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NBA Legenden-Serie - Marvin "Bad News" Barnes: Raubüberfälle, Zeitmaschinen - und besser als Dr. J?

Marvin Barnes, NBA
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Augenzeugen stellten Marvin Barnes in den 1970er-Jahren auf eine Stufe mit Julius Erving - manche sogar über "Dr. J". Doch statt eine Hall-of-Fame-Karriere hinzulegen, machte "Bad News" Barnes mit wilden Stories von sich reden und versank im Drogenchaos. Das überschattete schlussendlich all das, was er auf dem Court zu leisten imstande war.

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Der Big Diesel, der durch die Zonen walzt. Earvin Johnson, der mit den Showtime-Lakers seine Magie versprühen lässt. George Gervin, der eiskalte Scorer der San Antonio Spurs. Oder einfach nur der GOAT.

Oftmals fungieren die Spitznamen der NBA-Stars als eine perfekte Beschreibung ihres Spielstils, manchmal sind sie einfach nur ein Ausdruck purer Dominanz. Und in einzelnen Fällen verraten sie fast alles, was man über den jeweiligen Menschen hinter dem Spitznamen wissen muss.

Marvin "Bad News" Barnes ist so ein Fall.

Für viele junge Basketball-Fans handelt es sich dabei um einen weitestgehend unbekannten Namen aus längst vergessenen Zeiten, als vor der Haustüre der NBA noch eine Konkurrenzliga mit einem rot-weiß-blauen Ball und verrückten Ideen wie einer Dreierlinie wartete. Doch für manche damaligen Beobachter stand die ABA-Legende Barnes in seiner Blüte auf einer Stufe mit Julius "Dr. J" Erving, er galt als sicherer Hall of Famer. Wäre da nicht sein Spitzname.

In Anbetracht zahlreicher Konflikte mit dem Gesetz, Drogenmissbrauch und wilder Geschichten auf und abseits des Courts gerät heute schnell in Vergessenheit, dass in Barnes einer der besten Basketballer seiner Generation schlummerte. "Auf dem Court hatte ich das Gefühl, nur Gott und ich selbst können mich stoppen", sagte Barnes einst rückblickend im Houston Chronicle. "Und genau das ist passiert. Ich habe mich selbst gestoppt."

Marvin "Bad News" Barnes: Raubüberfall gone wrong

Bereits an der High School und zu College-Zeiten ist der 2,03-Meter-Mann ein Basketball-Phänomen. Geboren und aufgewachsen in Providence, Rhode Island, steigt er dank seines Geschicks im Umgang mit dem orangefarbenen Leder schnell zur lokalen Berühmtheit auf.

Er führt das Providence College 1973 ins Final Four, schafft es zum All-American. Bis heute steht mit 52 Punkten in einem Spiel sein Schulrekord, auch wenn er sich diesen mittlerweile mit MarShon Brooks teilen muss. Im NBA-Draft 1974 sichern sich die Philadelphia 76ers an Position zwei die Rechte an Barnes, der direkt hinter Bill Walton gezogen wird. Auch die ABA zeigt Interesse.

Und das, obwohl die Probleme abseits des Courts damals schon längst bekannt sind. In schwierigen Verhältnissen aufgewachsen, gerät der junge Barnes früh an die falschen Freunde. Mit ein paar anderen Jugendlichen überfällt er einen Stadtbus, dummerweise trägt er dabei seine High-School-Jacke mit seinem Namen eingestickt. Barnes wird schnell gefasst.

Später am College kommt es zu Handgreiflichkeiten mit Mitspieler Larry Ketvirtis, den er angeblich mit einem Montiereisen attackiert. Vor Gericht wird er zu einer dreijährigen Bewährungsstrafe und Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Dollar verdonnert.

