Für Dennis Schröder geht auf der Seine ein Traum in Erfüllung, für Anna-Maria Wagner wird es "die Kirsche auf der Torte, ein wirklich ganz, ganz großes Ding": Der Basketballer und die Judoka, beide Weltmeister in ihren Sportarten, sind zu den deutschen Fahnenträgern bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris gewählt worden. Das teilte der DOSB am Dienstag mit.
"Das ist eine riesengroße Ehre für mich, die Fahne tragen zu dürfen. Ich glaube, dass das auf jeden Fall in Deutschland auch ein Statement setzt, das als erster Dunkelhäutiger machen zu dürfen", sagte Schröder: "Das ist ein Riesenereignis für uns alle sowie für mich und meine Familie."
Schröder (30), der 2023 als Kapitän in Manila den WM-Titel gewonnen hatte, wird der zweite Basketballer nach Dirk Nowitzki 2008, dem diese Ehre zuteil wird. Schröder ließ bei der Wahl der Fans und Athleten die Olympiasieger Alexander Zverev (Tennis) und Christian Reitz (Schießen) deutlich hinter sich.
"Das bedeutet mir auf jeden Fall alles. Deutschland mit meiner Herkunft, meine Mama ist aus Gambia, repräsentieren zu dürfen, würde ein Statement setzen - als Dunkelhäutiger die Fahne zu tragen", sagte Schröder noch kurz vor der Entscheidung. Im vergangenen Jahr hatte er die Basketballer als Kapitän zum Titel in Manila geführt und ihnen damit auch die Olympia-Qualifikation gesichert.
Wagner sorgt für die Randsportart Judo für eine Premiere, sie setzte sich als Außenseiterin knapp gegen Fußballerin Alexandra Popp und Dressur-Olympiasiegerin Jessica von Bredow-Werndl durch.
Die 28-Jährige reagierte überrascht. "Ich habe damit gar nicht gerechnet, weil einfach die Konkurrenz sehr, sehr stark war", sagte Wagner. Sie könne "noch gar nicht richtig realisieren, dass ich es geworden bin". Dazu freue sie sich über die "schöne Wertschätzung für die letzten Jahre, für das ganze Leben, was man dem Sport untergeordnet hat".
Für die stimmungsvolle Schiffsfahrt am Freitagabend auf der Seine vor 500.000 Zuschauern am Ufer, auf den Brücken und den Balkonen der angrenzenden Wohnhäuser nimmt Schröder viel in Kauf. Immerhin steht das erste deutsche Spiel gegen Japan schon am Samstag um 13.30 Uhr auf dem Programm - und das nicht einmal in Paris. Die Vorrunde findet im 220 Kilometer entfernten Lille statt.
Einfacher hat es Wagner, die erst am 1. August in ihren Wettkampf der Klasse bis 78kg startet. Für die amtierende Weltmeisterin werden die Spiele in Paris zum Höhepunkt ihrer Karriere, in Tokio hatte sie zweimal Bronze gewonnen und war danach in ein Loch gefallen. "Ich hatte die Freude am Judo verloren, konnte mich nicht mehr so für den Sport motivieren", sagte sie dem Münchner Merkur und der tz.
Der Kampfgeist kehrte zurück, nach der Eröffnungsfeier geht es um Gold. Und danach? Dann nimmt die Sportsoldatin ihr 2016 begonnenes Hotel- und Tourismusmanagement-Studium wieder auf. Sie wird viel zu erzählen haben an der Uni, eine Zeremonie, wie sie Paris plant, hat es zuvor noch nie gegeben.
Unvergleichlich war auch das Interesse an der Fahnenträger-Wahl. "Wir hatten noch nie so einen großen Zuspruch", sagte DOSB-Präsident Thomas Weikert. Insgesamt wurden bei der Wahl der Öffentlichkeit mehr als 500.000 Stimmen abgegeben. Vor Tokio waren es 189.000 gewesen. Auch die Athletinnen und Athleten waren aufgerufen, für ihre Fahnenträger zu stimmen.
Wagner siegte mit aus den beiden Abstimmungen addierten 80,01 Punkten vor Popp (74,01) und von Bredow-Werndl (45,98). Schröder (103,54) lag klar vor Zverev (57,57) und Reitz (38,89).