Mohamed Ihattaren debütiert mit 16 unter Mark van Bommel: Die Zukunft schien rosig
Der sportliche Absturz begann so richtig mit dem Abschied von der PSV Eindhoven, seinem Jugendklub, im Sommer 2021. Schon als Achtjähriger kam er einst zur PSV, galt in der Niederlande als eines der größten Versprechen in seinem Jahrgang. Bei der U17-EM 2018 war er - obwohl einer der Jüngsten im Team - einer der herausragenden Akteure von Oranje auf dem Weg zum Titel. Ihattaren glänzte mit vier Assists, unter anderem legte er im Finale gegen Italien überragend für Brian Brobbeys Treffer zum 2:2 auf, der die Niederländer ins Elfmeterschießen rettete.
Noch mit 16 debütierte Ihattaren dann Anfang 2019 unter Mark van Bommel für Eindhovens erste Mannschaft. Er erarbeitete sich schnell regelmäßige Spielanteile, war mit 17 dann schon Stammkraft bei der PSV. Dass Klubs wie Barcelona, Manchester City oder Chelsea anklopften, war ob Ihattarens spektakulärer Spielweise fast schon logisch, die Zukunft schien rosig zu werden - wurde sie aber bekanntlich nicht.
Mit dem Abschied aus Eindhoven begann der fußballerische Absturz
Ihattarens Karrierestart bei der PSV verlief zwar gut. Doch schon damals war ersichtlich, dass er kein einfacher Charakter ist. Dass er sich möglicherweise schwer tun würde, so professionell zu leben und zu handeln, wie er es tun sollte.
"Er muss zuverlässiger werden. In Sachen Taktik, in Sachen Mentalität, in Sachen Motivation. In jeder erdenklichen Weise", betonte der damalige PSV-Trainer Roger Schmidt im Sommer 2021 bei Voetbal International.
Kurz nach Schmidts Aussagen kam es dann zur Trennung. Ihattaren, seinerzeit erst 19, schloss sich dem großen Juventus Turin an. Es sollte der nächste Schritt in einer potenziell ruhmreichen Laufbahn werden. Im Nachhinein war es stattdessen so etwas wie der erste Schritt ins Nichts.
Ein Schicksalsschlag als große Last: Mohamed Ihattaren dachte schon an Karriereende
Für Juve sollte er kein einziges Pflichtspiel bestreiten. Ohnehin wurde er umgehend an Sampdoria Genua verliehen - auch dort spielte er nie.
Im Herbst 2021 tauchte Ihattaren zwischenzeitlich wochenlang ab, war für Sampdoria nicht zu erreichen. Seinem mittlerweile verstorbenen damaligen Berater Mino Raiola vertraute er an, am liebsten gar nicht mehr Fußball spielen zu wollen. Für das Leben als Profi fehle ihm die Motivation.
Hauptgrund für Ihattarens mentale Krise war wohl der Tod seines Vaters im Jahr 2019, den er nur schwer verarbeiten konnte. Davon sprach auch Slavia Prag, als man Ihattaren vor einigen Monaten verpflichtete: "Leider wurden seine Entwicklung und seine Karriere durch den Tod seines Vaters, der einen großen Einfluss auf ihn hatte, stark beeinträchtigt. Es folgte eine Zeit, in der der Fußball völlig auf der Strecke blieb."
Niederländischen Medien zufolge soll Ihattaren in jener Zeit, in der er für niemanden erreichbar war, an Depressionen gelitten haben. Ein sehr frühes Ende der Karriere stand im Raum.
Doch irgendwann fasste er wieder neuen Mut, machte doch weiter. Nicht bei Sampdoria, dafür aber bei Ajax. Juve hatte ihn Anfang 2022 an den Topklub aus Amsterdam verliehen - in der Hoffnung, dass er dort möglicherweise wieder in die Spur findet.
Zunächst musste Ihattaren jedoch seinen massiven Trainingsrückstand aufholen. Immerhin: Im April 2022 kam er im verlorenen Pokalfinale gegen Ex-Klub Eindhoven zu einem Kurzeinsatz. Es sollte aber sein einziges Spiel für die erste Mannschaft von Ajax bleiben.
Stattdessen machte er nur einige Spiele für das B-Team in der zweiten Liga. Highlight dabei: Ein Hattrick bei einem 6:1 gegen Venlo. Elf Tage später lief Ihattaren gegen De Graafschap dann zum bis dato letzten Mal in einem Pflichtspiel im Profi-Fußball auf.