Marvin Barnes (l.) wurde auf eine Stufe mit Julius "Dr. J" Erving gestellt - doch Probleme abseits des Courts verhinderten eine Hall-of-Fame-Karriere.
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Überbordendes Selbstbewusstsein mit einer verrückten Ader

Trotz dieser Vorgeschichten reißen sich nach dem Draft 1974 die beiden Ligen um den College-Star. Die Sixers wollen ihn in die Association locken, doch die Spirits of St. Louis aus der ABA bieten mehr. Er wolle lieber "am Fließband arbeiten" als für weniger als 2 Millionen Dollar zu unterschreiben, behauptet Barnes damals - von den Spirits bekommt er 2,5 Millionen.

So erhält die ABA ein neues Promo-Werkzeug, einen unfassbar talentierten Star auf dem Parkett, aber eben auch eine mindestens genauso undisziplinierte Diva abseits davon. Sein überbordendes Selbstbewusstsein in Kombination mit einer leicht verrückten Ader sowie dem Hang zu Partys und Frauen machen "Bad News" Barnes zu einem verlässlichen Produzenten von eben jenen schlechten Nachrichten.

Legendär sind die Geschichten um versäumte Trainingseinheiten - die habe er schließlich eh nicht nötig - oder verpasste Teamflieger zu den Auswärtsspielen. "Ich versuche mich an einen Flieger zu erinnern, den Marvin tatsächlich rechtzeitig bekommen hat", scherzt der damalige Spirits-Broadcaster Bob Costas im Buch "Loose Balls - The Short, Wild Life of the American Basketball Association" von Terry Pluto. "Das waren wenige - sehr, sehr wenige."

Marvin "Bad News" Barnes: Zeitmaschine, nein danke

Zu einem Auswärtsspiel in Norfolk verpasst Barnes alle regulären Flüge, die rechtzeitig vor dem Spiel angekommen wären. Während Coach Bob MacKinnon bereits einen Matchplan ohne seinen Star zurechtlegt, bucht dieser sich eine Privatmaschine, stolziert etwa zehn Minuten vor dem Tip-Off in die Kabine und proklamiert: "Have no fear, BB is here."

In der Folge legt Barnes seinen Nerzmantel ab, unter dem er bereits seine Spieluniform trägt, nimmt einen Bissen von seinem mitgebrachten McDonald's-Burger und schenkt dem Gegner 43 Punkte und 19 Rebounds ein. Laut Costas muss er noch während einer Auszeit den Scheck für den gebuchten Piloten unterschreiben, der auf sein Geld drängt.

Ein anderes Mal weigert er sich in ein Flugzeug einzusteigen, das um 8 Uhr morgens Louisville verlässt und aufgrund der Zeitverschiebung um 7.59 Uhr morgens in St. Louis ankommt. "Ich steige in keine Zeitmaschine", sagt Barnes und mietet sich stattdessen ein Auto.

Solche Geschichten kann fast jeder Wegbegleiter aus der damaligen Zeit erzählen. "Ich weiß nicht, wie oft ich ihn gesehen habe, wie er die ganze Nacht in Clubs unterwegs war und dann nach vielleicht einer Stunde Schlaf 35 Punkte machte", sagt etwa Barnes' ehemaliger Mitspieler Don Chaney.

Genau diese Tatsache lässt seine Coaches innerhalb weniger Spielzeiten um Jahrzehnte altern - bevor er selbst zu seinem größten Problem wird.

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Marvin "Bad News" Barnes - Auf und abseits des Courts nicht zu stoppen

In Barnes steckt unglaublich viel Talent, das durch seine Ausschweifungen aber nur selten zur vollen Entfaltung kommen kann. Die Spirits versuchen ihn mit Geldstrafen und Suspendierungen auf die richtige Bahn zu lenken. Es beginnt mit einem Dollar Strafe pro verspäteter Minute, es geht hoch auf zehn, dann 50. Doch aus Angst, den eigenen Superstar zu vergraulen, drücken die Verantwortlichen zu oft ein Auge zu.

Barnes' späterer Coach Rod Thorn versucht es nach zahlreichen Schimpftiraden irgendwann mit einer anderen Herangehensweise. "Meine einzigen Gespräche mit Marvin kamen, nachdem er etwas verbockt hat. Also dachte ich mir, ich rede mit ihm, wenn er etwas Gutes macht", erinnert sich Thorn.

