Charles Barkley als Top-Scorer des Dream Teams
Die USA stellen in Barcelona das wohl beste Basketballteam aller Zeiten. Michael Jordan, Larry Bird, Magic Johnson sind klar die populärsten Spieler, der heimliche Star der Mannschaft wird jedoch Barkley. Er setzt sich gegenüber Karl Malone als Starting Power Forward durch und avanciert zum Top-Scorer der Amerikaner. Zudem "glänzt" er nebenher wieder mal als Sprücheklopfer und erntet Sympathien, die ihm in Philadelphia so nicht mehr zuteilwurden. Gegenüber Malone gibt es gleich mal die Ansage: "Es gibt einen neuen Sheriff im Westen."
Tatsächlich wird seine erste Saison in Phoenix zu einem einzigen Triumphzug. Nachdem er sich den Sommer über im Training mit den Besten der Besten messen konnte, kommt Barkley fitter denn je zu seiner Mannschaft - und findet in Phoenix ein Team vor, das mit Kevin Johnson und Dan Majerle bereits über einen talentierten Kader verfügte und im Vorjahr 53 Spiele gewann. Mit Barkley sichern sich die Suns mit 62 Siegen die beste Bilanz der Liga und erreichen die NBA Finals, nachdem "Chuck Wagon" im siebten Spiel der Conference Finals monströse 44 Punkte und 24 Rebounds abliefert.
Zuvor hatte Barkley mit 25,6 Punkten, 12,2 Rebounds und 5,1 Assists pro Partie abermals das ganze Paket seiner Fähigkeiten zur Schau gestellt. Belohnt wird er mit der MVP-Trophäe. In den Finals sind jedoch die Chicago Bulls um seinen Freund Michael Jordan eine Nummer zu groß. Ein schwacher Trost: Von allen sechs Finals-Gegnern der Bulls waren die Suns wohl der stärkste. Näher wird Barkley dem NBA-Titel jedoch nie mehr kommen.
Charles Barkley: Der Anfang vom Ende
Denn obwohl die Suns auch in den nächsten beiden Jahren 56 beziehungsweise 59 Spiele gewinnen, scheitern sie in den Playoffs jeweils an Hakeem Olajuwon und seinen Houston Rockets, welche schlussendlich auch beide Larry O'Brien-Trophys holen. Barkley selbst hat zusehends mit Verletzungen zu kämpfen, erwägt phasenweise sogar, seine Karriere zu beenden, obwohl er weiterhin für mehr als 20 Punkte und zehn Rebounds pro Spiel gut ist.
Nach vier Jahren in Phoenix schließt er sich 1996 dann ausgerechnet den Rockets an, um mit Olajuwon und Clyde Drexler einen letzten Run auf den Titel zu starten. Dieses Glück bleibt ihm jedoch verwehrt. Die Rockets erreichen 1997 noch einmal die Conference Finals, in den Folgejahren ist allerdings jeweils in der ersten Runde Schluss. In der Saison '99/00 verletzt sich Barkley - ausgerechnet in Philly, wo alles begann - so folgenschwer, dass er seine Karriere beenden muss.
Er lässt sich am Ende der Saison noch einmal für einen schnellen Korb einwechseln, dann tritt er ab. Als einer von vier Spielern, denen in der NBA mehr als 20.000 Punkte, 10.000 Rebounds und 4.000 Assists gelangen, als doppelter Goldmedaillengewinner bei Olympia, als elfmaliger All-Star. Aber nicht als NBA-Champion.
Charles Barkley und die "schwarze Liste"
Barkley steht damit in einer Reihe mit Spielern wie Elgin Baylor, Allen Iverson, Karl Malone, George Gervin oder Patrick Ewing: Großartige Spieler, die nie den Titel gewinnen konnten. Barkley selbst nennt dies die "Shit List" und freut sich jedes Mal, wenn ein Spieler sie endlich verlassen kann - wie beispielsweise Kevin Garnett 2008 oder Dirk Nowitzki 2011. Er meint, er selbst hätte bessere Chancen gehabt, wenn er Philadelphia eher verlassen hätte. Sonst habe er sich nichts vorzuwerfen, weil er immer alles gegeben habe.
Tatsächlich war er bereits 30, als er mit Phoenix in den Finals stand. Einen Kritikpunkt muss sich "Sir Charles" jedoch gefallen lassen, auch wenn es ihn vermutlich nicht im Geringsten interessiert: Abgesehen von seinen beiden ersten Jahren in Phoenix ging er kaum einmal fit in eine Saison. Während ein Michael Jordan etwa im Sommer an seinem Körper und seinem Spiel arbeitete, aß Barkley Chicken Wings und trank Bier in Las Vegas. Und machte keinen Hehl daraus.
Auf dem Platz ging "Chuck" immer bis zum Äußersten, daneben aber leider auch. Vielleicht hätte er mit einem professionelleren Lebenswandel auch seinen Namen von der Liste entfernen können, wahrscheinlich hätte er zumindest weniger Verletzungsprobleme gehabt.
Sein Erbe steht so oder so. Zwar nicht als Champion, dafür aber als einer der schillerndsten Sportler seiner Zeit, der zu allem etwas zu sagen hatte - und nach wie vor hat. Passenderweise ist er mittlerweile seit Jahren bei TNT als Experte tätig und gibt seine (oft kontroverse) Meinung zum Besten. Und drückt aktiven Spielern die Daumen, dass sie ihren Namen vor dem Karriereende noch von der "Shit List" streichen können.