SPOX: Mit der "Vision 2020" formulierten Sie für die BBL ein ambitioniertes Ziel: Bis zur nächsten Dekade soll Deutschland die beste Basketball-Liga Europas stellen. Doch wie soll das gelingen, wenn die Nationalmannschaft als Aushängeschild des deutschen Basketballs schwächelt?
Jan Pommer: Die Nationalmannschaft hat sehr großes Potenzial, und in der zweiten Reihe stehen einige Talente in den Startlöchern, die den deutschen Basketball der nächsten fünf bis zehn Jahre prägen können. Für uns ist wichtig, dass in der Nachschau der EM mit dem Vorrunden-Ausscheiden selbstkritisch und offen umgegangen wird und die richtigen Schlüsse gezogen werden. Dazu gehört - und das sage ich auch durchaus selbstkritisch - mit Sicherheit auch eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen der Beko BBL und dem DBB und der Liga. Das ist vonnöten, um Nationalspieler so gut wie möglich auf ihre Aufgaben vorzubereiten. Da haben wir erheblichen Verbesserungsbedarf. Zum künftigen Arbeiten gehört dann auch die Formulierung und Postulierung klarer Ziele.
SPOX: Wie nehmen Sie die Aussagen des DBB wahr? Selbst nach der Qualifikations-Gruppenauslosung für die EM 2015 war die Rede davon, dass ein drittklassiger Gegner wie Österreich "nicht unterschätzt" werden dürfe.
Pommer: Intern hatte man sicher andere Ziele genannt, allerdings fanden wir den Umgang mit dem Ausscheiden aus einem honorigen protektiven Instinkt heraus doch zu schmeichelhaft. Es wäre wohl sachgerechter gewesen zu sagen: Strich drunter, wir schauen, was gepasst hat und was nicht.
SPOX: Sie sagten bereits 2012: "Wir haben ein hohes Interesse daran, dass ein Bundestrainer mit großer Autorität verpflichtet wird."
Pommer: Es ist nicht meine Aufgabe, sondern die des DBB, auf Grundlage eines klar formulierten Aufgabenprofils hier die richtige Entscheidung zu treffen.
SPOX: Bayern-Coach Svetislav Pesic gibt im SPOX-Interview offen zu, dass während der EM hin und wieder der Wunsch aufkam, das Nationalteam zu trainieren. Ganz allgemein: Ist eine Doppellösung weiterhin ausgeschlossen?
Pommer: Das ist aus guten Gründen auch künftig nicht vorstellbar. Ich ziehe nur selten den Vergleich mit Fußball, aber als Gedankenspiel: Würde nicht ein Sturm der Entrüstung und des Unverständnisses einsetzen, wenn Herr Löw gleichzeitig Trainer eines Fußball-Bundesligisten und des DFB-Teams wäre...? Es gibt viele gute Gründe, warum dies getrennt bleiben sollte.
SPOX: Ungeachtet der Nationalmannschaft wächst die BBL. Doch wie fern ist die spanische Liga als Referenz in Europa?
Pommer: Die spanische Liga ist uns, keine Frage, in einigen Bereichen noch weit voraus. Wir befinden uns indes weiterhin auf einem guten Weg, unser gemeinsam formuliertes Ziel zu erreichen. In dieser Saison stieg die durchschnittliche TV-Reichweite pro Spiel im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres von rund 120.000 auf bisher rund 145.000. Das Wachstum ist umso bemerkenswerter und muss mit dem Produkt Beko BBL zusammenhängen, da sich unser Partner "SPORT1" als Gesamt-Sender nicht in diesem Ausmaß entwickelt hat. Unsere positive Entwicklung ist angesichts der anstehenden Gespräche über die nächsten TV-Partnerschaften ein gewichtiges Pfund, das wir in die Waagschale werfen werden. Unser Ziel ist eine signifikante Verbesserung der Reichweite und der Einnahmen. Es gibt definitiv noch einiges zu leisten, um zu Spanien aufzuholen: Budgets, Zuschauerzahlen, Bewegtbild-Reichweite - und natürlich der sportliche Erfolg. Das Verständnis unserer Vision muss sicher sein, dass wir uns 2020 nur als beste nationale Liga werden bezeichnen können, wenn dann auch deutsche Teams regelmäßig eine Chance haben, ins Final Four der Euroleague einzuziehen. Allerdings besteht aktuell noch eine größere Lücke zwischen den deutschen und spanischen Teams - was sich an den Etats festmachen lässt. Nach den Zahlen der Saison 2012/2013 verfügte ein Beko BBL-Klub im Schnitt über ein Budget von knapp 4,9 Millionen Euro. Laut unserer Schätzung sind es in Spanien zwischen sieben und acht Millionen Euro.
SPOX: Wie sieht die Konkurrenzsituation inländisch aus? Wenn die Vision 2020 Realität werden soll, müsste sich Basketball als Sportart klar von Handball und Eishockey distanzieren.
Pommer: Das Wachstum der Beko BBL ist - bei allem Respekt vor der Leistung der geschätzten Kollegen - aktuell dynamischer als das der HBL und der DEL. Allerdings ist es beispielsweise Tatsache, dass der Handball viel breiter in der Bevölkerung verwurzelt ist und sich absolut mehr Menschen dafür interessieren als für Basketball. Was allerdings im Umkehrschluss bedeutet, dass wir über ein höheres Wachstums-Potenzial verfügen.
SPOX: Die DEL wiederum lebt von der Kooperation mit dem Red-Bull-eigenen Sender "ServusTV". Warum ist für Red Bull als hippe Lifestyle-Marke Eishockey interessanter als Basketball?
Pommer: Das ist eine Frage, die sich nicht an mich richten kann.
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