Frontcourt: Jerami Grant (OKC Thunder; 12,8 Punkte, 5 Rebounds, 1,3 Blocks)
Angesichts der Vertragsverlängerung von Paul George und dem Trade für Dennis Schröder ging es im Sommer ein wenig unter, als Grant für drei Jahre und 27 Millionen (Spieler-Option im 3. Jahr) bei den Thunder verlängerte. Selbst über die Verpflichtung von Nerlens Noel (noch ein Kandidat für dieses Team übrigens) wurde womöglich mehr diskutiert. Dabei hat sich Grant in dieser Saison endgültig als absoluter Leistungsträger etabliert.
Nachdem der Swingman 2016 von Philly nach OKC getradet wurde, war er stets Teil der Rotation und machte auch stets Fortschritte als vielseitiger Verteidiger und Energiebündel von der Bank, er war aber auch stets ein Spieler mit Makel: "WENN er doch nur werfen könnte", dürfte einer der am häufigsten über Grant geäußerten Sätze der letzten Jahre sein. Dieser Makel ist zumindest teilweise ausgemerzt.
Nicht, dass Grant jetzt ein elitärer Shooter wäre - seine 34,4 Prozent von Downtown sind unterdurchschnittlich für Spieler mit seinem Jobprofil. Aber das Zögern verschwindet immer mehr. Grant lässt immerhin drei Dreier pro Spiel fliegen, mehr als doppelt so viele wie im letzten Jahr. Er ist kein Sniper, muss mittlerweile zumindest etwas ernst genommen werden. Dieser Unterschied wirkt sich massiv auf sein restliches Spiel aus.
Erstmals in seiner OKC-Zeit schadet Grant der Offense nicht - diese ist in seinen Minuten sogar besser als ohne ihn (natürlich nicht nur wegen ihm). Seine absurde Athletik machte ihn schon in den letzten Jahren zu einem beliebten Lob-Ziel für Russell Westbrook, nun sorgt er zudem auch noch für (wenigstens) etwas Spacing für das derzeit schlechteste Shooting-Team der NBA.
Tatsächlich gingen sage und schreibe 100 Prozent seiner getroffenen Dreier ein Assist voraus, kreieren soll er nicht - zumindest nicht im klassischen Sinn. Grant kreiert lediglich zweite Chancen durch seine Arbeit am offensiven Brett, die bei OKC ohnehin hoch geschätzt wird. Oft überlässt er diese Arbeit aber auch den anderen, um seinerseits als Absicherung zu fungieren. Darin ist er ohnehin am besten.
Thunder-Defense baut auch auf Grant
Auch wenn sich Grant offensiv massiv gesteigert hat, liegt sein primärer Wert noch immer in der Defense. Es wird ja oft von Spielern gesprochen, die alle Positionen verteidigen können - Grant ist jemand, bei dem das tatsächlich zutrifft. Gegen die Spurs etwa verteidigte er binnen eines Spiels alles von White über DeRozan bis Gasol, und am Ende sogar LaMarcus Aldridge, als Steven Adams verletzt raus musste. Für Grant beileibe keine Seltenheit.
OKC verfügt über die beste Defense der NBA, was vor allem George (meinem DPOY) und Adams zugeschrieben wird. Das System, in dem vor allem die Guards sehr aggressiv auf Steals spekulieren, würde aber nicht funktionieren, wenn nicht auch der hyperaktive Grant Teil davon wäre und immer wieder zur Hilfe eilen würde.
Die 11,9 Würfe, die gegnerische Spieler pro Partie gegen Grant versuchen, treffen diese zu 4,3 Prozent schlechter als erwartet - Platz 9 unter allen Spielern, die mindestens 10 Würfe pro Spiel verteidigen. Bei den Zweiern sind es sogar 6 Prozent. Grant ist so schnell und gleichzeitig diszipliniert, dass er fast jeden Wurf erschweren kann. Die Spannweite von 2,20 m kommt ihm dabei ebenfalls zugute.
Vieles davon brachte Grant schon in den vergangenen Jahren. Die Steigerung in der Offense hat dazu geführt, dass er sie jetzt mehr zeigen kann - Billy Donovan muss sich keine Sorgen mehr machen, wie sein Team mit Non-Threats wie Grant an Punkte kommen soll. Ergo ist auch dessen Spielzeit um mehr als elf Minuten pro Spiel gestiegen.
Es wird interessant zu beobachten, wie gegnerische Teams Grant in den Playoffs verteidigen. Für den Moment muss man dem 24-Jährigen für seinen Sprung aber ein großes Kompliment aussprechen. Und auch seinem Team - 9 Mio. pro Jahr für diese Produktion sind Gold wert für ein Team mit mehreren Maximal-Verträgen.
