Die Defense der Eagles ist möglicherweise der Hauptgrund dafür, dass die Truppe zum ersten Mal seit der Saison 2004 wieder im Super Bowl steht. Viele haben noch die Big Plays in der Regular Season sowie auch im Championship Game gegen Minnesota im Kopf, doch besonders nach dem Saison-Aus von Quarterback Carson Wentz war klar, dass diese Unit in die Bresche springen muss, um die "Underdogs" auch in den Playoffs erfolgreich zu machen.
Über die gesamte Saison hinweg schon überzeugt Philly mit einer aggressiven und athletisch höchst versierten Defense, die gegen den Lauf tödlich und gegen den Pass äußerst effektiv daherkommt. Unter dem Strich belegte die Eagles-Defense 2017 Platz 5 beim Defense DVOA, nachdem diese Einheit vor Schwartz' Amtsantritt 2016 noch einer Ruine glich.
Der Grund für den Umschwung erscheint dabei recht simpel, wenn man seinen Spielern Glauben schenkt: "Er bringt uns immer in eine großartige Position, um Plays zu machen", sagt etwa Safety Malcolm Jenkins, einer der Stars des Teams.
Ein Motto, das einem bekannt vorkommt, wenn man die NFL als solche intensiv verfolgt. Ebenso sein Ansatz, Spieler gemäß ihrer Stärken einzusetzen und sie nicht in Rollen zu zwängen, die ihnen nicht liegen. Beides erinnert nämlich stark an einen gewissen Bill Belichick, ein Mann, über den Schwartz bereits 2010 - damals bei den Detroit Lions als Head Coach unter Vertrag - sagte: "Im Prinzip ist meine gesamte NFL-Karriere ihm geschuldet."
Belichick hatte Schwartz dessen ersten NFL-Job gegeben. Von 1993 bis 1995 arbeitete Schwartz als sogenannter Personnel Coach für Belichick in Cleveland und war dort essenziell als Scout aktiv. Und auch Belichick hat großen Respekt vor seinem einstigen Schützling. "Er ist einer der schlausten Menschen, die ich kenne. Er ist sehr talentiert. Schauen Sie, ich könnte einfach nichts Schlechtes über Jim Schwartz sagen", gab Belichick im Rahmen der Super Bowl Opening Night zu Protokoll.
Eagles: Schwartz krempelt Defense komplett um
Schwartz wollte seine Vergangenheit mit Belichick aber auch nicht zu hoch hängen, geschweige denn in Team-Meetings zum Thema machen: "Das ist das Letzte, über das wir in der Vorbereitung nachdenken werden. Glauben Sie etwa, dass es irgendeinen unserer Spieler interessiert, dass ich 1993 als unbezahlter Praktikant eingestellt wurde?"
Schwartz verstand es seit seiner Ankunft in Philly, die Defense gewissermaßen auf links zu drehen. Weg mit dem von Chip Kelly eingeführten 3-4-System und zurück zur klassischen 4-3-Front im Cover-3-Prinzip, also mit Single-High-Safety und viel Zone Coverage. Unabhängig davon, was durch Personal-Upgrades in dieser Saison möglich wurde, bewirkte die Umstellung an sich schon von Beginn an, dass diverse Spieler plötzlich von Mitläufern zu Leistungsträgern avancierten.
Ein Brandon Graham, der als Outside Linebacker einfach verschwendet war, stabilisierte sich und entwickelte sich zu einem effektiven 5-Technique-Defensive-End, der mit 9,5 Sacks eine neue Karrierebestleistung hinlegte. Mychal Kendricks, der unter Kelly noch Inside Linebacker spielte, agiert nun als Outside Linebacker und hat einen größeren Wirkungskreis, kann zudem variabler gegen den Lauf und in Coverage eingesetzt werden.
