4: Den Young Guns fehlt die Mentalität, die ganz Großen zu stürzen
Alex Antonitsch: Wawrinka hat das gut zusammengefasst, dass es eigentlich wahnsinnig ist, auf welch konstantem Niveau die Big Four über viele Jahre agiert haben. Fans und Journalisten sind was das angeht verwöhnt und haben zu hohe Ansprüche. Thiem kann da langfristig vordringen, ein Mentalitätsproblem hat er genauso wenig wie Zverev. Aber wir dürfen von diesen Jungen nicht erwarten, dass sie schon eine komplette Saison auf diesem Niveau abrufen. Bei Tomic und Kyrigos sieht das anders aus. Ich glaube, die wissen selbst nicht, was in ihrem Leben als nächstes passiert. Der junge Borna Coric der will dagegen ohne Ende. Da stellt sich eher die Frage: Ist er gut genug? Die jungen Amerikaner um Taylor Fritz sind langfristig interessant. Kritischer kann man da schon mit Dimitrov sein. Nur schön und nur das Image als Baby-Federer inne zu haben - das reicht nicht. Er hat sein Spiel am wenigsten weiterentwickelt. Hoffentlich bleiben uns die Arrivierten noch etwas erhalten. Sie haben viel für das Tennis getan.
Jannik Schneider: Wie Kyrgios sein Potential verschenkt, nervt mich gewaltig. Die Mittzwanziger um Tomic und Dimitrov haben doch schon längst aufgegeben, an ihre Chance zu glauben. Es wirkt so, als wären viele von der Überlegenheit der letzten Jahre erdrückt worden. Raonic ist da der Einzige, der alles versucht - aber das reicht von der Variabilität her eher nicht. Richtig bissig sind nur Zverev und Thiem. Gerade bei Ersterem habe ich das Gefühl, dass er wirklich von seinem ganzen Selbstverständnis her glaubt, gut genug werden zu können. Es ist einfach ein brutal schwerer Übergang. Als Federer und Nadal ihre Dominanz begannen, waren Sampras und Agassi schon über ihren Zenit und Hewitt, Nalbandian und Roddick nicht ansatzweise so dominierend wie heute Djokovic oder Murray.
Felix Götz: Was Tomic, Kyrgios und Dimitrov angeht, würde ich diese These unterschreiben. Da fehlt es meiner Meinung nach an der nötigen Professionalität, um wirklich ganz groß rauszukommen. Sonst kann ich Alex und Jannik nur zustimmen. Thiem und vor allem Zverev vorzuwerfen, es würde am Biss fehlen, wäre ein schlechter Witz. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Jungs so richtig durchstarten.
Jens Huiber: Wenn man das Finale gesehen hat und sich dann anschaut, wie gut beispielsweise Thiem spielen kann, dann sehe ich da immer noch einen kompletten Klassenunterschied zu den absoluten Topleuten. Körperlich und mental, würde ich sagen. Wenn es darauf ankommt können aktuell weder Thiem noch Zverev den ganz Großen das Wasser reichen. Aber ich denke, das kommt mit der Erfahrung. Einen Grand-Slam-Sieger, der erst 20 Jahre alt ist, werden wir so schnell nicht mehr sehen.
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