Der Druck angesichts der Doping-Problematik in Russland war zu groß geworden.
12 Monate vor den Winterspielen in Pyeongchang/Südkorea proben die deutschen Bob- und Skeleton-Asse damit im vertrauten Eiskanal am Fuße des Watzmanns den olympischen Ernstfall. Und dürfen dabei wohl mit jeder Menge Edelmetall rechnen, in Sotschi wäre das eher nicht der Fall gewesen.
"Nach Rücksprache mit den anderen deutschen Kunsteisbahnen haben wir Königssee als potenziellen WM-Austragungsort favorisiert und versprechen jetzt mit dem erfolgten Zuschlag attraktive Welt-Titelkämpfe", sagte Thomas Schwab, Generalsekretär und Sportdirektor des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland: "Wir verfügen über ein erfahrenes, professionelles Organisationsteam und haben unter der Leitung von Markus Aschauer eine perfekte Bahncrew. Ich freue mich auf die Heim-WM 2017 und weiß, dass sie bei uns in guten Händen ist." Auch für Bundestrainer René Spieß ist klar: "Das ist für alle die beste Entscheidung."
"Wollten uns dort rehabilitieren"
Doch die Medaille hat zwei Seiten. Denn der BSD verarbeitet noch immer die vergangenen Winterspiele, in Sotschi 2014 war man ohne Podestplatz geblieben. "Aus sportlicher Sicht wären wir gerne hingefahren", sagt Bundestrainer René Spies daher: "Schließlich wollten wir uns dort rehabilitieren."
Und eine ähnliche Pleite darf sich in Pyeongchang keinesfalls wiederholen, die Suche nach noch so kleinen Schwächen hat daher gerade in diesem vorolympischen Winter Priorität. Sehr gerne hätte man die aktuellen Schlitten und Piloten um Zweier-Weltmeister Francesco Friedrich (Oberbärenburg) einem Stresstest am Ort des Debakels von 2014 unterzogen.
Denn die Bahn in Sotschi hätte den Deutschen, "mit Blick auf Olympia 2018 für die Einordnung unseres Leistungsstandes viel mehr gebracht", sagte Schwab dem SID. Einen Heimvorteil brauche und wolle man auf der Zielgeraden zu Olympia eigentlich nicht.
BSD war der einzige Kandidat
Und doch landete die WM nun am Königssee, es schien im Vorfeld fast alternativlos. Nur zwei Monate bleiben für die Organisation des Großevents, nicht viele Betreiber können das aus dem Stehgreif leisten. "So kurzfristig kann nur der BSD und das top organisierte Team rund um Markus Aschauer so ein sportliches Highlight ausrichten", sagte Zweier-Vizeweltmeister Johannes Lochner.
Gegen die Konkurrenten aus Übersee (Lake Placid, Park City, Whistler) sprachen die langen Reisewege zum Wettkampfort, gegen St. Moritz sprach ein Terminproblem. Am Königssee findet die WM nun im ursprünglich geplanten Zeitraum statt (13. bis 26. Februar).
Der Weg zu dieser unverhofften Heim-WM war indes ein recht holpriger für den BSD. Schon vor den weiteren Enthüllungen des zweiten McLaren-Reports über staatlich gelenktes Doping in Russland hatten mehrere internationale Verbände mit Boykott-Androhungen den Druck auf die IBSF erhöht: In Sotschi, wo 2014 "der Olympische Geist gestohlen" worden war, wollte man nicht unter unklaren Voraussetzungen um WM-Medaillen kämpfen.
Der deutsche Verband dagegen hielt sich in dieser Sache zumindest nach außen auffällig zurück. Schwab verteidigt dieses Vorgehen nun. "Wir sehen das eben etwas anders. Man muss Lösungen suchen und nicht boykottieren", sagt der 54-Jährige: "Und jetzt haben wir ja eine Lösung gefunden." Intern habe man zudem durchaus "sanften Druck auf die IBSF ausgeübt". Und auch dieser habe zur Entscheidung des Weltverbandes beigetragen.