68 Mal Edelmetall? Alles noch im Korridor!

Franz Anton und Jan Benzien starten für Deutschland im Rio im Kanu
© getty

44 Medaillen gewannen die deutschen Olympioniken anno 2012 in London. In Rio de Janeiro sollen es mehr werden. SPOX nimmt im großen Medaillencheck alle Sportarten unter die Lupe und wagt eine Prognose: 23 Goldmedaillen! Unrealistisch ist das allerdings nicht - sagt selbst der DOSB.

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Rückblick: Geschmeidige 82 Medaillen hatte SPOX anno 2012 für die Spiele in London prognostiziert, darunter 27 Mal Gold. Am Ende wurden es elf Olympiasiege bei insgesamt 44 Mal Edelmetall.

Wer jetzt aber denkt, wir hätten für Rio die schwarz-rot-goldene Brille abgesetzt, der geht an der Copacabana wohl auch freiwillig ins Wasser! Mit 449 Athletinnen und Athleten stellt der DOSB hinter den USA und Gastgeber Brasilien das drittgrößte Team, die Russen machen bekanntlich ein paar Podestplätze frei - und in Rio haben wir bislang ja eigentlich immer Gold geholt.

Der vom DOSB ausgegebene Medaillenkorridor sieht 42 bis 71 Medaillen vor. Das können wir ein bisschen genauer - und sagen nach eingehender Prüfung genau 68 Medaillen voraus: 23 Mal Gold, 18 Mal Silber und 27 Mal Bronze.

Wir haben uns jede einzelne Sportart in alphabetischer Reihenfolge vorgenommen und die Starterlisten nach deutschen Medaillenkandidaten durchforstet. Optimistisch? Klaro, aber immer noch im Rahmen des Korridors, und die Zahlen aus London sind definitiv zu knacken.

Übrigens: Natürlich verstehen wir, dass die einzelnen Athleten "keinen Bock" auf die Medaillenzählerei haben. Deshalb, sollte hier ein Olympionike aus Rio mitlesen: Seht es nicht als Druck, sondern als Zeichen unserer Begeisterung und Vorfreude auf das größte Sportevent der Welt. Und dann gebt euer Bestes!

Badminton: 1x Bronze

"Ich fahre nicht nach Rio, um mich an den Strand zu legen. Eine Medaille muss mein Ziel sein", formulierte Ex-Europameister Marc Zwiebler seine Erwartungen an den Wettbewerb im Riocentro Sports Complex äußerst angriffslustig. Mit 32 Jahren wird es wohl auch seine letzte Chance auf olympisches Edelmetall sein. Klar, die asiatische Armada, angeführt vom chinesischen Shuttlecock-Scharfschützen Lin Dan, wird die Titel wohl wieder unter sich aufteilen, aber Zwiebler hat zuletzt eine gute Frühform bewiesen und geht an Platz 12 gesetzt ins Turnier. Das Viertelfinale ist drin, und dann fehlt ja nicht mehr viel. Prognose: Zwiebler wächst über sich hinaus und schlägt bei seiner Abschiedsvorstellung im Spiel um Platz drei zu.

Das übrige Aufgebot hat mit den Entscheidungen wohl nichts zu tun, aber wir wollen nicht unter den Teppich kehren, dass der DBV zum ersten Mal bei allen fünf Disziplinen (2 Einzel, 2 Doppel, Mixed) Athleten am Start hat. Karin Schnaase vertritt die Damen, im Herrendoppel sollte sich das erfahrene Duo Michael Fuchs/Johannes Schöttler achtbar schlagen.

Basketball:

Beinahe hätte es noch einmal für einen krönenden letzten Olympia-Auftritt von Döööörk gereicht, aber die DBB-Herren scheiterten zunächst bei der Heim-EM in Berlin und verpassten anschließend auch die mögliche Hintertür durch das Ausrichten eines Qualifikationsturniers. So können sich Dirk Nowitzki und Dennis Schröder von der Couch aus anschauen, wie die US-Boys die Konkurrenz zum dritten Mal in Folge wegfideln werden. Ist die Konkurrenz aus Spanien oder Argentinien in den letzten Jahren doch eher schwächer geworden. Da dürften auch die Absagen von Superstars wie Steph Curry oder LeBron James nicht ins Gewicht fallen. Unser Tipp: Blütenweiße Weste bei Ergebnissen von 112:61 oder 89:57. Im Endspiel werden übrigens die Franzosen vermöbelt. Merci, de rien!

Aber halt! Zwei Deutsche sind trotzdem in Rio dabei, nämlich die Referees Robert Lottermoser und seine Kollegin Anne Panther. Auf geht's, Robert: Pfeif dich mit guten Leistungen ins Finale und dort den einen oder anderen Schrittfehler gegen Durant und Konsorten.

