Transformiert Barkley die Giants-Offense?
Die Entscheidung der Bosse, dennoch an Manning festzuhalten und stattdessen die Bedingungen um ihn herum - die O-Line, die Play-Designs und eben Barkley - grundlegend zu verbessern, ist vor diesem Hintergrund nochmals schwieriger zu rechtfertigen. Man muss Barkley schon als Scheme-verändernden Spieler, der weit über das Run Game hinaus geht, sehen. Genau darauf bauen sie im Big Apple.
Barkley führte alle Running Backs im diesjährigen Draft mit mindestens 40 Targets in Yards pro gelaufener Route (1,9) und in Yards nach dem Catch (644) an. Kein anderer Back hatte hier über 550. Die Giants-Backs hatten kombiniert in der vergangenen Saison insgesamt 608 Receiving-Yards, mit Shane Vereen (253) und Wayne Gallman (193) vorneweg. Bei Receptions erzwang er 14 verpasste Tackles, New Yorks Running Backs kamen kombiniert 2017 in dieser Kategorie auf 13.
Das führt auch direkt zum Kern der Sache: Die Giants haben Barkley nicht gedraftet, um einen besseren Runner in ihren Reihen zu haben. Sie haben ihn gedraftet, um ihn als flexible Matchup-Waffe einzusetzen. Als Spieler, der überall aufgestellt werden, der via Pre-Snap-Motion Matchups ausnutzen und der selbst isoliert betrachtet im Passspiel einen Unterschied ausmachen kann. Barkley kann als Wide Receiver aufgestellt werden, er kann eines der schwächsten "Running-Back-Passing-Games" der Liga signifikant aufwerten.
Setzen die Giants auf einen Fullback?
Und ja: Er kann auch als Runner den Unterschied ausmachen. Barkley ist ein sehr guter Contact-Runner und erzwingt auch im Run Game viele verpasste Tackles, hilft hier also der Offensive Line deutlich weiter. Und mit Shurmur könnte er sogar noch gelegentlich einen Fullback zur Seite gestellt bekommen, den Shurmur ebenfalls als flexible Matchup-Waffe sieht: In seinen 24 Spielen als Offensive Coordinator der Vikings erhielt sein Starting-Fullback im Schnitt 12,3 Offensiv-Snaps pro Spiel, C.J. Ham spielte 18 Prozent der Vikings-Offensiv-Snaps 2017.
Das waren die viertmeisten Snaps für einen Fullback ligaweit, prozentual noch immer Rang 7. "Ich nutze den Fullback gerne. Ich denke, man kann ihn strategisch einsetzen. Mit einem Fullback hat man immer die Möglichkeit einer 7-Man-Protection, was dem Quarterback hilft. Shane Smith ist die erste Option der Giants für diesen Spot, und der ließ schon durchblicken: "Ich bin wahnsinnig gespannt. Er stellt mich als Receiver auf und nutzt mich für die Pre-Snap-Motion. Sie wollen ein Downhill-Run-Game und physisch spielen."
Einigung mit Odell Beckham - oder doch der Holdout?
Bleibt vor allem eine, nicht gerade unwichtige Personalie. Odell Beckham will einen neuen Vertrag, er würde in seinem letzten Vertragsjahr in die kommende Spielzeit gehen. Jüngst kündigte er an, dass er keinen Holdout plant - allerdings soll finanziell nach wie vor eine beträchtliche Lücke zwischen seinen Beratern und den Giants klaffen.
Wie Beckham reagiert, wenn Anfang August noch immer kein Vertrag in Sicht ist, bleibt so vorerst eine Wildcard. Und hier sind die Giants auch durch ihren Win-Now-Ansatz in den vergangenen Jahren nicht ganz flexibel: teure Verträge für Janoris Jenkins, Olivier Vernon und Damon Harrison haben die Defense 2016 eindrucksvoll runderneuert, waren aber auch nicht günstig. Mit dem Trade für Linebacker Alec Ogletree kommt ein weiterer teurer Vertrag auf der Seite des Balls dazu.
Odell Beckhams NFL-Statistiken:
Jahr | Spiele (Starts) | Receptions | Yards | Receiving-Touchdowns |
2014 | 12 (11) | 91 | 1.305 | 12 |
2015 | 15 (15) | 96 | 1.450 | 13 |
2016 | 16 (16) | 101 | 1.367 | 10 |
2017 | 4 (2) | 25 | 302 | 3 |
"Das Ende", bestätigte Manning jüngst das Offensichtliche, "ist näher, als der Start. Aber ich will weitermachen. Noch ist es nicht vorbei. Ich freue mich auf die Saison, um zu beweisen, dass ich noch auf einem hohen Level spielen kann. Wir können Spiele gewinnen, wir können Titel gewinnen. Wir haben viele Veränderungen im Trainerstab und wir haben Saquon Barkley dazu bekommen. Odell wird wieder fit sein. Man spürt die Vorfreude, die Spieler merken das. Die Trainingseinheiten waren gut und wir wollen schnell besser werden."
Man könnte argumentieren, dass die Team-Bosse auf ihren Kader, die Vertragsstrukturen und die unmittelbare Zukunft geschaut und so entschieden haben, dass der Umbruch vertragt werden und das aktuelle Fenster genutzt werden sollte.
Das wäre allerdings nicht nur eine sehr kurzfristige Planung - es setzt auch gerade Manning nochmals unter gehörigen Druck, sofern man nicht davon ausgeht, dass Viertrunden-Pick Kyle Lauletta die Quarterback-Antwort im Big Apple sein könnte. Die Giants müssen Ergebnisse liefern, und zwar in dieser Saison. Und das während die Quarterback-Frage über der Organisation schwebt. Während sich Janoris Jenkins einem grotesken Vorfall gegenüber sieht. Und während Geschäftsführer Dave Gettleman gegen eine Krebserkrankung kämpft.
Was ab September auch auf dem Feld passiert: Die eigentlich so ruhige Franchise scheint schon jetzt wieder in ungewohnt unruhigen Gewässern unterwegs.