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Die Running-Back-Situation der L.A. Rams: Die Vorteile einer Männer-Schwangerschaft

Von Pascal De Marco
C.J. Anderson hat 4 Touchdowns in 4 Spielen für die L.A. Rams.
© getty

Vor Super Bowl LIII (Montag ab 0.30 Uhr live auf DAZN) stehen die L.A. Rams und Head Coach Sean McVay vor einer kuriosen Situation: Zwar haben die Rams den vielleicht besten Running Back der Liga in den eigenen Reihen, doch hat dessen Vertretung in den Playoffs besser gespielt. Wie verteilet McVay im Spiel gegen die New England Patriots also die Rollen von C.J. Anderson und Todd Gurley?

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In einer herausragend funktionierenden Offense der L.A. Rams spielte Todd Gurley eine erneut bärenstarke Saison. Der Offensive Player of the Year der Vorsaison lief für einen NFL-Bestwert von 17 Tochdowns und 1.251 Yards und wurde wie schon im letzten Jahr in das All-Pro-Team gewählt. Für viele waren Gurleys Zahlen sogar Grund genug, den Running Back weit oben im MVP-Rennen anzusiedeln.

Mit einem sicheren Playoff-Platz in der Tasche und einer Verletzung aus dem Aufeinandertreffen mit den Philadelphia Eagles allerdings in Week 15 änderte sich das Meinungsbild vieler Beobachter. Die Franchise verpflichtete in C.J. Anderson einen Ersatzmann mit der Intention, eine reine Interimslösung zu beschäftigen. Eine, die bis dato in neun Einsätzen insgesamt 104 Yards Raumgewinn sammelte und im Laufe der Saison bereits von den Oakland Raiders und den Carolina Panthers entlassen wurde.

Anderson, dessen Physis auf den ersten Blick nicht auf einen Modelathleten hindeuten mag, explodierte jedoch im vorteilhaften System der Rams und hinter einer großartigen Offensive Line. Der ehemalige Bronco lief bei seinen ersten zwei Einsätzen gegen die Cardinals und die 49ers für insgesamt 299 Yards und 2 Touchdowns und war daraufhin auch bei einer Rückkehr Gurleys in den Playoffs eine ernsthafte Option.

So teilten sich Gurley und Anderson in der Divisional Round die Snaps im Backfield und spulten eine Partie für die Geschichtsbücher ab. L.A. lief an diesem Abend für historische 273 Yards und 123 davon, inklusive zweier Touchdowns gingen auf das Konto Anderson. Im Conference Championship Game strauchelte Gurley dann gewaltig und verschuldete früh eine Interception sowie eine Third-Down-Incompletion.

Der All-Pro-Running-Back wurde im Verlauf der ersten Halbzeit von McVay zum Third-Down-Back abgestuft und beendete diese mit nur drei Touches. Das gesamte dritte Viertel musste Gurley dann sogar von der Bank zusehen und als er im vierten Viertel wieder zurück aufs Feld kam, war sein Einfluss minimal.

Sollte dies mit der vorangehenden Verletzung zu tun gehabt haben, haben die Rams wenig bis gar nichts darüber der Öffentlichkeit preisgegeben. Der sportliche Einfluss in jedem Fall war sehr gering, denn Anderson erfüllte seine Rolle hervorragend.

C.J. Anderson knackt 100-Yard-Marke in den ersten drei Spielen

Es ist eine dieser Geschichten, die wie für einen Super Bowl geschrieben scheint. Im letzten Jahr war es Nick Foles, der als Backup-Quarterback zum Super-Bowl-MVP wurde. Wird C.J. Anderson nun die gleiche Rolle zuteil?

Noch vor knapp zwei Monaten war der Running Back ohne Job. Ein Umstand, der nach den enttäuschenden Leistungen in Oakland und Carolina auch durchaus seine Daseinsberechtigung hatte. Als der gebürtige Kalifornier dann am 11. Dezember ein Vertragsangebot eines Super-Bowl-Contenders akzeptierte, änderte sich alles.

