Kommen wir nun zu Ihrer Karriere: Sie waren Teil der Draft Class von 2011, in der unter anderem auch Kyrie Irving, Kemba Walker, Klay Thompson, Kawhi Leonard oder Jimmy Butler dabei waren. Rückblickend ein ziemlich guter Jahrgang, oder?
Williams: Ich erinnere mich, dass damals darüber geredet wurde, dass dieser Jahrgang vielleicht nicht so gut sei. Aber diese Jungs hatten bisher sehr solide NBA-Karrieren, ein paar haben Championships gewonnen, wurden Defensive Player of the Year, Finals-MVPs und sowas alles. Wenn du solche Jungs in deinem Jahrgang hast, dann versuchst du, mit denen mitzuhalten. Da sind ein paar Jungs, die großartige Dinge in der NBA gemacht haben. Es ist spannend, ihre Karrieren zu verfolgen und zu sehen, wo sie gepickt wurden und was sie in ihrer Karriere erreicht haben.
Sie landeten als Nr.2-Pick in Minnesota. Deren Frontcourt war damals mit Kevin Love, Michael Beasley, Anthony Randolph oder Nikola Pekovic gut gefüllt. Hätten Sie sich eine andere Situation gewünscht?
Williams: Am Ende des Tages kannst du den Draft nicht kontrollieren: Wenn sie dich wählen, dann wählen sie dich. Ich wusste, dass sie eine Menge Frontcourt-Spieler haben. Ich denke, Minnesota hätte mich nicht an zweiter Position picken sollen. Aber man lernt daraus, man wird besser. Egal in welcher Situation du bist, du versuchst, dich zu beweisen. Selbst wenn es nicht der richtige Ort für dich ist, musst du weiterarbeiten. Für mich war es damals aber ein merkwürdiger Pick.
Sie waren bei all Ihren Stationen ein Rollenspieler, für den Durchbruch, den man von einem Nr.2-Pick erwarten könnte, hat es nie gereicht. Lag das an Ihnen und Schwächen in Ihrem Spiel oder an der jeweiligen Situation?
Williams: Es ist eine Mischung aus all diesen Dingen. Die NBA ist nicht leicht. Wenn du eine Möglichkeit bekommst, dann musst du versuchen, sie zu deinem Vorteil zu nutzen. Manchmal sind die Leute zur richtigen Zeit am richtigen Ort und nutzen das aus, manchmal ist es aber einfach nicht die richtige Zeit für dich. Ich denke immer noch, dass es Möglichkeiten gibt, zurückzugehen, und das zu zeigen, was ich kann. Ich sehe es nicht als etwas Schlechtes an, man muss einfach weiterarbeiten, um das zu bekommen, was man möchte.
Was hätten Sie anders machen können? Gibt es etwas, das Sie im Rückblick auf Ihre NBA-Karriere ärgert?
Williams: Alles passiert aus einem Grund. Es geht nur um Möglichkeiten und darum, diese für sich zu nutzen. Das ist das Beste, was man tun kann. Aber es passieren auch Verletzungen und all solche Dinge. Man darf sich nicht mit Gedanken aufhalten, was in der Vergangenheit passiert ist oder was ich hätte anders machen sollen.
Williams über seinen Wechsel zum FC Bayern Basketball
Nach einigen Höhen und noch mehr Tiefen in der NBA: Geht da irgendwann auch der Spaß am Basketball verloren? Was hat sie dazu bewogen, nicht alles an die Wand zu schmeißen, sondern neue Wege zu gehen?
Williams: Basketball ist in erster Linie ein Sport und macht Spaß. Aber manchmal, vor allem in der NBA, kann es zu einem Geschäft werden. Manchmal hat es sich für mich genau danach angefühlt und nicht nach einem Spiel. Du willst dir aber niemals, von wem auch immer oder was auch passiert, den Spaß nehmen lassen. Je mehr Einsatz du zeigst, desto spaßiger ist es. Deshalb spiele ich mit einer gewissen Leidenschaft. Wenn ich das mache, dann macht es auch Spaß.
Die Karrierestatistiken von Derrick Williams
Liga | Spiele | Minuten | Punkte | Rebounds | Assists | FG% |
NBA | 428 | 20,7 | 8,9 | 4 | 0,7 | 43,4 |
CBA | 15 | 30,1 | 20 | 6,6 | 1,4 | 50,5 |
BBL | 29 | 21 | 12,1 | 3,4 | 1,1 | 57,5 |
Ende 2017 ging es für Sie für mehrere Monate nach China. Hat dieser Schritt dabei geholfen, den Spaß am Basketball wiederzufinden?
Williams: Ich wollte einfach spielen. Das war der Hauptgrund, ähnlich wie hier in München. Ich bin aber erst recht spät nach China gegangen, ich habe also keine komplette Basketball-Saison in dem Jahr gespielt. Deshalb wollte ich hierher kommen. Ich wollte eine komplette Saison absolvieren und nicht drei vier Monate warten, dann in China spielen, zurückkommen und wieder Free Agent sein.
Warum fiel die Wahl ausgerechnet auf München?
Williams: Mir ging es um die Möglichkeit zu zeigen, was ich kann, womit ich einem Team helfen kann. An diesem Punkt in meiner Karriere suche ich vor allem nach mehr Chancen. Diese Chance wird sich dann in das verwandeln, was du eigentlich möchtest. Das ist der Grund, warum ich hergekommen bin: Um mein Talent zu zeigen und diesem Team helfen, auch in der Euroleague.
Derrick Williams spricht über Rückkehr in die NBA
Hat ihnen die Erfahrung in Asien geholfen, sich in München schneller an die neue Umgebung zu gewöhnen?
Williams: Es hat vor allem dabei geholfen, aus meiner Komfortzone zu kommen. China ist sehr weit weg von meiner Heimat, genau wie München. Aber das habe ich gebraucht. Das war das Beste, was mir in den vergangenen eineinhalb Jahren passiert ist - einfach aus meiner Komfortzone zu kommen. Wenn du das machst, dann kannst du jede Herausforderung annehmen. Du bist auf alles vorbereitet.
Sie haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass Sie irgendwann gerne in die NBA zurückkehren möchten. Glauben Sie, dass Sie mit Ihren Auftritten im Bayern-Trikot Werbung für sich gemacht haben? Haben Sie eventuell bereits von Teams gehört, die Sie in Europa beobachtet haben?
Williams: Mit meinem Schritt nach München wollte ich mir neue Optionen erarbeiten. Ich wollte wieder auswählen können, was ich mache. Wenn es eine Möglichkeit in der NBA gibt, dann ist das großartig. Ich wollte nicht einfach in eine Entscheidung gezwungen werden, so war das in sechs von meinen acht Jahren (als Basketball-Profi, Anm. d. Red.). Jetzt freue ich mich erst einmal auf den letzten Monat der Saison. Wir brauchen noch vier Siege, das alles bedeutet nichts, wenn wir den Meistertitel nicht gewinnen. Das ist für jeden hier in der Kabine das gemeinsame Ziel.
Ist für Sie auch ein Verbleib in München eine Option?
Williams: Ja, natürlich. Hier zu sein, hat meiner Karriere geholfen. Was auch immer ich in der nächsten Saison mache, München war eine gute Station, die mir geholfen hat, auf den richtigen Weg zurückzukehren. Wenn ich nächste Saison bleibe, dann würde das für mich auch der richtige Weg sein. Es wäre keine schlechte Sache, wenn ich die NBA oder ein anderes Angebot ablehne, um hier zu bleiben. Es war eine gute Saison.