Das größte Derby Europas

Von Oliver Mehring
Große Stimmung, große Emotionen - Derbys sind etwas ganz Besonderes im Fußball
© getty
Cookie-Einstellungen

Derbi madrileno: Atletico gegen Real (53/50/107)

Das wesentlich erfolgreichere Real Madrid ist im wohlhabenderen Norden der spanischen Hauptstadt beheimatet, Atletico im volkstümlicheren Süden. So galt Real Madrid auch seit Anbeginn als Repräsentant der Oberschicht und fand früh Fans in adeligen Kreisen. Den Zusatz "Real" bekam der Verein dennoch erst 1920 vom spanischen König verliehen.

Bis heute bezieht der Verein seine Anhänger in Madrid vorwiegend aus der Mittel- und Oberschicht, wohingegen das von baskischen Studenten gegründete Atletico als Verein der Arbeiter gilt, hinter dem sich auch viele Migranten aus Lateinamerika versammeln. Unter der Franco-Diktatur war Atletico sogar zunächst der favorisierte Klub der Regierung und stand der spanischen Luftwaffe sehr nahe. Erst die internationalen Erfolge von Real ließen die Königlichen endgültig in der Gunst der Obrigkeit steigen.

Das ewige Derby: Partizan gegen Roter Stern (44/44/60)

Die Initiative für die Gründung der beiden Verein ging von zwei politischen Institutionen aus, die mit dem neu installierten Kommunismus nach dem zweiten Weltkrieg ins Leben gerufen wurden. Roter Stern wurde im Frühling 1945 von Jugendlichen des Vereinigten Bundes der antifaschistischen Jugend Serbiens gegründet. Wenige Monate später wurde Partizan von jungen Offizieren der jugoslawischen Volksarmee ins Leben gerufen, die den Verein nach den jugoslawischen Partisanen aus den vergangenen Weltkriegen benannten. Zusätzlich liegen die Stadien der beiden Rivalen nur ein paar hundert Meter auseinander.

Trotz des lokalen Charakters erwarb sich das Belgrad-Derby neben seiner heißen Atmosphäre bis zum Zerfall Jugoslawiens auch durch sein hohes Spielniveau weltweit Ruhm und Anerkennung. Noch heute erstreckt sich die Aufmerksamkeit des Duells über serbische Grenzen hinaus. Im gesamten Balkangebiet ist das Spiel von hohem Zuschauerinteresse und hat durch die Auswanderung vieler Ex-Jugoslawen nach Australien und in die USA auch dort einen vergleichsweise hohen Stellenwert.

Merseyside Derby: Liverpool gegen Everton (88/70/66)

Die Rivalität in Liverpool liegt darin begründet, dass die beiden Stadien der jeweiligen Konkurrenten FC Liverpool und FC Everton nur 800 Meter voneinander entfernt liegen. Kurios ist auch die Geschichte zur Anfield Road, dem Heimstadion des FC Liverpool. Denn ursprünglich wurde es für den 1878 gegründeten FC Everton erbaut. 1892 wurde die Pacht aber derart erhöht, dass der Verein den Umzug in den Goodison Park vorzog und der Stadionbesitzer den Liverpool Football Club gründete.

Insgesamt gilt die Rivalität zwischen den Anhängern als äußert friedlich, wodurch die Duelle auch als "Friendly Derby" bekannt sind. Nur zwischenzeitlich verschärfte sich die Konkurrenz durch die Heysel-Katastrophe, da aufgrund der langjährigen Sperre für englische Fußballvereine, der letzten Meistermannschaft des FC Everton die Gelegenheit zur Teilnahme am europäischen Wettbewerben genommen wurde.


Das Derby der ewigen Rivalen: Olympiakos gegen Panathinaikos (77/66/48)

Das prestigeträchtige Derby im griechischen Fußball zwischen Olympiakos Piräus und Panathinaikos Athen ist gerade durch die aktive und leidenschaftliche Anhängerschaft beider Vereine berühmt. Mitunter wird im Duell der beiden erfolgreichsten Sportvereine Griechenlands aus Fan-Rivalität schnell Gewalt, die sich auch auf Volleyball- oder Basketballspiele zwischen den beiden Klubs ausweitet. Seine Anfänge findet die Rivalität wie so oft in der unterschiedlichen Klassenzugehörigkeit der Anhänger.

Panathinaikos war als Stadtklub Athens gerade zu Beginn unter Angehörigen der Oberschicht beliebt, während Piräus als Hafenstadt seine Anhängerschaft zumeist innerhalb der Arbeiterklasse fand. Mit der Zeit dehnte sich das Athener Stadtgebiet immer mehr aus und "schluckte" Piräus, das sich nur 15 Autominuten vom Zentrum der griechischen Hauptstadt befindet. Durch die starke Zentralisierung Griechenlands finden sich in ganz Griechenland eine Vielzahl an Olympiakos-Fans, die sich und ihre Region sozial und kulturell benachteiligt sehen und in Piräus ein Symbol des "Widerstands" fanden.

Großes Moskauer Derby: Spartak gegen Dynamo/ZSKA (72/69/59)/(67/36/64)

Im Gegensatz zum früheren Armeesverein ZSKA, der dem Verteidigungsministerium unterstellt war, und zum ehemals dem Innenministerium unterstellten sowie dem KGB angegliederten Dynamo, die beide das politische System des Sowjetkommunismus repräsentierten, galt Spartak seit jeher als "oppositioneller" Volksverein. Den Mächtigen ein Dorn im Auge und in weiten Teilen der Bevölkerung beliebt und bewundert, wurden die Gründer von Spartak 1942 wegen "Hochverrats" verurteilt und in ein Gefangenenlager nach Sibirien geschickt, wo sie bis zu Stalins Tod einsaßen.

Fortan galt es als eine Art stillen Protestes, die Mannschaft zu unterstützen und Spartak wurde zum unumstrittenen Liebling der politischen Opposition in Russland. Dynamo war lange Zeit der größte Rivale von Spartak, verlor aber spätestens mit dem Zerfall der Sowjetunion an sportlicher Relevanz. ZSKA galt zunächst nur als die "dritte Kraft" in Moskau, ist aber seit Beginn des neuen Jahrtausends der neue Topverein im Moskau. Durch die enge und langjährige Fanfreundschaft zwischen Dynamo- und ZSKA-Fans kommt es in der Premjer Liga jährlich so zu vier Derbys, die auf der gleichen Rivalität beruhen.

Anmerkung: Pro Land durfte nur ein Derby zur Auswahl stehen, das sich auf eine Stadt oder Region beschränkt und zumindest zum Teil auf dem europäischen Kontinent stattfindet. Alle Derby-Bilanzen sind auf Stand 19.07.2015.

Seite 1: u.a. Interkontinental-Derby, Revierderby, Oldfirm

Seite 2: u.a. Derbi madrileno, Das ewige Derby, Merseyside Derby