"Das Beste ist, dass ich die News jetzt schon am Freitag erfahre und nicht erst am Sonntag, eineinhalb Stunden vor dem Spiel", scherzte Anderson nach seinem Rams-Debüt mit 167 Yards und einem Touchdown gegen Arizona. "Es sollte lustig werden. Wir werden auf jeden Fall Spaß haben."

Und wie sie Spaß miteinander hatten. Denn Andersons Leistungen blieben selbstverständlich auch der Öffentlichkeit nicht verborgen. In den sozialen Medien wurde Anderson unter anderem als Bowlingkugel bezeichnet und selbst Quarterback Jared Goff nannte Anderson im Interview nach dem Cowboys-Spiel "Fat Back".

"Das ist alles in Ordnung", betont Anderson. "Ich nenne mich ja selbst manchmal ‚Fat Back'. Das ist alles nur scherzhaft. Schauen Sie, ich habe 12, 13 Pfund Übergewicht. Da mache ich keinen Hehl draus. So lange ich mich weiter bewegen und meinen Job erledigen kann, habe ich keine Probleme damit, der ‚Fat Back' zu sein."

Todd Gurley: "Mich interessiert nicht wie wir gewinnen"

Um den physischen Zustand ihres Running Backs machen sich die Rams aber nur wenig bis gar keine Gedanken. Ganz im Gegenteil: Hat der knapp 110 kg auf 1,72 Meter messende Back erst einmal Fahrt aufgenommen, ist er nur ganz schwer auf den Boden zu bekommen. Und Fahrt nahm er zuletzt ständig auf.

Dabei profitiert Anderson besonders von der bärenstarken Offensive Line und dem Scheme der Rams. So wird das Run Blocking sowohl nach den Metriken von Football Outsiders als auch nach den Noten von Pro Football Focus als beste der gesamten Liga gelistet. Außerdem ist Anderson neben Gurley, Damien Williams und Austin Ekeler einer der vier Backs, die bei Runs überdurchschnittlich häufig von der numerischen Anzahl an Blockern gegenüber Verteidigern in der Box profitieren.

Nach dem Cowboys-Spiel hatte Anderson nach Sharp Football Stats eine beeindruckende Erfolgsquote von 74,2 Prozent bei seinen Rush-Versuchen. Gurley kommt hingegen in dieser Saison auf eine Erfolgsquote von 57 Prozent, während der Ligadurchschnitt bei 47,5 Prozent liegt.

Im Conference Championship Game gegen die Saints war das Running Game mit Anderson erstmals kein entscheidender Faktor. McVays Entscheidung, zu großen Teilen der Partie auf Anderson zu setzen, zeugt aber von dem großen Vertrauen, dass er bereits in Gurleys Backup hat. Und nicht nur vom Head Coach erfährt Anderson Unterstützung, sondern auch vom Konkurrenten selbst.

"Mir wurde es so beigebracht", erklärt Gurley. "Mich interessiert nicht, wie wir gewinnen und wenn wir mit 2:0 gewinnen. Wer die Plays macht ist nicht ausschlaggebend. Solange wir gewinnen könnte ich mir darüber nicht weniger Gedanken machen."

Anderson: "Will Todd 90 Prozent der Snaps spielen, dann lassen wir ihn"

Es ist diese Philosophie der verschworenen Einheit, mit der die Rams am Sonntag in den Super Bowl gehen werden. Der Teamgedanke kommt zuerst und wer von beiden Spielern mehr Snaps sehen wird, ist egal, weil persönliche Interessen dem Erfolg der Mannschaft untergeordnet werden. Da ist es nicht relevant, ob der eine einen 60 Millionen-Dollar-Vertrag unterzeichnet hat und ab nächster Saison der bestbezahlte RB der Liga sein wird oder der andere vor rund zwei Monaten noch ohne Arbeitgeber da stand.

