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Patriots-Offense mit purer Dominanz - auch gegen die Chiefs?
Und wieder einmal dürfen die Abgesänge auf die Patriots vorerst in der Schreibtischschublade verschwinden. Die Pats dominierten am Sonntag die Chargers nach allen Regeln der Kunst, ein Team, das in der Regular Season ein Spiel mehr gewonnen hatte als New England, alle Spiele außerhalb von Los Angeles gewonnen und gerade ein eindrucksvolles Spiel in der Wildcard-Runde in Baltimore für sich entschieden hatte.
Jene Chargers waren in New England chancenlos, die Patriots dagegen ziehen in ihr achtes Championship Game in Folge ein, in 13 der 16 Playoff-Trips mit Brady gab es mindestens einen Auftritt am Championship Sunday. Absurde Zahlen, nicht nur in der Salary-Cap-Ära. Die Pats haben es geschafft, sich abgesehen von wenigen Konstanten - allen voran natürlich Brady und Belichick - im konstanten Wandel zu bewegen; was die individuelle Zusammensetzung des Teams und die Leistungsträger angeht, aber auch, was grundlegende Philosophien betrifft.
Vom Power Run Game zu Beginn des Jahrtausends über die Dominanz der vertikalen Spread-Offense mit Randy Moss, Kurzpass- und 2-Tight-End-Offenses, einem erneuten Slot-Fokus, einer kurzen Rückkehr zum vertikalen Passspiel bis jetzt wieder zurück zum Power Run Game: New England war offensiv konstant im Wandel, und das alles innerhalb des übergreifenden Schemes der Erhardt-Perkins Offense, die die Basis für die permanente Wandelbarkeit legt.
Das Run Game spielte in den vergangenen Jahren schon eine größere Rolle, die Pats sind das einzige Team, das in jedem der letzten drei Jahre in der Top-5, was Running-Back-Runs angeht, rangierte. Kaum ein Team bekam das deutlicher zu spüren als die Chargers, und die Patriots werden einige dieser Konzepte auch im Championship Game in Kansas City nutzen.
Patriots vs. Chargers: Fullback und Power Run Game
Gleich der erste Drive war ein 14-Play-Drive über 83 Yards, und New England machte kein Geheimnis aus dem eigenen Ansatz. Es war ein Power Run Game, mit vielen Plays mit dem Fullback als (Lead-)Blocker auf dem Feld - genau so, wie man es von New England insbesondere in den letzten Wochen häufig gesehen hatte; nur San Francisco spielte in der vergangenen Saison mehr 21-Personnel (zwei Running Backs, ein Tight End) als die Pats.
Für die Chargers war das ein besonders schlechtes Matchup. Wo L.A. in der Vorwoche mit sieben Defensive Backs gleichzeitig auf dem Feld noch großen Erfolg hatte und Lamar Jackson in der Pocket kontrollieren konnte, war dieser Ansatz gegen die Patriots chancenlos. Den Chargers waren durch Linebacker-Verletzungsprobleme zu einem gewissen Grad die Hände gebunden, und New England nutzte das voll aus.
Die Patriots setzten auf ihr Power Run Game, brachten konstant einen oder zwei Blocker aus der Offensive Line schnell auf das Second Level und kreierten so riesige Lücken für Sony Michel und Co. Dabei wurde der Fullback als Lead-Blocker und auch als "Lückenstopfer" eingesetzt, um sich öffnende Räume hinter den schnell aufrückenden Linemen schließen zu können.
Es wurde schnell klar, dass die Chargers keinen Plan B hatten; gleichzeitig ließ L.A. auch zu lange den Willen vermissen, aggressiver zu Werke zu gehen. Wenig Blitzing und viel zu häufig eine sehr softe Underneath Zone Coverage, was den Weg für neun Receptions für Julian Edelman sowie 15 (!) für James White ebnete.