"Wir haben in Utah ein sehr enges Spiel gewonnen, Marvin war überwältigend. Ich bat ihn, nach dem Spiel in mein Hotelzimmer zu kommen, das tat er, was schon mal ein gutes Zeichen war", führt Thorn rückblickend aus.

Spieler und Coach führen mehrere Stunden lang eine "großartiges Gespräch", an dessen Ende Barnes das Versprechen gibt, sich zu ändern. Und am nächsten Morgen verpasst er wieder den Teamflieger. "Ich wusste nicht, was ich mit dem Typen noch anfangen sollte", so Thorn.

Marvin Barnes: Ein Horror für alle Coaches

Verantwortung zu übernehmen, ein Team als Franchise-Star zu tragen, das weist Barnes Zeit seiner aktiven Karriere entschieden von sich. "Ich will mich nicht wie ein 30-Jähriger verhalten, wenn ich 22 bin", sagt er damals. "Aber sie hören nicht auf, mir zu sagen: 'Du darfst keine Fehler mehr machen, Marvin. Du darfst keine Teamflieger mehr verpassen, Marvin. Iss dein Gemüse, Marvin. Ich habe keine Lust mehr, die 'Franchise' zu sein mit all dieser Verantwortung."

Nach jedem guten Spiel, nach jeder noch so kleinen Hoffnung auf Besserung, die bei den Teambossen aufkeimt, macht Barnes diese blitzschnell zunichte. Beispielsweise als er nach einer knappen Niederlage die Teamchemie kritisiert. Nicht etwa, weil St. Louis einen Vorsprung verspielt hat, sondern weil seine Mitspieler ihn mit 48 Punkten auf dem Konto nicht mehr bedienten, um die 50 zu knacken.

"Die mentale Welt des Marvin Barnes war ein bizarrer Ort", fasst Costas die Problemfelder des Sorgenkinds zusammen, das in seiner Freizeit einerseits mit seinem Rolls Royce prahlt, andererseits aber auch Kinder mit Schuhen sowie T-Shirts versorgt und ihnen Eiscreme am Fließband spendiert.

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Marvin "Bad News" Barnes: "Er wollte dich blamieren"

Dabei hat Barnes alle Anlagen, um ein ganz Großer seines Sports zu werden. Auf dem Court ist er fast nicht zu stoppen. Den Power Forward zeichnet eine Mischung aus starkem Durchsetzungsvermögen unter dem Korb sowie einem gefährlichen Jumper aus der Mitteldistanz, hervorragendem Scoring und willensstarkem Rebounding, Leichtfüßigkeit und schierer Power aus.

In seiner Premierensaison in der ABA legt Barnes 24 Punkte und 15,6 Rebounds im Schnitt auf, gut genug für den Award als Rookie of the Year. In seiner zweiten Spielzeit lässt er 24,1 Punkte bei 50,3 Prozent aus dem Feld folgen. Er schafft es zweimal ins ABA All-Star Game und einmal ins All-ABA Second Team.

Als ihm vor seinem ersten Duell mit Caldwell Jones, einem Big Man aus San Diego, zu Ohren kommt, dieser sei ein hervorragender Verteidiger, schenkt er ihm 48 Punkte und 30 Abpraller ein. "Die Wahrheit ist: Es gab viele Abende, an denen Dr. J gespielt hat, aber der beste Spieler auf dem Court war Marvin Barnes", behauptet Costas in der 2013 erschienen TV-Doku "Free Spirits".

Oder wie es sein ehemaliger Mitspieler Steve Jones ausdrückt: "Er wollte dich nicht nur besiegen, er wollte dich blamieren. Aber so vieles, was Marvin gemacht hat, war gleichzeitig kontraproduktiv für seine Karriere."

Barnes ist ein Top-5-Basketballer in seiner Prime, doch was den Wert für sein eigenes Team angeht, dürfte er in der Flop 5 rangieren.