Beachvolleyball: 1x Gold

War das geil vor vier Jahren, als sich Julius Brink und mySPOX-Legende Jonas Reckermann in London sensationell zu Gold blockten und schmetterten. Achtung, Spoiler: Auch diesmal wird die deutsche Nationalhymne gespielt! Und zwar für Laura Ludwig und Kira Walkenhorst. Die Europameisterinnen waren zuletzt kaum zu bezwingen und zeigten unter anderem Legenden wie der Amerikanerin Kerri Walsh die Grenzen auf. "Beim Aufschlag und Block-/Feldabwehr sind sie einfach so viel besser als alle anderen", staunt auch Brink, mittlerweile verdienter Beachvolleyball-Rentner. Zuletzt gewann das Damen-Duo souverän die Generalprobe der Major Series in Klagenfurt, und das klappt auch vor 12.000 frenetischen Fans im brasilianischen Sand. Vielleicht ja gegen die Lokalmatadoren Agatha/Barbara - übrigens keine pensionierten Krimischreiberinnen, wie es die Namen vermuten ließen.

Mit den Stuttgarterinnen Karla Borger und Britta Büthe, die bei der WM 2013 auch schon Silber holten, hat der DVV ein weiteres Ass im Ärmel. Auch hier ist eine Medaille nicht ausgeschlossen, weiß Rink: "Beachvolleyball bei Olympia ist wie DFB-Pokal." Also alles möglich. Das Männerduo Markus Böckermann/Lars Flüggen gehört nicht zum erweiterten Favoritenkreis, weiß dafür aber, wo man sich entscheidende Tipps abholen könnte.

Bogenschießen:

"Es ist wesentlich einfacher, bei Olympia eine Medaille zu holen, als sich dafür zu qualifizieren", wusste Bundestrainer Oliver Haidn unlängst zu berichten. Ja, öh. Soll uns das Mut machen? Schließlich haben die deutschen Mannschaften beide die Quali für Rio verpasst: Beim Quali-Turnier in Antalya verfehlte man über die 70-Meter-Distanz zu oft das Schwarze, deshalb gab es lediglich Quoten-Startplätze für Lisa Unruh und Florian Floto. Die könnten bei einem guten Tag zwar die Top Ten knacken, doch es wird aller Voraussicht nach bei den Team-Bronzemedaillen von 1996 und 2000 bleiben. Gold geht sowieso nach Südkorea, das seit über 40 Jahren dominiert und das Robin-Hood-Gen wohl irgendwie schon mit der Muttermilch weitergibt oder so. Einzige Chance für Unruh/Floto: In Strumpfhosen antreten und bei Fehlschüssen mit Verweis auf das Drehbuch eine zweite Chance verlangen.

Boxen: 1x Gold, 1x Bronze

Wie war das doch gleich? Als für Rio überraschenderweise auch wieder Box-Profis zugelassen wurden, handelte man die ganz großen Namen. Floyd Mayweather? Manny Pacquiao? Oder sogar Wladimir Klitschko? Pustekuchen, die hatten allesamt keinen Bock. Die Börsen sind wohl nicht hoch genug. An den Punkterichtern kann ja es nicht liegen, die sollen laut Guardian nämlich genauso empfänglich für Korruption und skandalöse Urteile sein wie die Pendants der großen Verbände.

Und damit ist klar: Wenn nicht mindestens zwei Medaillen für den DBV herausspringen, dann wurde ganz klar gemogelt und verschoben. Ganz heißer Kandidat auf Edelmetall ist Weltmeister Artem Harutyunyan (Halbwelter), ebenso wie Superschwer-Kollege Erik Pfeifer aus Lohne. Der gebürtige Armenier Harutyunyan, der übrigens auch den schwarzen Taekwondo-Gürtel trägt, hat seit über einem Jahr keinen Fight mehr verloren - wäre doch gelacht, wenn die Serie ausgerechnet in Rio reißt! Außenseiterchancen hat im gut bestückten Männerkader außerdem Arajik Maturjan im Weltergewicht. Die drei Gewichtsklassen der Damen werden dagegen leider ohne deutsche Beteiligung geboxt

Fechten: 1x Bronze

Es ist extrem bitter, Freunde, aber es ist nicht minder wahr: Unsere großen Zeiten auf der Planche sind wohl erst einmal vorbei - und nichts macht das so deutlich wie die verpasste Qualifikation von Britta Heidemann. Gold mit dem Degen 2008, Silber 2012, Couch 2016. Ob die 33-Jährige weitermacht, ist offen. In ihrem Schatten haben sich mit Max Hartung (Säbel), Matyas Szabo (Säbel), Peter Joppich (Florett) und Carolin Golubtytskyi (Florett) nur vier Athleten qualifiziert, die Mannschaften sind überhaupt nicht dabei, und nur Joppich bringt den großen Namen und einigermaßen realistische Medaillenchancen mit. "Wir sind am Tiefpunkt", musste DFeB-Präsident Dieter Lammer eingestehen. Da im nicht immer gerade durchschaubaren Fecht-Wertungssystem, das manchmal eher wild gewordenen Ampeln gleicht, aber immer auch Überraschungen möglich sind, prognostizieren wir zumindest einen Höhepunkt. Hartung, Szabo oder der vierfache Weltmeister Joppich - einer kommt durch.

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