Das Thema Doping hält die internationale Leichtathletik kurz vor dem WM-Auftakt am kommenden Samstag weiter im Würgegriff. Die ARD-Sportschau berichtet von sechs neuen Epo-Fällen bei russischen Gehern. Gleichzeitig wird der Druck auf den Weltverband IAAF durch weitere Vertuschungsvorwürfe erhöht.
In der Sportschau kündigten derweil Diskus-Olympiasieger Robert Harting und zwei weitere deutsche Leichtathleten an, der ARD im Kampf um mehr Transparenz ihre Blutwerte zur Veröffentlichung freizugeben.
Die IAAF ihrerseits hat nach den Enthüllungen der ARD-Dokumentation "Geheimsache Doping" offenbar reagiert und den russischen Verband zu Sperren gegen acht Athleten und Funktionäre aufgefordert. So drohe 800-m-Olympiasiegerin Maria Sawinowa wegen angeblichen Dopingmissbrauchs eine vierjährige Sperre. Der Name der Russin stehe ebenso wie die ihrer Landsleute Jekaterina Poistogowa, Anastasia Basdirewa und Kristina Ugarowa auf einer Liste, die dem russischen Verband mit der Aufforderung zur Aufklärung zugestellt worden sei.
Harting und Geher Andre Höhn setzen ein Zeichen
Eine lebenslange Sperre droht nach ARD-Informationen Sergej Portugalow, dem Chefmediziner des russischen Verbandes, sowie Verbandstrainer Alexej Melnikow, 800-m-Trainer Wladimir Kasarin und Trainer Wladimir Motschnew.
Zudem seien kürzlich erneut Athleten aus dem berüchtigten Geher-Zentrum in Saransk aufgeflogen. Bei sechs Athleten hätten Tests erst im Juli 2015 einen positiven Epo-Befund erbracht. Russlands Sportminister Witali Mutko wies die Dopingvorwürfe erneut zurück.
Im Bemühen um mehr Transparenz sind Robert Harting sowie Geher Andre Höhne und 800-m-Läufer Robin Schembera vorangeschritten. Ihre Blutwerte stammen aus der geheimen Datenbank der IAAF, die die ARD und die britische Zeitung Sunday Times gemeinsam mit Experten ausgewertet haben. "Wenn eindeutig ist, wie wir arbeiten, und das an unserem Innersten zu erkennen ist - ist doch gar keine Frage, dass man das irgendwie zeigen kann", sagte Harting in der Sportschau.
Unterdessen sieht sich die IAAF weiteren Vorwürfen ausgesetzt. Wie die ARD und die britische Zeitung Sunday Times berichten, habe der Weltverband die Veröffentlichung einer vor der WM 2011 durchgeführten anonymen Athletenbefragung aktiv blockiert. In der Studie hatten knapp ein Drittel der Teilnehmer angegeben, in den zwölf Monaten vor der WM in Daegu/Südkorea gedopt zu haben. Die New York Times trug diese Ergebnisse 2013 in die Öffentlichkeit.
29 Prozent geben Doping in Vorbereitung zu
Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) hatte die Studie in Auftrag gegeben, um unter dem Schutz der anonymen Befragung Aufschlüsse darüber zu erhalten, in welchem Umfang Doping betrieben wird. 29 Prozent der Teilnehmer räumten daraufhin Doping in der Vorbereitung auf Daegu ein. Insgesamt wurden mehr als 2000 Athleten befragt. Wie die WADA nun bestätigte, habe die IAAF im Vorfeld ein Vetorecht in Bezug auf die Veröffentlichung erhalten.
Die Wissenschaftler hätten nach der Studie ein Verschwiegenheitsabkommen unterzeichnen müssen. "Die IAAF blockiert es", sagte Mitherausgeber Rolf Ulrich. Gegen diese Behauptung wehrte sich die IAAF am Sonntag: "Die IAAF hat niemals ein Veto gegen die Veröffentlichung eingelegt. Die IAAF ist sehr überrascht, dass die WADA dies behauptet hat."
Seit der Veröffentlichung in der New York Times 2013 halte die IAAF bis heute die vollständige Publikation zurück, hieß es nun. Dazu teilte die IAAF mit: "Die Umfrage sollte auf weitere Großereignisse ausgeweitet werden und war nie für eine Veröffentlichung vorgesehen." Die IAAF setze die Bemühungen um weiterführende Erkenntnisse im Zusammenhang mit dieser Umfrage aber weiter fort. Sie sei der einzige Sportverband, der so etwas mache. Man ermutige auch andere Sportarten, dies zu tun.