Nach drei Überstunden und zwei Nachtschichten war die Magie verflogen. Im Halbfinale der Australian-Open-Generalprobe in Sydney fehlte Angelique Kerber die Kraft, sich erneut gegen eine drohende Niederlage zu stemmen. In nur 55 Minuten verlor die Entfesslungskünstlerin aus Kiel gegen die Tschechin Karolina Pliskova 3:6, 2:6 und reist mit einem Negativ-Erlebnis zum ersten Saisonhöhepunkt nach Melbourne.
Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner sieht ihre Nummer eins allerdings trotz der deutlichen Schlappe gerüstet für das am Montag beginnende Grand-Slam-Turnier (bis 1. Februar). "Angie ist wirklich gut drauf. Ich glaube, dass sie eine gute Saison spielen wird", sagte Rittner, die am Donnerstagmorgen in Melbourne ankam und nach einer Sporteinheit gleich auf die Anlage am Yarra-Fluss fuhr.
"Das war historisch"
Linkshänderin Kerber, die am Sonntag ihren 27. Geburtstag feiert, hatte in den Tagen zuvor in Sydney einige Ausnahme-Situationen gemeistert. Bei ihrem Achtelfinalsieg gegen die Russin Daria Gawrilowa hatte Kerber bis morgens um drei Uhr auf dem Platz gestanden. "Das war Historisch", witzelte die Nachtschwärmerin später.
Auch in der Runde darauf gegen die Spanierin Garbine Muguruza verwandelte Deutschlands beste Tennisspielerin erst kurz vor Mitternacht ihren Matchball - es war ihr drittes Dreisatzspiel nacheinander. "Es war schon beeindruckend, wie sich Angie trotz der Ansetzungen immer wieder durchgebissen hat", lobte Rittner.
Gegen Pliskova, die Nummer 22 im Ranking, fehlte dieser Biss. Kerber erarbeitete sich im ersten Satz keine einzige Breakchance und schwächelte auch beim eigenen Aufschlag. Ihr Coach Benny Ebrahimzadeh forderte sie beim Seitenwechsel auf, druckvoller zu servieren.
Australien Open: An Neun gesetzt
Doch die Nachtschichten und Überstunden der vergangenen Tage hatten sichtbare Spuren hinterlassen. Kerber bewegte sich schlecht und hatte den druckvollen Grundlinienschlägen ihrer 22 Jahre alten Kontrahentin kaum etwas entgegenzusetzen.
Mit einem Überkopfball verwandelte Pliskova, die zuvor zwei von drei Duellen gegen die Weltranglistenneunte verloren hatte, ihren ersten Matchball. Im Finale trifft sie auf ihre Landsfrau und Wimbledonsiegerin Petra Kvitova. Kerber winkte derweil noch einmal ins weite Rund des Olympic Parks und machte sich auf die Reise nach Melbourne. Bei den mit umgerechnet 27,45 Millionen Euro dotierten Australian Open ist sie an Position neun gesetzt.
Kerbers Fed-Cup-Kolleginnen Andrea Petkovic und Julia Görges indes absolvierten am Donnerstag im Melbourne Park bereits ihre ersten Übungseinheiten. Der Weltranglisten-13. Petkovic, die nach ihren Erstrunden-Niederlagen in Brisbane und Sydney ohne Sieg ins erste Major-Turnier 2015 geht, passierte dabei im Training mit US-Open-Halbfinalistin Peng Shuai (China) ein Missgeschick.
Die 27-jährige Darmstädterin knallte sich versehentlich den Schläger ans linke Schienbein. Als Petkovic nach einer guten Stunde mit ihrer Physiotherapeutin Petra Winzenhöller Court 17 verließ, hatte sich bereits eine dicke Beule gebildet. Eine Salbe sollte Abhilfe schaffen.
Angelique Kerber im Steckbrief