SPOX: Durch drei Serien mit identischem Reglement gibt es zudem neue Möglichkeiten. Ende 2014 offenbarte Nissans Motorsportchef, dass eine globale Serie möglich wäre.
Aufrecht: Es gibt momentan sehr viele Denkmodelle. Das Ziel aller Hersteller ist, eine europäische, eine asiatische und eine amerikanische Meisterschaft zu haben. Ende der Saison 2017 wird es dann eine gemeinsame Veranstaltung in Japan geben, zu Beginn der Saison 2018 die Revanche in Deutschland. Daraus kann sich viel entwickeln: Auch ein Champions-League-System, bei dem beispielsweise die besten sechs Fahrer jeder Meisterschaft qualifiziert sind. Entscheidend ist: Durch die Angleichung des Reglements haben wir überhaupt die Möglichkeit dazu. Der Vorteil von drei großen Meisterschaften ist, dass überall TV-Signale produziert werden. Wenn ein Hersteller woanders hingeht, ist die gesamte Infrastruktur bereits vorhanden.
SPOX: Schon zur Saison 2005 war die Europäisierung das große Thema der DTM. Zehn Jahre später ist der Hungaroring nach nur einem Jahr wieder aus dem Kalender raus. Sechs von neun Rennwochenenden finden in Deutschland statt. Wie sieht die Perspektive aus?
Aufrecht: Die Europäisierung ist für uns ganz, ganz wichtig. Keine Frage. Die Situation der Weltwirtschaft hat hier eine sehr negative Rolle gespielt. Spanien, Italien, Portugal - dort war das Interesse an Motorsport-Veranstaltungen verständlicherweise gering. Das ändert sich aber glücklicherweise. Wir verhandeln zum Beispiel schon mit Spanien, Barcelona gehört etwa dazu.
SPOX: Die DTM arbeitet im Gegensatz zur Formel 1 intensiv mit Social Media. Auf Youtube können die Fans ganze Rennen im Nachhinein abrufen. Sowohl am Samstag als auch am Sonntag ist die Fahrzeit jetzt verkürzt worden. Auf einen 40-minütigen Lauf folgt ein 60 Minuten dauerndes Rennen am Sonntag. Reagieren Sie damit auf das veränderte Mediennutzungsverhalten?
Aufrecht: Es sind verschiedene Punkte. Einmal müssen wir nach der verfügbaren Fernsehzeit schauen. Aber auch unser vollgepackter Zeitplan mit den Rahmenrennen wie der Formel 3 spielte dabei eine Rolle. Vielleicht bin ich aus der falschen Generation, aber ich kann mir die DTM in den nächsten Jahren nicht ohne einen Fernsehpartner vorstellen. Wenn es soweit kommen sollte, wollen wir aber für diese Zeit gerüstet sein. Wir wollen unseren jungen Zuschauern etwas bieten, damit sie wirklich ins Rennen involviert sind. Wir legen großen Wert auf den Second Screen. Der erste Schritt ist gemacht, wir wollen das aber noch ausbauen.
SPOX: Der Vertrag mit der ARD läuft nach der Saison 2015 aus. Wie laufen die Verhandlungen über eine Verlängerung?
Aufrecht: Es gibt derzeit noch keine Verhandlungen. Wir haben vereinbart, dass wir erst abwarten, wie das neue Format angenommen wird. Der gesamte Sport abseits des Fußballs hat mit sinkenden Einschaltquoten zu kämpfen. Der Trend ist negativ: Das kommt durchs Fernsehverhalten und weil der Fußball alles an die Wand drückt. Wir sind aber sehr positiv gestimmt. Die Aufmerksamkeit vor dem Saisonstart war groß. Ich denke, dass wir bei den Einschaltquoten tatsächlich eine Trendwende schaffen.
SPOX: Der Trend bei der DTM sieht so aus: Seit der Saison 2005 ist die Zuschauerzahl von 1,94 auf 1,09 Millionen Zuschauern pro Übertragung zurückgegangen. Fehlt der Serie mittlerweile ein Star wie Mika Häkkinen, Ralf Schumacher oder David Coulthard?
Aufrecht: Es stimmt möglicherweise, dass der DTM der absolute Star fehlt. Ich glaube, dass die Hersteller ein Zugpferd aus der Formel 1 sofort nehmen würden. Aber es muss erstmal ein Pilot dafür da sein. Und: Wir haben in den letzten Jahren auch alles dafür getan, dass wir keine Stars mehr haben. Ich denke aber, mit der Saison 2015 wird sich das ändern. Wir wollen gerade durch das neue Format die Position des Fahrers deutlich stärken.
SPOX: In diesem Jahr führt die DTM zudem Abendrennen ein. Wollen Sie sich damit ein Stück des Fußball-Kuchens abschneiden? Zum Beispiel findet der Lauf am Lausitzring vor dem DFB-Pokalfinale am Samstagabend statt.
Aufrecht: Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass das Wintersport-Programm ein riesiger Erfolg ist. Die Übertragungen laufen am Samstag und Sonntag fast den ganzen Tag. Dem will das Fernsehen nun mit einem Sportnachmittag im Sommer Rechnung tragen, in dem auch die DTM ausgestrahlt wird. Dort, wo die besten Fenster verfügbar sind, müssen wir rein. Die Zusammenarbeit mit der ARD ist in diesem Bereich hervorragend. Wir sitzen in der ersten Reihe.
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Der DTM-Rennkalender 2015