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NFL Third and Long: Playoff Preview und Head-Coach-Karussell

Auch die Green Bay Packers suchen einen neuen Head Coach für Aaron Rodgers.
© getty

Das alte Jahr endete mit einem Knall - auch in der NFL. Der Black Monday sorgte für eine ganze Entlassungsflut, und so sucht ein Viertel der Liga nach einem neuen Head Coach. Das bringt Fragen mit sich: Welche Kandidaten sind die interessantesten? Und umgekehrt, welche Teams sind am spannendsten? Außerdem: Ein Blick auf die Wildcard-Duelle sowie ein Mailbag zum Start ins neue Jahr.

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Monströses Erdbeben in der Coaching-Landschaft. Alles begann noch friedlich direkt nach den Spielen am Sonntag, als aus Jacksonville zu hören war, dass Doug Marrones Platz sicher ist. Danach aber? Komplettes Chaos.

Gleich acht Teams - oder auch ein Viertel der NFL - befinden sich seit dem letzten Tag des Jahres auf Head-Coach-Suche. Eine enorme Zahl, die direkt auch eine Reaktion mit sich bringt: Es sind zu viele Teams.

NFL-Verantwortliche sprechen mit Blick auf diese Zeit des Jahres gerne von einem jährlichen Prozess und meinen damit die Idee, dass in jedem Jahr nur eine begrenzte Anzahl an wirklich interessanten Head-Coach-Kandidaten zur Verfügung stehen. Der aktuellste heiß gehandelte offensive Play-Caller benötigt womöglich noch ein Jahr, um in anderen Bereichen reifer zu werden. Der interessante College-Head-Coach ist womöglich noch nicht bereit für die NFL, und so weiter.

Mit acht gleichzeitig geöffneten Head-Coaching-Positionen werden wir in diesem Jahr zwangsläufig eine andere Dynamik sehen. Ohnehin schien dieses Jahr in puncto Head-Coach-Kandidaten eher leicht unterdurchschnittlich zu sein; mit der immensen Entlassungs-Flut zum Black Monday trifft jetzt ein geringes Angebot auf eine sehr hohe Nachfrage.

Das muss allerdings nicht nur schlecht sein. Mehrere der acht Teams - und womöglich kommt ja noch wer dazu - werden nicht ihren ersten und auch nicht ihren zweiten Wunschkandidat bekommen. Schon am Sonntag kursierten Gerüchte, wonach Ex-Packers-Coach Mike McCarthy den Cardinals signalisiert haben soll, dass er sich anderweitig orientiert. Wenige Stunden später kamen dann Berichte auf, wonach McCarthy in Cleveland ein Top-Kandidat sein soll.

Warum muss das nicht nur schlecht sein? Weil der Prozess über die nächsten Wochen mehrere Teams dazu zwingen wird, kreativ und mutig zu werden. Über den Tellerrand hinaus zu schauen. Und das könnte sich als Glücksgriff entpuppen, ich werde gleich bei meinen Top-Coach-Kandidaten darauf genauer eingehen.

Aber zunächst: Welcher Head-Coaching-Posten ist eigentlich am attraktivsten?

Die Head Coach Jobs: Welche Teams sind am attraktivsten?

1. Cleveland Browns: Ja, die Packers haben Aaron Rodgers - doch wie lange ist dessen Fenster noch geöffnet? Die Browns haben den neben Patrick Mahomes vielversprechendsten jungen Quarterback in ihren Reihen, genau wie (potentielles) Elite-Talent auf den beiden wichtigsten Defense-Positionen: Pass-Rush (Myles Garrett) und Cornerback (Denzel Ward). Allesamt unter den Rookie-Verträgen. Dazu eine starke Offensive Line und 80 Millionen Dollar Cap Space, der vierthöchste Wert.

Für die Browns öffnet sich jetzt das Titelfenster, und umso kritischer wird die Entscheidung für den neuen Head Coach sein. Gelingt es - in welcher Konstellation auch immer - Offensive Coordinator Freddie Kitchens und Baker Mayfield zusammen zu halten? Darauf muss ein Fokus liegen.

2. Green Bay Packers: Die Packers sind ein unheimlich spannender Fall. Enorme Erwartungen, ein Titelfenster, dessen Ende am Horizont sichtbar ist, ein sicherer Hall of Fame Quarterback - und mehr Druck, sofort Ergebnisse abzuliefern, als bei irgendeinem anderen Team, das sich auf Head-Coach-Suche befindet. Vielleicht sogar mehr Druck, als überhaupt bei einem anderen Team aktuell.

Auf der anderen Seite ist Green Bay strukturell eine einmalige Franchise und man darf sich als Coach-Kandidat bei den Packers vergleichsweise sicher sein, dass man etwas mehr Zeit bekommt, als das bei einigen anderen Teams der Fall wäre. Green Bay sollte vor allem für offensive Coaches interessant sein, Mike Pettine und den defensiven Trainerstab zu übernehmen wäre nicht die schlechteste Entscheidung.