Ein weiterer, wichtiger Faktor ist die Kadertiefe in der Front. Speziell die Defensive Line kann beliebig bestückt werden, denn jede der Positionen ist nun doppelt besetzt. Wichtig für diese Rotation waren vor allem die Verpflichtungen von Ex-Patriot Chris Long und Erstrunden-Pick Derek Barnett, die es Graham und Vinny Curry erlauben, auf den kräftezehrenden Edge-Positionen immer wieder zu rotieren, sodass alle frisch bleiben. Für den Super Bowl ein möglicherweise entscheidender Faktor.
Eagles-Defense: Pressure ohne zu blitzen
Generell steht Schwartz für dominanten Pass-Rush. 2014, bei seinem Abstecher nach Buffalo, wo er als Defensive Coordinator angestellt war, sorgte er dafür, dass die Bills mit 54 Sacks die Liga anführten. Defensive End Mario Williams hatte damals alleine 14,5 Sacks und spielte seine bis heute letzte richtig gute Saison.
Der Schlüssel dabei: Obwohl er kaum blitzt, also mehr als die üblichen vier D-Liner zur Quarterback-Jagd freigibt, erzeugt er Druck auf den QB. 2017 kam Philly zwar nur auf 38 Sacks, was nicht mal für die Top-10 reichte, doch gleich sieben Spieler hatte eine Pressure-Quote von mindestens 20 Prozent - ein bärenstarkes Ergebnis.
Sein Werdegang hätte allerdings durchaus auch anders verlaufen können, vielleicht sogar mit dem einen oder anderen Ring: 2001 hatte Belichick versucht, seinen einstigen Mitarbeiter nach New England zu holen, doch Schwartz blieb letztlich bei den Titans, wo ihn Jeff Fisher kurzerhand zum Defensive Coordinator befördert hatte. Eine Rolle, die er bis 2008 innehatte, ehe er schließlich als Head Coach der Detroit Lions fungierte.
Gelernt hatte Schwartz jedoch einiges unter Belichick. In der Vergangenheit gab er einige dieser Lektionen preis. Etwa die, dass man gegen eher schwache Offensive Lines mit fünf Mann attackieren sollte, um die O-Liner in Eins-gegen-Eins-Situationen zu zwingen, was die eigenen Pass-Rusher dann ausnutzen können. Oder auch, wie schwierig es sei, einen guten Receiving-Back zu verteidigen.
Auf solche wird Schwartz mit seiner Defense am Sonntag in Minneapolis sicher auch treffen, sowohl James White als auch Dion Lewis sind bekannt für ihre Fähigkeiten als zuverlässige und bewegliche Passempfänger. Speziell auf die beiden - oder irgendwen anderes - will sich Philadelphias Defensive Coordinator in der Vorbereitung auf Super Bowl LII aber nicht fokussieren.
Eagles: Schwartz legt Fokus auf komplette Patriots-Offense
Vielmehr gab Schwartz zu verstehen: "Kein Spieler steht für sich alleine. In der NFL im Allgemeinen, aber speziell für die Patriots gilt, dass man sein Scheme nicht an einem Spieler alleine ausrichten kann. Wenn man das macht, dann haben sie viele andere Spieler, die Plays machen können. Sie müssen einen guten Job gegen ihre gesamte Offense machen und Sie können sich nicht auf einen einzelnen Spieler konzentrieren."
Irgendwie passt dies aber auch zu seiner Art, die sein ehemaliger Mitschüler, Journalist Mike Freeman vom Bleacher Report, jüngst so umschrieb: "Er tritt dir in den Arsch und überlistet dich währenddessen." So war er als Spieler auf dem Platz und so coacht er jetzt an der Seitenlinie.
"Wir müssen einen guten Plan entwerfen. Wir müssen ihn ausführen. Wir müssen daran denken, wo unsere Stärken liegen und unsere Matchups und dergleichen im Kopf behalten. Und wenn wir bei alledem einen guten Job machen, dann sind wir in der Lage, das Spiel zu gewinnen", gibt Schwartz als Marschroute für das große Spiel an.
Während den physischen Part nun seine Spieler ausüben müssen, sind diese im Super Bowl mehr denn je auf das Superhirn von Schwartz angewiesen. Damit der einen Weg gegen die Superhirne seines früheren Lehrmeisters findet.