"Sie spielen viel Zone Coverage, für uns Running Backs eröffnen sich dadurch viele Gelegenheiten, um den Ball zu fangen", brachte White es anschließend auf den Punkt; und was so einfach klingt, war es am Sonntagabend häufig auch für die Patriots. New England konnte mit seinem Power Run Game 4,6 Yards pro Run verzeichnen, gleichzeitig attackierte Brady in einem sehr effizienten Auftritt konstant die Underneath-Coverages, während die Offensive Line keinen Sack und nur einige einzelne Pressures zuließ.
Die Pats mischten dabei exzellent ihre Passing und Running Designs. Mehrfach entstanden aus Run-Looks Play-Action-Pässe, aus Play-Action-Fakes Screens und immer wieder gab es dabei komplett offene Receiver. So dominant das Run Game war - die Patriots warfen den Ball immer noch zwölf Mal mehr, als dass sie ihn liefen (Kneeldowns nicht eingerechnet) und verzeichneten im Passing Game drei Yards pro Play mehr.
Das längste Play des Tages allerdings war ein 40-Yard-Run von Sony Michel, der dabei erneut zwischen seinem Fullback und Tight End durch eine offene Lücke marschieren durfte. "Der 40-Yard-Run war das Resultat von großartigem Blocking. Es war eine riesige Lücke", bestätigte Michel anschließend. "Jeder hätte da durchlaufen können."
Das war mehr als ein Mal das Thema in diesem Spiel - Runs, bei denen es nicht schwierig war, durch die Lücke zu marschieren und schnell Yards zu sammeln, bevor man überhaupt erstmals Gegnerkontakt macht.
Und auch wenn White nach dem Spiel betonte, dass "jedes Spiel unterschiedlich ist. Wir attackieren jede Defense auf unterschiedliche Art und Weise", steht doch die Frage schon jetzt im Raum: wie viel davon ist auf das Championship Game übertragbar?
Immerhin wartet mit den Chiefs die schlechteste Run-Defense der Regular Season; eine Run-Defense, die vor allem auf dem Second Level und in Short-Yardage-Situationen mitunter desolat war. Eine Run-Defense, die von Teams immer wieder erfolgreich mit Interior-Runs attackiert wurde. Als beide Teams in Week 6 aufeinandertrafen, war es sehr auffällig, dass New England die Outside Runs suchte und so auch häufiger etwa Chris Jones aus dem Weg ging. Sehen wir hier eine Umstellung am kommenden Sonntag?
Die Patriots sollten in jedem Fall in der Lage sein, Kansas City oft in die Base-Defense zu zwingen, um nicht das gleiche Schicksal zu erleiden, wie die Chargers-Defense. Und eine der Stärken dieser Pats-Offense ist es, wie flexibel sie auch aus Heavy Sets sein kann - plötzlich entsteht via Pre-Snap-Motion eine Spread-Formation und New England attackiert die Linebacker im Passing Game. Die Pats werden die Outside-Corner-Probleme der Chiefs nicht so ausnutzen können, wie das etwa die Chargers gekonnt hätten. Aber mit ihrem Ansatz präsentieren sie eine vielleicht noch unangenehmere, weil Matchup-forcierende Herausforderung.
Rams vs. Cowboys: warum funktionierte das Run Game der Rams?
Gerade eine Woche, nachdem sich die Seahawks an der Run-Defense der Cowboys die Zähne ausgebissen hatten, walzten die Rams nur so über Dallas. 48 Runs für spektakuläre 273 Yards, mit einer Pro-Play-Effizienz (5,7 Yards pro Run), die ungewöhnlich nahe an das Passspiel (6,6 Yards pro Pass) rankam: L.A. hatte ein konstantes Run Game mit vielen Runs in der fünf bis zwölf Yard-Reichweite, und Dallas fand nicht im Ansatz eine Antwort darauf.
