WM

Deutschland - Brasilien, 7:1 im WM-Halbfinale: Die SPOX-Redaktion erinnert sich

Von SPOX
Miroslav Klose feiert sein WM-Rekordtor im Halbfinale gegen Brasilien.
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Andreas Königl (Redaktion Goal.com)

"Im Fußball ist nichts unmöglich", heißt es immer so schön. Und der 8. Juli 2014 war eine dieser magischen Nächte, in der nichts unmöglich schien - zuhause, alleine auf dem Sofa vor dem Fernseher. Ich muss gestehen, ich schaue Fußball als Fan ohnehin lieber alleine, um mich voll und ganz auf das Geschehen zu konzentrieren, das Spiel voll aufzusaugen, ohne von jungfräulichen 'Ich gucke nur WM und EM'-Fans mit Deutschland-Fähnchen im Gesicht zugesülzt zu werden.

Doch an jenem Abend hätte mir ein bisschen Ablenkung sicherlich ganz gut getan, denn das was da passierte, war nur schwer zu begreifen und ließ meinen Kopf regelrecht explodieren, bis ich es dann einfach nur noch über mich ergehen ließ. Von einem "Geil, der Müller trifft schon wieder und soll sich die Torjägerkanone holen", nach dem 1:0, zu einem "Yeah, Miro - wer ist eigentlich Ronaldo?" nach dem 2:0 bis hin zum totalen Wahnsinn nach dem 3:0, 4:0 und 5:0.

Oscars Ehrentreffer gegen Deutschland stört

Zugegeben, ohne Neymar und Thiago Silva war ich vor der Partie durchaus optimistisch, aber das hatte wohl niemand erwartet. Meine Freundin lag während dem ganzen Spektakel im Bett, ich stürmte irgendwann mit Freudentränen in den Augen und knallrotem Kopf ins Schlafzimmer, rüttelte sie ... "3:0 nach 24 Minuten." Sie schaute mich an, nickte kurz und schlief weiter. Das Prozedere wiederholte sich noch ein paar Mal, mehr als ein "Tooohoolll" kam aber nicht über ihre Lippen - Frauen...

Und ja, der Ehrentreffer von Oscar störte mich massiv. Doch so surreal das Spiel auch war, schoss mir sofort in den Kopf: "Wenn Du jetzt das Finale nicht gewinnst, ist das 7:1 gar nichts wert." Das CL-Finale 2012 hat mich gelehrt, dass es erst aus ist, wenn es aus ist. Und was nützt Dir eine Demontage des Gastgebers, wenn Du dann nach so einer Zerstörung nicht Weltmeister wirst und den Titel holst? Das Ende der Geschichte kennen wir ja zum Glück alle, auch wenn der Titel nach diesem Spiel für mich ein "Muss" war.

Max Wittmann (Multimedia Spox.com)

Wie eigentlich bei jeder Weltmeisterschaft hielt sich die Euphorie in der Gruppenphase bei uns allen noch in Grenzen. Durch unsere Favoritenrolle haben wir alle erwartet, dass wir es sicher bis in die K.o.-Phase schaffen würden. Nach den knappen Spielen gegen Algerien und Frankreich war klar, dass es gegen Brasilien eine harte Nummer werden sollte. Denkste!

Die Anspannung tagsüber war überall zum Greifen. Ich war mit Kollegen nach den Vorlesungen am See (die gute alte Uni-Zeit), um die Sonne zu genießen. Anschließend sind wir noch in den nahe gelegenen Biergarten. Wo wir dann genau schauen würden, war lange Zeit gar nicht richtig klar. Wir entschieden uns dann nochmal zurück zum See zu fahren, um dort dem Public Viewing beizuwohnen.

Public Viewing mit ein paar hundert Leuten. Sieben Tore der Deutschen. Bei jedem Tor jubeln, feiern und trinken. Die Geschichte kannst du dir nicht ausdenken und so viel Bier kannst du gar nicht saufen.

Die Stimmung vor dem Spiel war wirklich nicht gerade positiv. Die Brasilianer haben sich gegen die starken Chilenen und Kolumbianer durchgesetzt. Heim-WM. Weltstars wie Neymar, David Luiz und eine Menge Euphorie im Gepäck. Ich weiß noch ganz genau wie es sich kurz vor Anpfiff dermaßen füllte, dass wir am Ende sicher ein paar hundert Leute waren. Die Stimmung war also aufgeheizt und mit dem Anpfiff nahm dann alles seinen Lauf.

Deutschland zerlegt Brasilien - und es ist kein Traum

Mit dem 1:0 viel die Anspannung erstmal ab. Das 2:0 und 3:0 folgte so schnell, dass man schnell merkte, dass das heute ein Klassenunterschied ist. Spätestens beim 4:0 hat sich dann mein Bier, welches ich noch in der Hand hielt, auch verabschiedet und zwar über mein geliebtes Müller-Trikot. Alle sind wirklich komplett ausgeflippt, du bist aus dem Jubeln nicht mehr raus gekommen, lagst ständig im Arm von jemand anderem, um dir gegenseitig zu sagen, dass das jetzt kein Traum ist.

Jeder konnte den Brasilianern ansehen, dass sie unter dem Druck zusammenbrachen. Und nach dem 5:0 war die Stimmung auch kurzzeitig gedrückt. Nicht, dass wir uns nicht gefreut hätten aber es war eine Demütigung der brasilianischen Nationalmannschaft im eigenen Land und nach der Niederlage 2006 gegen Italien konnte man es - zwar nicht in der Höhe - ein bisschen nachempfinden. Das sechste und siebte Tor wurde zwar immer noch gefeiert aber bei weitem nicht mehr so, wie die Tore in der ersten Halbzeit.

Es war ein verrückter Fußballabend. Der Anfang war wie ein Rausch, in der Mitte fragten wir uns alle, ob das gerade wirklich passiert und am Ende taten uns fast allen die Brasilianer leid. Tränen flossen und der Traum war zerstört. Wir waren im Finale und mein Müller-Trikot getränkt von ca. zehn Bier, die ich mir während des Jubelns eingefangen habe.