3. Arizona Cardinals: Arizona hat 70 Millionen Dollar an Cap Space, einen jungen Quarterback in seinem zweiten NFL-Jahr, Elite-Talent defensiv mit Chandler Jones und Patrick Peterson sowie junges Talent in Budda Baker und Haason Reddick - und den Nummer-1-Draft-Pick. Ja, die Cardinals benötigen eine nahezu komplett neue Offensive Line, doch dieser Job unter diesen Umständen ist attraktiv.

Umso mehr, da in Arizona der mediale und öffentliche Druck auf sofortigen Erfolg niedriger sein wird, als nahezu überall anders. Größter Kritikpunkt: Wilks wirkt noch immer etwas wie ein Bauernopfer, wenn man sich die Kader-Zusammenstellung und die hohen Draft-Picks von General Manager Steve Keim in den letzten Jahren anschaut. Keim bleibt im Amt, dürfte seinerseits aber eine sehr kurze Leine haben.

4. New York Jets: Ganz ähnliches Szenario wie bei Arizona. Über 100 Millionen Dollar in Cap Space, in Sam Darnold ein junger Quarterback, der in sein zweites Jahr geht und im Laufe der zweiten Saisonhälfte deutliche Fortschritte zeigte. Die Jets sind ein sehr interessantes, junges Team, das nach Jahren über Jahren mit defensiv geprägten Head Coaches und einer defensiven Philosophie auch im Draft endlich mit der Zeit gehen und ihren jungen Quarterback entwickeln sollte.

Die Unterschiede zu den Cardinals? Ein deutlich härterer Markt in New York, mehr Baustellen gerade defensiv - und nicht der verlockende Nummer-1-Pick im kommenden Draft.

5. Tampa Bay Buccaneers: Mit der wenigste Cap Space ligaweit, eine Defense, die in mehreren Bereichen generalüberholt werden muss - und Jameis Winston als Make-or-Break-Quarterback in der kommenden Saison. Die Buccaneers stehen an einem Scheideweg, und jeder Head Coach wird maßgeblich an seinem Erfolg mit Winston und der Offense im kommenden Jahr gemessen werden.

Das kann nach hinten losgehen; auf der anderen Seite ist ein potentieller Franchise-Quarterback schon da und die Offense, inklusive der Line und dem Receiver Duo Evans/Godwin, hat jede Menge individuelle Qualität. Tampa ist abgesehen von den beiden Top-Teams dieser Liste das Team, das am ehesten schnell auch Erfolg haben kann.

6. Cincinnati Bengals: A.J. Green, Tyler Boyd, Joe Mixon, eine Offensive Line, die schon im Vorjahr verbessert wurde - die Möglichkeiten in der Offense sind da, wobei hier prompt die erste Frage mitschwingt: Wie stark ist Andy Dalton als Argument?

Ein klares Argument für Cincinnati: Nach all den Jahren unter Marvin Lewis, der Cincinnati umgekrempelt und zum Playoff-Team geformt, den nächsten Sprung aber nie geschafft hat, dürstet das gesamte Umfeld rund um die Bengals nach frischem Wind. Ein einigen Schrauben zu drehen könnte schon einen großen Effekt vor allem in der Wirkung nach außen haben.

7. Denver Broncos: "Volle Verantwortung", betonte John Elway nach der Entlassung von Vance Joseph, übernehme er für die Fehlentscheidungen der letzten beiden Jahre - was unweigerlich die Frage aufwirft: Müsste Elways Job damit nicht ebenfalls wackeln? Wenn man sich die Entwicklung der Franchise seit dem Super-Bowl-Titel anschaut, fällt es schwer, Elway nicht ernsthaft anzuzählen. Und dennoch: Jeder neue Head Coach wird sich zumindest noch Elway unterordnen müssen.

Das ist natürlich nicht der einzige Grund, warum Denver so weit unten auftaucht. Die Broncos haben ein riesiges Fragezeichen auf der Quarterback-Position, die Defense ist längst nicht mehr auf dem einstigen dominanten Niveau. Immerhin: Die vergangene Draft-Klasse sieht sehr vielversprechend aus.

8. Miami Dolphins: Ryan Tannehill ist nicht die Antwort, und das scheinen die Verantwortlichen in Miami sich inzwischen einzugestehen. Das bringt die Dolphins zurück an den Anfang, und ohne einen Quarterback in einem Jahr, in dem es abgesehen von Teddy Bridgewater weder in der Free Agency noch im Draft wirklich verlockende Optionen geben wird, wird diese Frage die gesamte Franchise prägen.

Dass Miami erst an Position 13 im Draft dran und Cap-technisch für 2019 im unteren Liga-Viertel zu finden ist, hilft dabei wenig. Adam Gase mag sich intern zu viele Feinde gemacht haben, was andere Teams genau untersuchen werden, falls sie an Gase Interesse haben. Sportlich allerdings hat Gase in der vergangenen Saison deutlich mehr rausgeholt, als man erwarten konnte.

Defensiv gibt es mit Minkah Fitzpatrick, Reshad Jones und Xavien Howard fraglos Talent, vor allem in der Secondary. Doch selbst Cam Wake wird nicht ewig weiterspielen, die Offensive Line ist einmal mehr eine größere Baustelle. Miami könnte ein Kandidat für einen größer angelegten Rebuild sein.