Frontcourt: Mason Plumlee (Denver Nuggets; 7,5 Punkte, 6 Rebounds, 2,5 Assists)
Die wohl kurioseste Personalie dieses Teams findet sich auf der Center-Position. Plumlee ist bekannt als legendär schlechter Teilnehmer am Dunk Contest und auch als einer der überbezahlteren Bigs der NBA - der Trade, in dem Portland für ihn im Februar 2017 Jusuf Nurkic UND einen Erstrundenpick bekam, war einseitig. Portland bekam den besseren Spieler und das Goodie obendrauf.
Das alles ist richtig, und trotzdem war der Trade aus Denvers Sicht nicht nur schlecht. Während Nurkic bei den Nuggets zumeist außer Form war und sich recht offen darüber beschwerte, von Nikola Jokic in der Hackordnung überholt worden zu sein, verhält sich Plumlee genau gegenteilig: Er bringt genau das, was Coach Mike Malone von ihm braucht - und das geht weit über "Jokic braucht 'ne Minute, lass' dich nicht abschlachten!" hinaus. Plumlee ist verdammt wertvoll für das derzeit beste Team der Western Conference, in verschiedenen Rollen.
Zuallererst ist "Plumdog Millionaire" (13 Mio. Jahresgehalt) natürlich der Backup von Jokic und zeichnet sich dabei insofern aus, dass er einiges bringen kann, womit der Franchise Player etwas größere Schwierigkeiten hat. Er ist schneller und athletischer, und generell der agilere Verteidiger (obwohl Jokic hier große Fortschritte gemacht hat) - in den Minuten mit Plumlee auf Center weist Denver ein phänomenales Defensiv-Rating von 103,8 auf, auch wenn die Offense ohne ihren Fixpunkt ziemlich einbricht.
Noch interessanter wird es jedoch, wenn Plumlee mit Jokic zusammen auf dem Court steht - die beiden bilden ein Duo, das in der heutigen NBA eigentlich keine Daseinsberechtigung haben sollte. Doch bisher ist das Gegenteil der Fall: In den gemeinsamen Minuten von Jokic und Plumlee zermalmt Denver seine Gegner mit einem Net-Rating von +8,7! Und da Plumlee zeitweise den verletzten Paul Millsap in der Starting Five vertrat, ist die Stichprobe durchaus aussagekräftig.
Warum funktioniert diese Kombination? Zunächst einmal natürlich wegen Jokic - der Serbe ist einzigartig, in der heutigen NBA, aber auch in deren Geschichte. Die gesamte Offense läuft über den besten Big Man-Passer der Liga, der von überall auf dem Court Pässe aus dem Handgelenk schüttelt, die sich die meisten Spieler niemals trauen würden. Schon bevor er die Mittellinie überquert, schickt er mundgerechte Lobs auf die Reise, die von seinen Teammates nur noch verwertet werden müssen.
Plumlee gehört regelmäßig zu den Abnehmern, gleichzeitig kann er im Halbfeld den klassischen Rim-Running Center mimen - nur wenige Aktionen sind aktuell abgefahrener als das 4-5-Pick'n'Roll, das Denver zeitweise auspackt. Plumlee ist zudem ebenfalls ein sehr fähiger Passer und nicht ausschließlich Nutznießer, sondern auch ein Zuarbeiter für Jokic. Nicht nur in der Defense, wo das Lineup mit beiden Bigs übrigens nur 102 Punkte pro 100 Ballbesitze zulässt.
Die Nuggets werden noch immer nicht überall ernst genommen als "Contender". Dafür gibt es gute Gründe: Dieser Kern hat noch nie die Playoffs erreicht, mit Ausnahme von Millsap hat auch individuell kaum jemand Playoff-Erfahrung. Die beiden Topscorer Jokic und Jamal Murray sind beide noch keine 24, Jokic galt zudem bisher immer als Sicherheitsrisiko in der Defense - dass es in der Regular Season bisher sehr gut funktioniert, muss noch nicht zwingend auf sattelfeste Playoff-Defense schließen lassen.
Gefährlich ist dieses Team aber ohne Frage - und das liegt nicht nur am MVP-Kandidaten in seiner Mitte, sondern auch an der Tiefe und Vielseitigkeit des Kaders. Die Bank ist eine richtige Waffe - auch Monte Morris etwa hätte in jedem Fall hier auftauchen können. Die Wahl fiel auch deshalb auf Plumlee, weil sein Ruf viel schlechter ist als der tatsächliche Spieler. Für das, was Denver von ihm braucht, ist der 28-Jährige ein idealer Fit.