkonstante Verhalten gegen Pressure, das seine Fehler letztes Jahr charakterisierte.

Was spricht für einen Verbleib? Nichts mehr. Rivers und die Chargers werden nicht mehr zusammenkommen.

Was spricht für einen Wechsel? Die größere Frage bei Rivers lautet: "Was spricht fürs Weitermachen?" Rivers selbst hat zwar klar gemacht, dass er noch spielen will, doch bereits mit der Einschränkung, dass er selbst sich eher für eine Übergangslösung für etwa zwei Jahre sieht. Brady-Bestrebungen, bis 45 zu spielen, hat er also nicht.

Das kreiert dennoch einen interessanten Markt: Könnte Gruden in Rivers ein Upgrade über Carr sehen? Argumentieren kann man dafür definitiv, und Rivers könnte die Ära Las Vegas eröffnen, während dahinter ein Rookie rangeführt wird. Auch halten sich Gerüchte, dass Bruce Arians und die Tampa Bay Buccaneers interessiert sind. Arians bevorzugt genau wie Gruden erfahrene Quarterbacks und könnte sich mit Rivers ein ähnliches Szenario erhoffen wie das, das er in Arizona mit Carson Palmer hatte.

Wäre Rivers ein Upgrade gegenüber Winston? Für mich nicht, doch könnte man Rivers vermutlich auf zwei Jahre limitiert halten und währenddessen einen Neustart planen. Winston dürfte kaum unter dem Franchise Tag spielen wollen, und dann wird hier schnell ein deutlich größeres Investment nötig. Auch die Indianapolis Colts sollten Interesse an Rivers haben: Rivers wäre eine Verbesserung zu Jacoby Brissett, und die Colts sind nicht so weit weg davon, in den Playoffs Alarm zu machen.

Die Glaskugel: Was wäre die ideale Situation? Rivers braucht ein Team mit sehr guten Umständen - beginnend mit der Offensive Line -, das gewillt ist, einer Übergangslösung über zwei Jahre zuzustimmen, das jetzt gewinnen will und in dem Rivers trotz seiner enttäuschenden 2019er Saison ein Upgrade darstellen würde. Und so wirklich scheint nur ein Team hierauf zu passen. Prognose: Rivers geht zu den Colts.