Schaut man sich das Tape dieser Partie an, fällt auf: die Rams hatten ganz besonders im Inside Run Game Erfolg. L.A. lief 22 Mal im Bereich zwischen der Inside-Schulter des Left Tackles und der Outside-Schulter des Right Guards, für einen Schnitt von 6,6 Yards pro Run und insgesamt herausragende zehn First Downs.
Ein beachtlicher Wert, ganz besonders wenn man den direkten Vergleich zum Seattle-Spiel zieht; die Seahawks hatten im gleichen Bereich 13 Runs - bei einem Schnitt von 2,7 Yards pro Run und für zwei First Downs.
Sowohl die Rams (22 von 48 Runs) als auch die Seahawks (13 von 24) investierten also viele Snaps, um über das Inside Run Game Erfolg zu haben. Das Ergebnis hätte aber unterschiedlicher kaum sein können, nur die Rams konnten hier punkten. Und warum? Das Tape liefert die Antwort.
Rams Run Game: Jet Sweeps und Inside Zone
Es war insbesondere eine Play-Kombination, die bei den Rams hier immer wieder auffiel und die diverse Male in längeren Raumgewinnen durch das Run Game resultierte - beispielhaft hier dargestellt.
Die Rams sind schon die ganze Saison über ein Team, das vermutlich mehr als jede andere Offense Jet Sweeps und vor allem Jet Sweep Fakes einbaut. Die Rams übergeben den Ball hier gelegentlich auch an den Jet-Motion-Spieler, vor allem nutzen sie dieses Element aber als Ablenkung: so soll nochmals mit den Gap-Zuteilungen der Defense gespielt werden, die sich durch die veränderte Situation eines Jet Sweeps umstellen können, was im Idealfall Raum für Runs über die Mitte öffnet.
Im Laufe der zweiten Saisonhälfte hatten gegnerische Defenses allerdings angefangen, diese Jet Sweep Fakes zu ignorieren - die Bedrohung der Ballübergabe an den sich in Bewegung setzenden Receiver war zu gering geworden. Die Rams intensivierten diese Plays so wieder, und gegen Dallas hatten sie mit der oben dargestellten Formation dann durchschlagenden Erfolg.
Der Jet-Sweep-Spieler ist dabei nur ein Teil des Fakes, er wird ergänzt durch einen pullenden Tight End, der wie ein Lead-Blocker vor dem Sweep-Spieler mitläuft. Die Offensive Line blockt im bekannten Zone-Blocking der Rams Downfield und schiebt die Front in die Richtung, aus welcher der Sweep-Spieler losgelaufen war.
Der pullende Verteidiger ist für den durch das Blocking der Line freigelassenen Edge-Verteidiger zuständig und muss sich dem zumindest in den Weg stellen - und mehrfach waren so Inside Runs an der Line of Scrimmage völlig offen.
Das war die schematische Grundlage für viele der Rams-Runs, die in dieser Effizienz aber nur so funktionierten, weil L.A. auf exakt diesen Play-Designs aufbauend dann auch ins Play Action Game ging. Goff hatte gegen Dallas so viele Play-Action-Pässe wie er reguläre Pässe hatte (14); mit Play Action verzeichnete er mehr Yards (104) als ohne (82).
Aus Rams-Sicht war es schematisch eine Vintage-Rushing-Leistung, wie man sie früher in der Saison so häufig gesehen hatte. Pass- und Run-Designs glänzend miteinander verknüpft, eine großartig aufspielende Offensive Line und durch Motion und die permanente Bedrohung von Play Action weit offene Runs für die Running Backs.
In der Hinsicht, das dürfte Sean McVay ähnlich sehen, war es eine vielversprechende Generalprobe für das Championship Game in New Orleans - gegen die herausragende Run-Defense der Saints, die mit ihrer Vorliebe für Man Coverage allerdings vielleicht auch noch ein wenig anfälliger für die Sweep Fakes sein könnten. Uns erwartet ein faszinierendes Schachspiel an der Line of Scrimmage.