"Ich bin genau das, was Amerika braucht. Ein weiterer arbeitsloser Schwarzer." Der Kommentar nach der Verletzung, die seine Karriere letztendlich beendete, passt zum Menschen Charles Barkley wie die Faust aufs Auge. "Chuck Wagon" sagte immer genau das, was er dachte - und interessierte sich nicht im Geringsten dafür, ob das den Menschen passte oder nicht. "Ob ich in den Himmel komme? Das wird eine echt knappe Entscheidung."
Zeit seiner Karriere war der Power Forward eine polarisierende Figur. Auf der einen Seite war Barkley ein Spieler, der die Fans dank seiner Athletik mit Blocks und Dunks begeistern konnte, obwohl er regelmäßig mindestens einen halben Kopf kleiner als sein Gegner und übergewichtig war. Auf der anderen Seite war er ein Lebemann, der gerne viel aß, feierte und trank und vor allem in seinen Anfangsjahren ein gefundenes Fressen für den Boulevard war.
Da war der ominöse "Spuck-Vorfall": Barkley wurde von einem Fan permanent beleidigt und spuckte in dessen Richtung, traf aber ein kleines Mädchen. Für die Zeitung ein gefundenes Fressen, obwohl Barkley sich schnell entschuldigte und bis heute mit seinem "Opfer" befreundet ist. Er prügelte sich mit den legendären "Bad Boy" Pistons und legte sich mit Shaquille O'Neal an.
Charles Barkley: Die Anfänge in Philly
Barkley wollte nie ein Vorbild sein. "Wenn ich im Jahr nicht drei Millionen Dollar verdienen würde, um einen Basketball zu dunken, würden die meisten Menschen bei meinem Anblick die Straßenseite wechseln", sagte er einst. Umso mehr Spaß machte es dem "Round Mound of Rebound", seine Kritiker mit seinem Spiel ruhig zu stellen.
Nach drei Jahren am College in Auburn kommt Barkley als fünfter Pick im legendären 1984er Draft zu den Philadelphia 76ers. Die haben mit Julius "Dr. J" Erving und Moses Malone zwei ehemalige MVPs im Kader und gehören im Osten zur absoluten Elite. Bereits in Barkleys erstem Jahr geht es für die Sixers ins Ostfinale, wo sie jedoch gegen den amtierenden NBA-Champ aus Boston scheiterten. Er selbst hat sich da bereits als veritable dritte Option etabliert.
Als Rookie legte Barkley neben den beiden Altstars 14 Punkte und 8,6 Rebounds auf, im zweiten Jahr steigerte er seine Ausbeute auf 20 Punkte und 12,8 Rebounds pro Spiel. Nach einem Playoff-Aus in der zweiten Runde traden die Sixers allerdings Moses Malone und lösen damit eine der besten Rebound-Kombinationen der Liga-Geschichte auf. Ein Jahr später verlässt auch Dr. J das Team und geht in den wohlverdienten Ruhestand.
Charles Barkley: Wie Larry und Magic
"Sir Charles" ist ab 1987 also der uneingeschränkte Star der Mannschaft. Beeindruckend ist dabei vor allem die Vielseitigkeit des lediglich 1,98m großen Forwards. Seine vielleicht größte Stärke ist es, einen Defensiv-Rebound zu holen und sofort durchzustarten, um den Ball vorne mit aller Macht durch den Ring zu drücken. Barkley ist in dieser Hinsicht eine Art Vorgänger von LeBron James, nur einen Kopf kleiner und mit leichtem Bierbauch. Es kommt selten vor, dass jemand gegen diese Dampflok versucht, ein Offensivfoul anzunehmen. Im Gegenteil: Seine Kontrahenten gehen regelmäßig ehrfürchtig in Deckung...
Bill Walton vergleicht ihn schon damals mit Larry Bird und Magic Johnson: "Barkley ist wie Magic und Larry in der Hinsicht, dass sie alle nicht wirklich eine Position spielen. Er spielt alles; er spielt Basketball. Es gibt niemanden, der das tut, was Barkley tut. Er ist ein dominanter Rebounder, ein dominanter Verteidiger, ein Dreierschütze, ein Dribbler, ein Playmaker."
Trotz aller individueller Brillanz und der ersten Nominierung ins All-NBA First Team kann Barkley die Sixers ohne Hilfe nicht in die Playoffs führen. In den nächsten Jahren versucht er alles Menschenmögliche, wird 1990 sogar Zweiter bei der MVP-Wahl, weiter als bis in die zweite Runde geht es für Philly jedoch nicht. Der ausbleibende Erfolg lässt das Frustlevel immer deutlich anwachsen, bis Barkley nach der Saison 91/92 schlussendlich einen Trade fordert - und bekommt. Vor dem Neustart bei den Phoenix Suns stehen jedoch zunächst die Olympischen Spiele an.