Deutsche Medaillenkandidaten
Betty Heidler (Hammerwurf): In Nürnberg dominierte Heidler und setzte gleichzeitig mit 75,34 Metern ein Ausrufezeichen hinter ihre Medaillen-Ambitionen. "Ich hoffe, dass mir bei der WM so ein Wurf schon im ersten Versuch gelingt, das gibt Sicherheit", so die 31-Jährige. Die Hoffnung auf Gold sind jedoch gering.
Schien Konkurrentin Anita Wlodarczyk bereits unschlagbar, dürfte spätestens nach ihrem Weltrekord von 81,08 Metern im polnischen Cetniewo, bei dem die Lokalmatadorin als erste Frau die 80-Meter-Marke durchbrach, die Favoritenrolle eindeutig geklärt zu sein. Aufgeben will die Frankfurterin nicht: "Wenn Wlodarczyk einen schlechten Tag hat und ich einen guten, kann ich sie schlagen." Auch Martina Hrasnova (SVK/74,27 Meter) und Zheng Wang (CHN/73,68) wollen angreifen.
Christina Obergföll und Katharina Molitor (Speerwurf): Die Titelverteidigerin des Jahres 2013 ist nach ihrer Baby-Pause wieder da. Bei der DM zeigte Obergföll, dass sie zurück an die Spitze will. Auch wenn das letzte Quäntchen noch fehlte, waren eine Saisonbestleistung von 64,11 Metern und jede Menge gute Laune der Lohn. "Ich bin sehr zufrieden, zuletzt lief es sehr zäh." resümierte die Titelverteidigerin. In Peking wolle sie "aber noch etwas draufpacken".
Nach Platz zwei hinter Katharina Molitor, die sich mit 65,40 Metern in Nürnberg den Sieg sicherte und sich auf Rang vier der Weltjahresbestenliste schob, muss die 33-Jährige in China Taten folgen lassen. Molitor hingegen überraschte und könnte mit etwas Glück durchaus das eine oder andere Wörtchen um eine Medaille mitreden, vor allem da die Leistungen der Weltspitze bislang überschaubar sind. Sunette Viljoen aus Südafrika etwa kommt als Beste auf lediglich 66,62 Meter.
Christoph Harting (Diskuswurf): Nach dem Verzicht von Bruder Robert ist es an Christoph den Familiennamen würdig zu vertreten. In Nürnberg feierte der "kleine" Harting seinen ersten DM-Sieg - und das mit durchaus überzeugenden 67,93 Metern. Platz drei der Weltjahresbestenliste hinter Titelfavorit Piotr Malachowski (POL/68,29 Meter) und Jason Morgan (JAM/68,19) lässt zarte Medaillenhoffnungen aufkeimen, wenngleich Gold außer Reichweite scheint.
Harting, der sich in diesem Jahr um knapp drei Meter steigerte, gibt sich vor der Reise nach Peking angriffslustig: "Ich bin nicht der Typ der sagt: Ich will das gewinnen, ich will das gewinnen, ich will das gewinnen", so der 24-Jährige: "Nein. Ich will dahin werfen, wo kein anderer mehr hinkommt." Erfahrung und Nervosität könnten aber zum Problem werden.
Julia Fischer und Nadine Müller (Diskuswurf): Fischer zeigte bei der DM, die sie mit 65,98 Metern erstmals für sich entscheiden konnte, was sie leisten kann. "Ich freue mich riesig, das ist überwältigend", strahlte die Sechstplatzierte der Weltjahresbestenliste. Der Weg nach ganz oben ist mit Perkovic und Caballero zwar blockiert, im Rennen um Bronze ist vielleicht etwas möglich. DLV-Kollegin Müller, die mit 65,72 Metern in diesem Jahr weltweit die siebtbeste Weite erzielte, will ebenfalls für eine Überraschung sorgen, hat aber wie Fischer nur Außenseiterchancen.
Fabienne Kohlmann (800 Meter): Kohlmann hat es 2015 in die Weltspitze geschafft. Die Studentin aus Würzburg gilt aus deutscher Sicht als angehender Stern am Läuferhimmel. Mit 1:58,37 Minuten steht zudem die fünftbeste Zeit des Jahres zu Buche. "Ich möchte mit einer Bestleistung nach Hause fahren. Und nach aktuellem Stand würde mich eine neue Bestleistung ins Finale bringen", sagte die 25-jährige im Gespräch mit SPOX. Edelmetall ist dennoch nur mit Hilfe der Konkurrenz ein Thema.
Carolin Schäfer und Claudia Rath (Siebenkampf): Schäfer klopft mit ihren 6547 Punkten an das Tor zur Weltelite. Lediglich Brianne Theisen-Eaton konnte mit einem kanadischen Rekord von 6808 Punkten in diesem Jahr eine bessere Leistung hinzaubern als die 23-Jährige und ist zugleich die haushohe Favoritin auf den WM-Titel. Auch Rath, immerhin Vierte der WM 2013, will erneut angreifen. Jessica Ennis-Hill aus Großbritannien und Nadine Boersen aus den Niederlanden sind zudem zwei große Unbekannte in der Medaillenrechnung.
Michael Schrader und Kai Kazmirek (Zehnkampf): Die Zuversicht bei Schrader stimmt. Eine "Medaille sei möglich", so der 28-Jährige. Und das kommt nicht von ungefähr: Bei der WM vor zwei Jahren stand in Moskau am Ende die Silbermedaille - und das mit einer persönlichen Bestleistung von 8670 Punkten. Auch Kazmirek konnte zuletzt in Götzis mit 8471 Punkten Selbstvertrauen tanken. Angesichts der Konkurrenz muss das DLV-Duo aber über sich hinauswachsen, sonst gibt's nur Blech.
100-Meter-Staffel: Ob bei den deutschen Damen oder Herren - ein Titel im Einzelwettbewerb ist ausgeschlossen. Die Staffel hat jedoch ihre eigenen Gesetze. Zwar sind die USA und Jamaika, die sich jeweils um Gold duellieren werden, zu dominant, allerdings besteht immer die Gefahr ein Rennen binnen weniger Meter wegzuwerfen. Genau hier liegt die Hoffnung des DLV, wenngleich noch weitere Favoriten patzen müssten. Rein läuferisch ist eine vordere Platzierung ausgeschlossen.
Fazit
In Peking werden zwar wohl erneut andere Nationen für die ganz großen sportlichen Highlights sowie den Kampf um Weltrekorde und den Titel als erfolgreichstes Land der Weltmeisterschaft zuständig sein, verstecken muss sich der DLV aber nicht. Mit Storl, Schwanitz und Holzdeppe hat Deutschland gleich drei heiße Eisen im Kampf um Gold im Feuer, dahinter folgt eine breite Front an Medaillenkandidaten, die besonders bei den Wurfdisziplinen mehr als gute Chancen haben.
Vor allem die Aussicht auf die eine oder andere Überraschung dürfte für ungeahnte Glücksmomente im Vogelnest sorgen. Zudem könnten gleich mehrere deutsche Hoffnungsträger der Zukunft den nächsten Schritt machen. Sollte sich das DLV-Team schnell akklimatisieren, so wären, wenn es gut läuft, acht Medaillen im Rahmen des Möglichen.
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