Abrechnung im Kollektiv

Das US-Team dominierte Serbien im Finale der Weltmeisterschaft
© getty

Mit purer Dominanz im Finale gegen Serbien sicherten sich die USA den Titel bei der Weltmeisterschaft in Spanien. Der Zweifel der breiten Öffentlichkeit trieb sie an. Der Teamgeist war das Faustpfand und könnte bereits ein Fingerzeig für die Olympischen Spiele in Rio 2016 sein.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Als der goldene Konfettiregen im Palacio de Deportes von der Decke fiel, war die Leichtigkeit zurück. Dieses smarte Auftreten, das sie fast während der ganzen Weltmeisterschaft auszeichnete, dieses Laissez-faire, das einfach zu NBA-Stars, die ihren Sport dominieren, dazugehört. Und so ließen sie auf dem Podest ihre Hüften kreisen und wippten lässig im Takt zu den Klängen der Hallen-Beschallung.

Team USA hatte es geschafft. Der Weltmeistertitel wurde verteidigt - erstmals überhaupt von einer amerikanischen Mannschaft. Sie hatten die Unwägbarkeiten, die das Team seit der Vorbereitung begleiteten, überwunden. Die schwere Verletzung von Paul George, das mediale Echo danach, den Verzicht von Superstar Kevin Durant und das Gerede über die angeblich stärkere spanische Seleccion.

Öffentliche Zweifel nervten

"Mit all den Störungen, die wir hatten, die Fragen, wo wir stehen, wer dabei sein wird und noch viel mehr, wer nicht dabei sein wird...Diese Jungs sind konsequent ihren Weg gegangen. Ich freue mich so sehr für diese Spieler", fasste Coach Mike Krzyzewski die Situation kurz zusammen.

Der öffentliche Zweifel am Team schwang während des ganzen Turniers mit. Zu eindimensional sei das Spiel, zu sehr auf Athletik und Power ausgelegt. Da spielte es auch keine Rolle, dass die USA in keinem Spiel mit mehr als zehn Punkten zurücklag, die Partien durchschnittlich mit einem Vorsprung von 33 Punkten für sich gestaltete.

Folge NBA.de bei Twitter - wie Dirk Nowitzki!

Das nervte die Stars zusehends und brach erstmals nach dem Ausscheiden der Spanier heraus. "Wir haben unseren Job gemacht, und jeder kam an und sagte: Spanien werdet ihr nicht schlagen", beschwerte sich Kenneth Faried von den Denver Nuggets: "Spanien konnte nicht einmal Frankreich schlagen." Für Klay Thompson lag das ganze Gerede gar "an der Grenze zur Respektlosigkeit".

Auch wenn sich die USA sicher liebend gerne mit dem Gastgeber gemessen hätte, das Traumfinale fiel aus und Serbien musste als "Ersatz" herhalten. Und es machte den Eindruck, als wollten die Spieler nur mal kurz schauen, ob die Serben wirklich so gut sind, wie ihnen die Trainer vorher in den Meetings vorexerzierten, ehe sie wie ein Tornado über sie hinwegfegten. Die Marschrichtung war klar, heute sollte keiner an ihnen zweifeln.

Hohe Intensität und absoluter Wille

Sie spielten mit einer Intensität, die man zuvor im Turnierverlauf so noch nicht gesehen hatte. Das Team suchte geradezu den Körperkontakt, die Auseinandersetzung auf dem Parkett. Auch die Dominanz vom Perimeter war erdrückend. Dabei übertrieben die Amerikaner es zuweilen mit ihrer Verbissenheit. Faried, eigentlich der Publikumsliebling des Turniers, verweigerte gleich mehrfach einem Serben die ausgestreckte Hand und erntete dafür Pfiffe der größtenteils serbischen Fans.

Geschenkt. Mit der Schlusssirene war alles vergessen, der Druck abgefallen. 129:92 stand auf dem Scoreboard. Und wenn die Mannschaft nicht nach der Pause merklich einen Gang zurückgefahren hätte, wäre das Ganze wohl noch beeindruckender ausgefallen.

"Es ist gerade das schönste Gefühl auf der Welt, mit dieser Gruppe von Jungs zu gewinnen. Sie sind alle meine Brüder", schwärmte Kyrie Irving. Und so dachten sie auch an einen Bruder, der bis zum 3. August Teil der eingeschworenen Gemeinschaft war, ehe ihn eine fürchterliche Verletzung zur Absage zwang.

Gedanken bei Paul George

Coach K verließ alsbald nach Ende der Siegerehrung das Podest und rief aus dem Locker Room beim verletzten Paul George an, der nach seinem Schien- und Wadenbeinbruch rund ein Jahr ausfallen wird. Auch Rudy Gay schickte via TV einen Gruß in die Heimat. "PG, das ist für dich", rief der Forward und streckte den WM-Pokal in die Kamera der US-Kollegen.

Die Topscorer, Assistgeber und Rebounder der WM

Es war dieser Teamgeist, den viele unisono als große Stärke der Mannschaft ausmachten. "Das Unglaubliche an all dem was passiert ist ist, dass wir den Titel mit so vielen verschiedenen Spielern geholt haben. Das ist auch ein Zeugnis für das Spiel in unserem Land und für die Talenttiefe", freute sich General Manager Jerry Colangelo.

Und tatsächlich könnte man mit der Liste der fehlenden Spieler ein All-Star-Game veranstalten. LeBron James, Kevin Durant, Carmelo Anthony, Kobe Bryant, Chris Paul, Paul George, Dwight Howard, Kevin Love, Russell Westbrook, Blake Griffin, John Wall, oder Damian Lillard sind nur zwölf Namen, die aus verschiedenen Gründen nicht in Spanien dabei waren. Vom Team, das vor zwei Jahren in London Olympia-Gold holte, sind nur noch James Harden und Anthony Davis übrig geblieben.

Im Augenblick des Triumphes war dies aber nebensächlich. "Wir kümmern uns nicht um die, die nicht da sind. Wir sind mit diesen Jungs hier und haben mit diesen Jungs den Titel geholt", sagte etwa DeMarcus Cousins und auch Coach K war darauf bedacht, das Kollektiv hervorzuheben. "Es war nicht so, dass wir einen Star hatten, aber sie haben sich als Championship-Team gegeben und das war irgendwie cool."

Sieg als Kollektiv

Es war auffällig, dass sich während der gesamten Zeit nie ein Spieler in den Vordergrund drängte oder gar aufmuckte. Vielmehr standen mit Faried oder auch Thompson Spieler im Rampenlicht, die auch in der NBA nicht gerade zu der ersten Riege der Stars gehören.

Die Verantwortlichen im US-Team betonten immer wieder, dass das Gros der jetzigen Spieler auch bei den Olympischen Spielen in Rio 2016 zum Kader gehören soll. Vor diesem Gesichtspunkt ist die mannschaftliche Geschlossenheit mit der das Team auftrat, noch höher einzuschätzen. Denn selbst für einen abgezockten NBA-Star besitzt Olympia einen besonderen Stellenwert. Es ist daher davon auszugehen, dass auch viele der fehlenden Akteure, gerne in Brasilien dabei wären.

Die zwölf Weltmeister betrieben Werbung in eigener Sache, indem sie ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellten und sich eben diesem Teamgedanken unterordneten. Coach K wird es registriert haben. "Vom Zusammenhalt war es ein verdammt gutes Team. Dies ist wirklich ein richtig gutes Team." Auf ein Neues dann in Rio 2016.

Die Playoffs im Überblick

Artikel und Videos zum Thema