Mohamed Ihattaren: Gerüchte über Verbindungen zur Mafia
Statt ein neuer Impuls für seine Karriere zu werden, verkam die Zeit bei Ajax nur zu einer weiteren Enttäuschung. Inklusive jeder Menge Negativ-Schlagzeilen abseits des Platzes.
Im Sommer 2022 kamen Gerüchte über Verbindungen Ihattarens zur Mafia auf. Die Zeitung De Telegraaf schrieb: "Mo Ihattaren im Visier von Kriminellen." Er soll eine Liebesbeziehung zu einer Frau aus einer niederländischen Mafia-Familie angefangen haben und wurde angeblich bedroht, nachdem die Familie von der Beziehung erfahren habe. Von "einem ernsthaften Sicherheitsrisiko durch ein kriminelles Umfeld" war die Rede. Sein Klub Ajax und Sicherheitsexperten rieten ihm wohl dazu, eine Zeit lang nicht mehr öffentlich aufzutreten.
Bei Instagram dementierte Ihattaren jedoch, dass an den Berichten etwas dran wäre: "Ich kann über die Medien manchmal nur lachen", schrieb er und fügte zwei lachende Emojis hinzu. Auch seine Schwester Najwa betonte: "Wir haben nichts mit Verbrechen und Bedrohungen zu tun."
Wenige Wochen später verbreitete dann wiederum De Telegraaf die Meldung, dass kurz nach seiner Hochzeit mit Influencerin Yasmine Driouech Ihattarens Porsche Panamera abbrannte. Die Polizei ging dabei wohl von Brandstiftung aus. Skurril: Eine Woche vorher brannte auch das Auto von Ihattarens großem Bruder.
Bei Ajax und Juve ohne Zukunft - Samsunspor lässt eine Zusammenarbeit platzen
Sportlich gab es indes bei Ajax auch Hoffnungsschimmer. Im Sommer 2022 überzeugte er bei den ersten beiden Testspielen, war danach dann aber plötzlich komplett außen vor. Die Kondition ließ mal wieder zu wünschen übrig, ins Trainingslager nach Österreich nahm Ajax den Offensivmann daher nicht mit.
Ihattaren trainierte nur noch individuell, von einem weiteren Einsatz für Ajax war er weit entfernt. Zwar blieb er noch bis Ende 2022 in Amsterdam, spielte aber nicht mehr und kehrte dann zu Juventus zurück, wo er noch Vertrag hatte. Dieser wurde im Sommer 2023 dann aufgelöst - und das einstige Top-Talent Ihattaren stand ohne Verein da.
Der türkische Erstligist Samsunspor schien ihm aber rasch einen Ausweg aus dem Dilemma zu bieten. Man war sich über einen Vierjahresvertrag einig, Ihattaren wurde von den Fans am Flughafen von Samsun bereits begeistert empfangen. Die Chance, vielleicht doch noch im Profi-Fußball Fuß zu fassen!
Doch statt sie zu ergreifen, wollte Ihattaren laut Samsunspor die zuvor vereinbarten Bedingungen noch einmal ändern und soll inakzeptable Forderungen gestellt haben. Der Verein aus der Süper Lig sah daher dann doch noch von einer Verpflichtung ab.
Slavia Prag: Ihattaren vergibt die nächste zweite Chance
Bis Anfang Dezember blieb Ihattaren vereinslos. Dann gab ihm Slavia Prag eine neue Chance. "Ihattaren arbeitet an sich und möchte in den Profifußball zurückkehren. Heute hat er einen funktionierenden familiären Hintergrund und eine große Motivation, erfolgreich zu sein", teilte der tschechische Traditionsverein mit.
Und tatsächlich schien sich der mittlerweile 22-Jährige, der im September 2020 mit 18 schon einmal im Kader von Hollands A-Nationalelf stand, zu berappen. "Er hat im letzten Monat viel Arbeit geleistet. Er hat einige Kilo abgenommen und viel Muskelmasse aufgebaut", lobte Slavia-Trainer Jindrich Trpisovsky Anfang Januar.
Nur wenige Wochen danach folgte jedoch die Versetzung in die zweite Mannschaft, ehe der Vertrag im April in beidseitigem Einvernehmen aufgelöst wurde - ohne auch nur einen einzigen Einsatz. Findet Ihattaren nun bei Waalkwijk endlich wieder in die Spur?