"Es geht um das Team und darum, wie wir Football-Spiele gewinnen können", sagt Coach McVay zur Running-Back-Situation. "Ich denke, er [Gurley, Anm. d. Red.] weiß, dass wenn er an der Seitenlinie steht, frisch bleiben kann und dennoch unsere erste Option ist, während C.J. Plays für uns macht. Er weiß, dass es das aktuell Beste für das Team ist. Er versteht das in seiner Leaderrolle und das ist ein Schlüssel unseres Erfolges."

Und auch Anderson will an der Hierarchie überhaupt nicht rütteln: "Wir werden sowieso das machen, was Todd will", so der 27-Jährige. "Wenn Todd 90 Prozent der Snaps spielen will, dann werden wir ihn machen lassen. Er ist nicht umsonst der beste Running Back der Liga."

Super Bowl: Sind die New England Patriots Run-Resistent?

Am kommenden Sonntag wird Gurley vielleicht nicht 90 Prozent der Snaps sehen, aber eine deutlich stärkere Verteilung zugunsten Gurleys ist durchaus erwartbar. Immerhin treffen die Rams auf die Patriots und damit auf eine Defense, die in den Playoffs herausragend gegen den Run gearbeitet hat. New England gab in den Spielen gegen die Los Angeles Chargers und die Kansas City Chiefs insgesamt 60 Rushing Yards ab und kein Running Back mit mindestens zwei Laufversuchen lief für mehr als durchschnittlich 3 Yards.

Anderson lief bei 37 seiner 66 Carries durch das Zentrum der gegnerischen Verteidigung. Mit 56,1 Prozent ist diese Quote weitaus höher im Vergleich zu Gurley, der in lediglich 21 Prozent seiner Runs durch die Mitte geht. Was für einen wenig in das Playbook involvierten Running Back einen unkomplizierten Einstieg in eine Offense darstellt, könnte gegen eine Bill-Belichick-Defense aber zu wenig sein, sollten die Rams das Zentrum umgehen wollen.

Größere Probleme könnte man den Patriots von der Running-Back-Position aus dagegen vermutlich eher im Passing Game bereiten. Hier ist New England nach dem defensiven DVOA von Football Outsiders lediglich auf Platz 22 und bietet somit eine bedeutend interessantere Angriffsfläche als durch bloße Inside-Runs.

Das könnte für Anderson hinsichtlich seiner Spielzeit zum Problem werden, schließlich sind seine Fähigkeiten als Receiver stark limitiert. Er hat nur in einem seiner Spiele bei den Rams mehr als einen Pass gefangen und ist im Passing Game dementsprechend nahezu ausschließlich in der Pass Protection aktiv gewesen.

Sean McVay: "Wollen beide involvieren"

"Wir wollen beide Spieler involvieren", erklärt McVay im Hinblick auf den Super Bowl. "Aber natürlich: Wenn es bei Todd läuft, dann lassen wir ihn laufen. Es wird mehr davon abhängen, wie es im Spiel läuft und welche Situationen eintreten. Aber wir fühlen uns großartig damit, zwei derart produktive Running Backs zu haben, deren Fähigkeiten sich hervorragend ergänzen."

Ganz egal wie viele Snaps Anderson also schlussendlich sehen wird: Seine Geschichte ist eine der ganz besonderen Storylines, die sich um den Super Bowl ranken. Darüber hinaus hat er die Tür für die sogenannten "Fat Backs" in der Liga wieder weit geöffnet. Und selbst wenn es am Sonntag für den großen Wurf nicht reichen sollte, wird Anderson schon bald einen anderen Grund zum Feiern haben.

"Ich mag zwar gerade rund 10 Pfund zu viel drauf haben", sagte der Running Back in der Dan Patrick Show schmunzelnd. "Aber ich werde im April ein Baby bekommen. Ich werde im April eine Tochter bekommen. Das Übergewicht kommt also von so etwas wie einer Männer-Schwangerschaft."

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