Gegen Mozart aus dem Schatten

Von Jannik Schneider
Magnus Carlsen (r.) will zum dritten Mal Schach-Weltmeister werden
© getty
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Austragungsort

Der Austragungsort ist das Fulton Market Building, das umgebaute Gebäude des ehemaligen Fulton Fish Market am South Steet Seaport im Süden von Manhattan. Titelverteidiger wie Herausforderer bekundeten mehrfach ihre Enttäuschung darüber, dass sich die Bekanntgabe zu lange hinzog. Der Ort steht erst seit drei Monaten fest.

Insgesamt gibt es im dritten Stock des Marktes auf 30.0000 Quadratmetern Platz für das Event. Die Firma Agon, die alle Werberechte an der WM hält, hat dort in einem gesonderten Raum aber nur für 300 normale Zuschauerplätze gesorgt. Dafür hagelte es Kritik.

Wer es in die VIP-Lounge schafft, diese Plätze kosten deutlich mehr, kann die Partien sehr komfortabel aus nächster Näher in bequemen Sesseln und auf Couches verfolgen.

Die Spieler selbst werden im Inneren hinter schalldichtem Glas sitzen. Beide haben während einer Partie die Möglichkeit zu einer Pause - etwa für einen Toilettengang. Eine Besonderheit: Laut dem Regelwerk müssen die Kontrahenten während der Spielpausen Zeit in der gleichen Lounge verbringen.

Übertragung und Kommentatorin

Alle Partien werden vom Veranstalter in voller Länge und Zug für Zug im Livestream übertragen. In einem Verfahren vor dem Moskauer Handelsgericht scheiterte der Ausrichter mit einer Schadensersatzklage gegen ein Schachportal, das ebenfalls eine Livereportage samt Kommentierung anbieten darf.

Für den Veranstalter wurde Judit Polgar als Kommentatorin verpflichtet. Die Ungarin gilt als spielstärkste Frau der Schachgeschichte. Die 40-Jährige hatte sich aus dem aktiven Schachsport zurückgezogen, trainierte zuletzt das ungarische Nationalteam.

Für Polgar wird es das mit Spannung erwartete Debüt am Kommentatorenpult. Gegenüber der Plattform chessbase.com erklärte sie unlängst: "Die Kommentierung von Schachereignissen ist in den letzten zehn Jahren interessanter und unterhaltsamer geworden. Immer mehr starke Spieler freuen sich, wenn sie die Partien und das Geschehen einem Publikum erklären können, das zum großen Teil aus Amateuren besteht. Das hilft dem Publikum, die Partien besser zu verstehen und mehr zu genießen."

Um dies auf möglichst hohem Niveau zu gewährleisten, wird die Expertin ein gesondertes Schachprogramm benutzen: Mit diesem sollen Züge berechnet und Möglichkeiten aufgezeigt werden. Polgar betonte aber mit einem Augenzwinkern: "Ich nutze auch gern meinen eigenen Verstand, um ein paar interessante Ideen zu finden."

Historie

Den ersten Titel errang 1886 ein Österreicher mit sagenumworbener Geschichte. Wilhelm Steinitz setzte sich gegen den in London lebenden Polen-Deutschen Johannes Zukertort durch. Steinitz dominierte bereits 24 Jahre zuvor die inoffizielle Schachweltrangliste und besiegte 1866 in London den Breslauer Mathematikprofessor Adolf Anderssen - der bis dato als heimlicher Weltmeister galt.

Bis zu seinem offiziellen Titel 86 verdiente sich das Genie seine Sporen als Schachjournalist in Großbritannien und später in den USA - das Brettspiel machte ihn zu einem reichen und angesehenen Mann.

Bis 1892 wurde er insgesamt fünfmal Weltmeister. Nach zwei verlorenen Finals soll Steinitz allerdings den Verstand verloren haben, wurde in einer Nervenheilanstalt in Moskau behandelt. Danach fand der ehemalige Weltmeister nie mehr wirklich zurück in die Spur, starb im Jahr 1900 in einem Irrenhaus in New York.

Von 1948 bis 1990 wurden die Weltmeister unter dem neugegründeten Dachverband FIDE ausgetragen. Zu behaupten, die Großmeister der UDSSR wären zu dieser Zeit dominant gewesen, käme der Untertreibung des Jahrhunderts gleich.

Lediglich 1972 errang der US-Amerikaner Bobby Fischer, in einem von den Medien zum Kampf des Kalten Krieges hochgepushten Wettkampf, gegen Boris Spasski den Titel. Die letzten Titelkämpfe des Verbandes dominierte Garry Kasparov, der insgesamt sechs Titel errang.

Kasparov war es auch, der 1993 nach verbandspolitischen Streitereien einen eigenen Verband gründete. Die Wiedervereinigung fand Mitte der 2000er statt. Seit 2006 wird die WM wieder unter einheitlicher Flagge ausgetragen.

Der Inder Anand Viswanathan gewann vier Titel in Folge, verlor im Duell der Generationen 2013 und 2014 gegen den amtierenden Weltmeister Magnus Carlsen.

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