Europa-League-Finale - Frankfurt- und Rangers-Fans feiern gemeinsame Party: Wir finden euch auch geil!

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Peter Fischer spricht von Stimmungs-Kriegserklärung

Statt am Glas ging Fischer aber immerhin bei seiner kurzen Rede verbal in die Vollen: Da beklagte er sich etwa über das lediglich rund 44.000 Zuschauer fassende "Micky-Maus-Stadion" Ramon Sanchez Pizjuan. Für das Finale bekamen beide Klubs nur 10.000 Eintrittskarten zugeteilt, 190.000 Eintracht-Interessenten mussten laut Fischer enttäuscht werden.

Die Spendierfreudigsten unter den Ticketlosen fanden aber auch noch vor Ort in Sevilla ihren Weg ins ovale Glück. Euphorisch ließ sich ein Frankfurter für eine um 800 Euro erstandene Eintrittskarte feiern: Schnäppchen! Sein Kollege habe schließlich 1200 Euro gezahlt!

Damit so etwas nie wieder vorkommen müsse, forderte Fischer, dass die Eintracht bei künftigen Finals nur mehr in Riesenstadien wie dem Wembley oder dem Camp Nou auftreten solle. In der Heimstätte des FC Barcelona hatte sich die Mannschaft im Viertelfinale bekanntlich auch dank einer brachialen Fan-Überlegenheit gegen einen qualitativ deutlich besseren Gegner durchgesetzt. Diesen Vorteil gab es in Sevilla nicht.

"Wir waren bisher überall die Heimmannschaft", sagte Fischer mit Blick auf die vorherigen Europa-League-Gegner, in der K.o.-Runde etwa Betis Sevilla, Barcelona und West Ham United. "Heute haben uns die Schotten, was die Stimmung angeht, den Krieg angesagt. Wir haben mit der Fanbase von Glasgow einen Gegner, den wir wahrnehmen und respektieren müssen."

Ehe sich die hessischen Fanmassen aber zum Stimmungskrieg gegen die Rangers ins Sanchez Pizjuan aufmachten, sangen sie im Prado San Sebastian noch einmal inbrünstig all ihre Lieblingslieder: über ihre Stadt im Herzen von Europa und ihre Farben schwarz und weiß wie Schnee.

Händeschütteln mit den Schotten, Dispute mit der Polizei

Schwarz war in Sevilla von den Eintracht-Fans aber kaum etwas zu sehen, wie schon bei den vorangegangenen Europa-League-Spielen dieser Saison feierten die Frankfurter auch beim Finale ihre Fete Blanche. Um 17.30 Uhr bewegte sich das singende, schneeweiße Pulk los in Richtung Stadion.

Auf dem Weg marschierte es auch an vereinzelten blauen Fans vorbei. Einige versuchten akustisch dagegenzuhalten, die meisten aber klatschten nur ab und wünschten viel Spaß. "Enjoy", lautete das Modewort. "Vor dem Spiel hat dir jeder Schotte die Hand geschüttelt", sagte ein Frankfurter zu SPOX und GOAL. "Ich glaube, ich habe mehr Hände geschüttelt als in der ganzen Corona-Zeit."

Weniger freundschaftlich als mit den blauen Schotten war dagegen der Umgang mit den Polizistinnen und Polizisten in Schwarz. Einige hundert Meter vor dem Stadion hielten berittene Beamte den Frankfurter Fanmarsch auf. Von hinten drängten immer mehr Fans nach vorne, doch dort durften in Blockabfertigung nur alle paar Minuten einige Hundert weitergehen.

Die Stimmung wurde hitzig: Ein Pferd trat beinahe in die Fan-Menge aus, woanders kam es zu einer kleinen körperlichen Auseinandersetzung zwischen Polizisten und Frankfurtern. Pfiffe, Buhrufe und: Durst. Frenetischen Jubel gab es für eine Anwohnerin, die den in der Hitze eingepfercht dahindarbenden Frankfurtern von ihrem Balkon aus Wasserflaschen zuwarf.

Eintracht Frankfurt: Zwei Streitpunkte im Stadion

Im Stadion gingen die Dispute zwischen Frankfurtern und Ordnungskräften in die nächste Runde. Für knapp 50.000 Euro hatten die Eintracht-Fans eine Choreografie vorbereitet und in sieben LKWs nach Sevilla fahren lassen.

Den Securities schien der Aufwand aber reichlich egal zu sein: Etwa eine Stunde vor Anpfiff versuchten sie, die weißen Planen zwischen den Rängen zu entfernen. Offenbar, um die darunter befindlichen UEFA-Banner wieder zum Vorschein zu bringen. Den Punkt holten allerdings die Eintracht-Fans. Letztlich blieben die weißen Planen größtenteils dran, stattdessen entfernten die Frankfurter aus Protest die UEFA-Banner in der kompletten Kurve.

Ob es eine Retourkutsche war, was danach folgte? "Nach zehn Minuten wurden im Frankfurt-Block alle Bierstände zugemacht", berichtete ein Fan nach dem Spiel. "Es gab kein Wasser, nichts. Irgendwann sind die Leute auf die Toiletten gegangen, um ihre Flaschen aufzufüllen. Daraufhin haben sie dort den Wasserhahn abgedreht - und Polizisten davor gestellt, die alle kein Englisch sprachen."

Eintracht-Fans dominierten im Stadion trotz Unterzahl

Die Stimmung auf den Rängen beeinträchtigte der Ärger mit den Ordnungshütern aber nicht: Obwohl die Rangers wie schon in der Stadt auch im Stadion in der Überzahl waren, dominierten die Frankfurter akustisch - sogar nach dem zwischenzeitlichen Rückstand durch Joe Aribo (57.). "Auch als es schwierig war, haben unsere Fans die Rangers übertönt", lobte Trainer Oliver Glasner bei der Pressekonferenz nach dem Spiel.

Der Rest ist Geschichte: Rafael Borres Ausgleich in der 69. Minute, die Verlängerung, die beiden grandiosen Paraden von Kevin Trapp, das Elfmeterschießen, der gehaltene Elfer von Aaron Ramsey, der entscheidende Treffer von Borre, die Erlösung, der Jubel, die Pokalübergabe, der goldene Konfettiregen und dann der silberne Pott vor der weißen Wand.

Fast eine Stunde lang feierten die Spieler den Triumph auf dem Platz und bekamen es dabei wie zuvor schon die Fans mit den Ordnungshütern zu tun: Als unter anderem Goncalo Paciencia im Jubelrausch die Querlatte des Tores vor dem Frankfurter Block erklomm, eilten Securities herbei und winkten ihn energisch runter. Damit sowas nie mehr wieder passiert, bildeten sie daraufhin direkt unter der Latte eine Menschenmauer. Das Tor war nun womöglich die zweithärteste Tür Spaniens.