Marvin "Bad News" Barnes: Keine Trendwende in der NBA

Trotz eines talentierten Teams um Barnes, Freddie Lewis und Maurice Lucas verlieren die Spirits of St. Louis in dessen Rookie-Saison 52 der 84 Partien. Nur wenige Wochen nach dem Start seiner Profikarriere ist er nach einem Disput über seinen Vertrag nicht mehr auffindbar. Später findet das Team ihn in einer Billardhalle in Ohio.

Auch in der darauffolgenden Spielzeit, nun auch mit Moses Malone an seiner Seite, läuft es für St. Louis nicht unbedingt besser (35-49), beim Merger mit der NBA im Sommer 1976 gehen die Spirits leer aus. Immerhin kassieren die Besitzer mit dem vielleicht besten Deal der NBA-Geschichte noch auf Jahre hinaus kräftig ab.

Doch Barnes' Laufbahn nimmt in der NBA keine gute Wendung. Aufgrund eines Verstoßes gegen seine Bewährungsauflagen - am Flughafen finden Beamte eine ungeladene Waffe in seinem Gepäck - muss er für 152 Tage ins Gefängnis. Zudem macht dem neuen Pistons-Forward eine Handverletzung zu schaffen.

Sein Punkteschnitt fällt auf 9,6 Zähler, später wird er nach Buffalo weiterverschifft, dann geht es weiter nach Boston und San Diego. Bedeutend länger als eine Saison hält er sich bei keiner Station mehr, in der NBA kann er sich nicht durchsetzen. Auch weil nun die Drogen ins Spiel kommen.

Marvin "Bad News" Barnes: Seine Karrierestatistiken in der ABA und NBA

LigaSaisonsSpiele / MinutenPunkteReboundsAssistsBlocksFG%
ABA2144 / 38,624,113,42,81,950,0
NBA4171 / 21,79,25,51,51,044,2
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Marvin Barnes vor den Drogen? "Ein Genie"

Später gibt Barnes zu, als Mitglied der Celtics selbst auf der Bank Kokain geschnupft zu haben, versteckt unter einem Handtuch. Die Drogensucht ist der endgültige Sargnagel auf seiner professionelle Basketballkarriere. "Als ich in der ABA war, war ich einer der fünf besten Basketballer, egal ob ABA oder NBA - keine Frage", so Barnes rückblickend. "Aber als ich mit Kokain, Alkohol und Marihuana angefangen habe, ist alles den Bach runtergegangen: mein Spiel, mein Aussehen, mein Körper."

Aufgrund des Drogenkonsums beschränkt sich Barnes' einst vielversprechende Karriere auf zwei Jahre in der ABA und vier erfolglose Saisons in der NBA (9,2 Punkte im Schnitt), bevor es zu einem Abstecher nach Italien und in die Continental Basketball Association geht. Berichten zufolge lebt er anschließend mal in Kalifornien, mal in Texas, mal in Virginia. Mal ist er obdachlos, mal im Gefängnis.

Erst viele Jahre später nimmt er den Kampf gegen die Drogen an und gewinnt ihn. Er gründet die "Rebound Foundation", als deren Präsident er benachteiligte Jugendliche vor den Gefahren von Drogen und Alkohol warnt. Oder auch davor, die gleichen Fehler zu begehen wie er.

Ein Lebensabend als Marvin "Good News" Barnes ist ihm allerdings nicht vergönnt. Im September 2014 stirbt Barnes im Alter von nur 62 Jahren. Kurz zuvor wird er angeblich rückfällig.

Einst soll Barnes einen Journalisten gefragt haben, ob es stimme, dass Kokain Gehirnzellen zerstöre. "Dann muss ich ein Genie gewesen sein, als ich damit angefangen habe", sagte Barnes nach einer kurzen Pause. Vor allem in Bezug auf den Basketballer Marvin Barnes können die meisten Augenzeugen dies bestätigen.

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