Curry ist wieder das Alphatier der Warriors
Sean Deveney: Meiner Meinung nach hat er diesen Titel nie abgegeben. Vielmehr haben er und die anderen einfach eine Zeit lang alles dafür getan, dass sich Durant so wohl wie möglich fühlt. Und das war smart! Ich glaube, dass sich dieser Schritt in den Playoffs für sie extrem auszahlen wird. Gewissermaßen haben sie Curry sogar ein wenig versteckt und, da er in den letzten beiden Jahren jeweils am Ende der Saison platt war und sie das in dieser Saison unbedingt vermeiden wollen - und wohl auch können. Dafür holt man ja jemanden wie Durant. Ich denke, es war von Anfang an der Plan, Steph in diesem Jahr für die Playoffs frisch zu halten.
Ole Frerks: Ich stimme dir nur in Teilen zu, Sean. Sicherlich hatten die Dubs geplant, Durant so schnell wie möglich optimal zu integrieren, aber in den ersten Saisonmonaten ging das meines Erachtens nach schon etwas weiter als gewollt. Curry hat ja selbst gesagt, dass er ein bisschen aus dem Rhythmus gekommen ist und nicht genug darauf geachtet hat, wie er selbst seine Spielanteile nutzt. Er ist ja kein Klay Thompson, der einfach immer dann wirft, wenn er den Ball bekommt. Mittlerweile hat Steph aber gemerkt, dass er auch mit Durant durchaus die bekannte Aggressivität an den Tag legen kann, und dadurch sind die Dubs meines Erachtens nach noch einmal deutlich stärker geworden. Er hat seinen MVP-Swagger zurück und hat offensiv wieder die Kontrolle über das Team - das Verrückteste ist ja, dass Durant gar nicht so viele Ballkontakte braucht, um effektiv zu sein. Im System der Warriors reichen ihm ja regelmäßig zwölf Würfe, um 25 Punkte zu erzielen... Das hat sich alles eingependelt. Jetzt sehen wir das Team, das wir vor der Saison "befürchtet" hatten. Und auch wenn uns die letzten Finals etwas anderes gelehrt haben: Ich sage, dieses Team hält auf dem Weg zum Titel niemand auf.
Martin Klotz: Kommen wir noch einmal auf die Alphatier-Thematik zurück. Für mich wird dieser Begriff zu oft genutzt, obwohl er eigentlich eher nur auf Leute wie Michael Jordan oder Kobe Bryant zutrifft - eben Spieler, die am Ende jedes Spiels den Ball fordern und ihn auch in jeder Situation bekommen. Und zwar, weil jeder alles stehen und liegen lässt und ihnen verdammt nochmal die Pille zuwirft, wenn er nicht im nächsten Flieger nach Sacramento sitzen will. Bei den Warriors aber gibt es diese Hackordnung eigentlich nicht, weil es mehr als eine überragende Option gibt, um das Spiel zu beenden.
Alex Schlüter: Das ist natürlich eine Definitionsfrage. Ich würde sagen, das einzige Alphatier im Warriors-Kader heißt Draymond Green. Niemand spricht auch nur halb so viel in der Kabine wie er, niemand anderes wird so sehr zum Lautsprecher in den Auszeiten. Wenn es um das rein spielerische Element geht, dann sehe ich Curry und Durant aber generell auf Augenhöhe, Thompson knapp darunter. Genau das ist es ja auch, was die Dubs so stark macht - die Möglichkeit day-to-day zu entscheiden, wer gerade den besseren Touch hat. Das war zuletzt Curry und zwar auf beeindruckende Weise, aber das kann sich auch ganz schnell wieder drehen.
Martin Klotz: Sicher, Alex, Currys Entscheidungsfindung unter Druck ist genial, aber dennoch würde ich am Ende von Game 7 in den Finals - mit wenigen Sekunden auf der Uhr - auf Durant am Elbow setzen. Den Ball da hin, alle aus dem Weg und ihn zaubern lassen. Dann kann er sich endlich unsterblich machen.