Wagner gehört zu den talentiertesten Off-Ball-Spielern der Liga. Derzeit sammelt er jedoch vor allem On-Ball-Erfahrungen in Orlando, was unter anderem daran liegt, dass zwei der drei Leistungsträger unter den Guards (Markelle Fultz und Cole Anthony) verletzt sind und der dritte (Suggs) auch schon Spiele verpasste (und weiter sehr wechselhaft agiert).
Es gibt also eine klaffende Playmaking-Lücke, das deutete sich auch schon vor der Saison an, und Wagner ist derjenige, der sie am meisten füllt. Das bringt einige erwartbare Probleme mit sich, die Magic sind beispielsweise eine Turnover-Maschine und sie haben Schwierigkeiten damit, Spiele zum Ende zu bringen. Oft fehlt die Ordnung, das sollte allerdings niemanden verwundern, schließlich ist Wagner kein gelernter Point Guard, sondern aktuell eine Art Autodidakt. Er betreibt Learning by Doing, gewissermaßen.
Gemessen daran sind die Resultate sogar absolut vielversprechend. Wagner nutzt momentan 6,6 Pick'n'Roll-Plays pro Spiel (er schließt sie also entweder per Wurf, Pass zum Wurf oder Ballverlust ab), fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Die Magic machen 0,98 Punkte pro Play daraus, damit steht er vor sehr vielen gelernten Point Guards und auch "Point Forwards" (insgesamt 72. Perzentil) - als Spieler, der offensiv mal als Typ Rollenspieler eingestuft wurde. Das ist verdammt stark!
Franz Wagner: Die Magic sind abhängig
Zumal: Einerseits werden die Fehler, die er jetzt macht, ihm langfristig helfen. Und andererseits dürfte auch das Teamgefüge noch verbessert und optimiert werden. Durch einen zusätzlichen Guard und Decision-Maker, der auch dafür sorgen könnte, dass Wagner nicht ständig Guards verteidigen und dabei zusätzlich Kraft lassen müsste.
Und generell natürlich durch Spacing. Orlando trifft 32,4 Prozent von draußen, das reicht für Platz 27. Die Magic nehmen auch nicht allzu viele Dreier. Während wir über Hochkaräter im Backcourt nachdenken, würde selbst die Anwesenheit des verletzten Veteranen Gary Harris offensiv wie defensiv wohl schon einige Probleme lösen.
Und dass Wagner trotzdem schon sehr viel richtig macht, zeigt sich durchaus auch bereits in den Zahlen. Mit dem Berliner auf dem Court fabrizieren die Magic ein achtbares Offensiv-Rating von 114,1 laut Cleaning the Glass. Ohne ihn? Glatte 97 Punkte pro 100 Ballbesitze ... ein Wert, der selbst bei einer Halloween-Party ZU erschreckend wäre.
Orlando Magic: Es wächst etwas zusammen
Trotzdem: All das sollte den Magic und ihren Fans Hoffnung machen. Orlando kann es sich Stand jetzt ja leisten, die Spiele zu verlieren und sich Zeit damit lassen, das richtige Gleichgewicht zu finden. Vielleicht können Fultz oder Suggs zu der Antwort reifen, auch wenn beide das Problem eint, dass sie bisher nicht wirklich werfen können. Vielleicht muss eine andere Lösung her, per Draft oder via Trade (an Assets fehlt es nicht).
Was die Magic dafür jetzt schon haben, ist Länge ... und eben Skills. Ein Frontcourt mit Wagner, Banchero und Carter hat Playmaking, Shot Creation, den Ansatz von Spacing, ein gutes Gefühl für das Spiel, was alle drei eint, und auch defensive Upside ... das ist eine Hausnummer. Und wer weiß: Wenn Bol sein derzeitiges Niveau halten kann, haben die Magic vielleicht auch den derzeit größten Flügelspieler der Liga, der momentan 77 Prozent (!) seiner Zweier trifft.
Natürlich ist die Stichprobe winzig, aber dieses Quartett dürfen wir dennoch im Auge behalten. In 218 gemeinsamen Possessions beträgt das derzeitige Net-Rating +15,6 und von Zeit zu Zeit wirkt es tatsächlich, als wüssten Gegner weder vorne noch hinten, was sie mit diesen Riesen anfangen sollen.
Die Magic sind noch kein gutes Team. Ergebnis-technisch gehören sie sogar zu den absolut schlechtesten. Das muss aber nicht mehr lange so weitergehen ... es entsteht etwas richtig Spannendes in der Nähe von Disney World.